Internetverbot für Thüringen auf Eis gelegt

Rechtsanwalt Dr. Ronald Reichert
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Sozietät Redeker Sellner Dahs
Willy-Brandt-Allee 11
D - 53113 Bonn
Das Thüringische Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 03.12.2008 – 3 EO 565/07 – die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen eine Untersagungsverfügung des Landes gegen bwin bestätigt.* Zuvor hatte schon das Verwaltungsgericht Weimar in diesem Sinne entschieden.

Der Beschluss hat über den Sportwettbereich hinausreichende Bedeutung. Der Senat setzt sich darin sorgfältig mit den Problemen der Umsetzbarkeit landesspezifischer Untersagungsverfügungen für den Internetbereich auseinander. Die Landesregierung vermochte die vom Oberverwaltungsgericht schon in einem vorangegangenen Beschluss geäußerten Bedenken nicht auszuräumen. Der Sinneswandel, den Prof. Hoeren mit einem im Auftrag des Deutschen Lotto-Blocks erstellten Gutachten jüngst vollzogen hat, nachdem er im vergangenen Jahr die Durchsetzbarkeit selbst bezweifelt hatte, vermochte daran nichts zu ändern. Für das Oberverwaltungsgericht war ausschlaggebend, dass selbst bei der von Hoeren angenommenen Restunsicherheit von nur 1 % ein Verbot der Gelegenheit zur Teilnahme am Glücksspiel für Personen, die sich im Freistaat aufhalten, verschuldensunabhängig zu einer beträchtlichen Zahl nicht vermeidbarer Verstöße führt. Hinzu kam, dass es sich bei den Aussagen von Hoeren um eine bislang nur in der Fachliteratur angesprochene, in der Fachwelt aber umstrittene Aussage handelt, zu der eine Aufklärung letztlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss.

Nach zwischenzeitlich vorliegenden gutachtlichen Stellungnahmen etwa des TÜV Rheinlands oder von Prof. Spindler aus den letzten Wochen, die den Aussagen von Prof. Hoeren sehr fundiert entgegentreten, ist die Skepsis des Senates auch mehr als angebracht.

Das Oberverwaltungsgericht hat sich auch mit Alternativen der Untersagung gleich mit befasst und damit im Ergebnis Nachbesserungsversuchen des Landes einen Riegel vorgeschoben. Eine Gestaltung der Verfügung etwa als eine Art „Erschwernisgebot“, das den Zugang zu Sportwettangeboten behindern soll, müsse präzise deutlich machen, welcher Grad der Erschwernis verlangt werde, heißt es. Für praktisch umsetzbar hält der Senat lediglich eine Regelung, die darauf gerichtet wäre, für Wettkunden aus Thüringen keine rechtswirksamen Verträge zustande kommen zu lassen. Inwieweit eine solche Regelung im Hinblick auf die damit einhergehenden Nachweisschwierigkeiten und Rechtsfolgeprobleme zumutbar wäre, musste der Senat nicht weiter erörtern, weil die Behörde eine Untersagung ausgesprochen und keine Regelungsanordnung getroffen hatte. Offen lassen konnte der Senat auch die im Verfahren streitig erörterte Fragen der Wirksamkeit der bwin in Sachsen erteilten Genehmigung in Thüringen, des Verfassungs- und des Gemeinschaftsrechts.

Insgesamt setzt das Oberverwaltungsgericht Thüringen damit seine Linie fort, die Internetverbote gegenüber den Veranstaltern technisch nicht für durchsetzbar zu halten. Diese entspricht derzeit überwiegender Auffassung (ebenso Hessischer VGH, B.v.29.10.2007, 7 GT 53/07 und Bayerischer VGH, B. v. 7.5.2007, GewArch 2007, 1338).

Dr. Ronald Reichert

* Der Unterzeichner hat das Verfahren geführt und äußert sich hier insofern nicht unabhängig.