OLG Hamburg: Haftung für Glücksspiel-Links (nach Gambelli und Schöner Wetten)

Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr

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Das OLG Hamburg (Urt. v. 14.7.2004 – Az.: 5 U 160/03) hatte darüber zu entscheiden, in welchem Umfang ein Unternehmen, das Domains parkt, für Glücksspiel-Links haftet.

Die Klägerin bietet im Internet einen kostenpflichtigen Gewinnspiel-Eintragungsservice an. Ihre Einnahmen erzielt sie im wesentlichen durch die Platzierung von Werbung auf den betreffenden Seiten.

Die Beklagte ist eine bekannte deutsche Domain-Handelsplattform, auf der Webseiten „geparkt“ (Domain-Parking) und zum Kauf angeboten werden. Dieses Domain-Parking ist für den jeweiligen Inhaber der Domain kostenlos. Die Beklagte blendet auf der geparkten Seite zielgruppenspezifische Werbung ein, also solche, die inhaltlich und thematisch zum Domain-Namen passt.

Es handelt sich um Werbebanner, die jeweils per Link zum beworbenen Angebot führen. Der Inhaber und Anbieter der Domain wird pro Klick auf einen der Banner an den Einnahmen aus der Werbung beteiligt. Zugleich wird die Domain zum Verkauf angeboten.

Die Beklagte hat auf diese Weise mehrere 10.000 Domains geparkt, auf denen etwa 100.000 Werbebanner eingeblendet werden. Dabei verwendet sie folgenden Hinweis:

„Vor der Anbringung eines Links stellt die s GmbH durch eine Überprüfung sicher, dass Gesetzesverstöße oder Rechtsverletzungen durch Inhalte dieser Seiten nicht ersichtlich sind.

Bei Links handelt es sich allerdings stets um dynamische Verweisungen. Die Möglichkeit der nachträglichen Veränderung der gelinkten Internetseiten durch deren Betreiber schließt die Möglichkeit ein, dass gesetzeswidrige oder rechtsverletzende Inhalte ohne Wissen der s GmbH nachträglich in diese Seiten eingebracht werden.“

Nun warb einer der Banner für eine ausländische Glücksspiel-Seite. Hierin sah die Klägerin einen Wettbewerbsverstoß und nahm die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Diesem Begehren hat das OLG Hamburg entsprochen. Zunächst bejaht das OLG Hamburg ein geschäftliches Handeln und somit die Anwendbarkeit des UWG:

„(…) Es besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis.

Die Platzierung von Werbebannern mit Links (…) geschieht einmal zur Förderung eigenen Wettbewerbs im Geschäft um Anzeigenkunden, da die [Beklagte] (…) mit der Werbung Einnahmen erzielt. Mit der Schaltung fördert sie aber auch den Wettbewerb der Anzeigekunden (…).

Zwischen den Parteien besteht damit ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bezüglich des Werbegeschäfts, welches auch für die [Klägerin] (…) den wesentlichen Teil ihrer Einnahmen bildet.“

Dann widmen sich der Richter dem Haftungsgrund und kommen zu dem Ergebnis, dass ein Verstoß gegen § 284 StGB vorliege und somit zugleich auch eine unlautere Handlung iSd. § 3 UWG. Denn die beworbene Seite habe keine deutsche Zulassung, um ein Glücksspiel in der Bundesrepublik zu betreiben.

Die Hamburger Richter gehen dabei auf die erst kürzlich ergangene „Schöner Wetten“-Entscheidung des BGH ein. Vgl. dazu ausführlich RA Dr. Bahr „BGH: Randbemerkungen zur Gambelli Entscheidung“.

„Die (…) beworbenen Glückspiele sind auch strafbar gemäß § 284 StGB, weil ihnen keine Erlaubnis für Deutschland erteilt worden ist. (…) (zuletzt BGH „Schöner Wetten“ …). Die Angebote der geschalteten Werbung (…) richten sich explizit an den deutschsprachigen Verbraucher (…). Damit liegt eine Veranstaltung (auch) in Deutschland vor, wie das Hanseatische Oberlandesgericht bereits mehrfach entschieden hat (…).

Schließlich rechtfertigt auch die Entscheidung „Schöner Wetten“ des BGH keine andere Beurteilung. Zwar hat der BGH in dieser Entscheidung die Störerhaftung einer online-Zeitung für den Hyperlink zu einem in Deutschland nicht konzessionierten österreichischen Glücksspielunternehmens verneint.

Die dortige Antragsgegnerin konnte sich jedoch auf die Pressefreiheit nach Art.5 GG berufen und zudem war die Strafbarkeit eines Anbieters von Glückspielen aus einem EU-Mitgliedsland seit dem Gambelli-Urteil des EUGH nur aufgrund einer eingehenden rechtlichen Prüfung festzustellen, die der dortigen Antragsgegnerin als Presseunternehmen nicht zuzumuten war. Eine mit dem hiesigen Sachverhalt vergleichbare Fallkonstellation lag mithin nicht vor, was keiner weiteren Ausführungen bedarf.“[/i]

Dann setzt es sich mit der „Gambelli“-Entscheidung des EuGH auseinander. Vgl. dazu ausführlich RA Dr. Bahr [url=http://www.isa-casinos.de/articles/5171.html]„Glücksspiele: Grundlegende Änderung der Rechtsprechung“.

„Schließlich entfällt die Strafbarkeit der unerlaubten Veranstaltung von Glückspielen nach § 284 StGB auch nicht infolge des sog. Gambelli-Urteils des EUGH (…), wie der BGH in dem bereits genannten Urteil [i]“Schöner Wetten“ entschieden hat.

Ohnehin könnte dies nur für die aus dem griechischen Teil von Zypern stammende Seite (…) gelten, wobei die [Beklagte] (…) allerdings nicht einmal vorgetragen hat, dass der Verantwortliche für diese Seite eine Erlaubnis im griechischen Teil von Zypern besitzt. Für die Wiederholungsgefahr im Sinne des verallgemeinernden Verbotstenors genügt schon ein Verstoßfall, hier also die Werbung für die unstreitig nicht aus einem EU-Mitgliedsland, sondern Kanada stammende Seite (…).“[/i]

Als letzten Punkt erörtert das OLG Hamburg, ob die Beklagte für diese unerlaubte Handlung einzustehen hat und bejaht dies. Die Richter ordnen die Beklagte als Mitstörerin ein, die auch verschuldenslos hafte. Die Haftungsprivilegierung des TDG komme hier nicht zum Zuge, da das TDG zum einen gar nicht anwendbar sei und zum anderen für verschuldenslose Ansprüche bewusst keine Regelung treffe.

„Soweit die [Beklagte] über die Werbebanner einen sog. Hyperlink zu den Seiten der illegalen Glückspielveranstalter angebracht hat, ist das TDG nicht anwendbar. Die Haftung des Anbieters eines Hyperlinks fällt (…) nämlich nicht unter die §§ 8 -11 TDG (…). Dieser Auffassung hat sich auch der BGH in seiner genannten Entscheidung [i]“Schöner Wetten“ angeschlossen (…).

Damit wird die Haftung der [Beklagten] (…) nach den allgemeinen Grundsätzen der Störerhaftung zu beurteilen sein.“[/i]

Das Gericht erörtert nun ausführlich, welche Prüfungspflichten die Beklagte treffen. Denn nur wenn ein Verstoß gegen eine Prüfungspflicht vorlag, haftet auch die Beklagte:

„Mithin geht es um die Frage, inwieweit der [Beklagten] (…) bei ihrem Geschäftsmodell des „domain-parking“ Prüfungspflichten obliegen und ob sie etwaige Prüfungspflichten verletzt hat. Das Landgericht hat dies vorliegend bejaht, weil schon aus den Werbebannern (…) leicht erkennbar gewesen sei, dass es sich um unerlaubtes Glückspiel handeln müsse.

Dies scheint dem Senat nicht unzweifelhaft, zumal die Begründung des Landgerichts möglicherweise nicht das verallgemeinernde Verbot in der tenorierten Form trägt. Dieses ist dennoch zu Recht ergangen.

Denn für die Frage, welche Prüfungspflichten der [Beklagten] (…) obliegen, ist festzustellen, dass sie – anders als etwa ein Internetauktionshaus, das nur einen „Marktplatz“ für alle nur denkbaren Angebote zur Verfügung stellt – an der Gestaltung der auf ihrer Seite befindlichen Werbung aktiv beteiligt ist bzw. jedenfalls diesen Anschein erweckt.

Sie lädt die Inhaber nicht genutzter Domains dazu ein, diese auf ihrer Internetseite zu „parken“ und bietet als eigene Leistung an, dem Domaininhaber „die Arbeit abzunehmen“ und in Kooperation mit der E GmbH geeignete Werbepartner zu suchen (…). Gleichzeitig wirbt sie damit, dass sie vor Schaltung eines Links zu einer beworbenen Seite diese auf Gesetzesverstöße oder Rechtsverletzungen überprüfe (…). Diese Zusicherung ist für ihre Kunden ein außerordentlich wichtiger Punkt, da die Kunden Domaininhaber bleiben und damit selbst wettbewerblichen Unterlassungsansprüchen ausgesetzt sein können, wenn auf ihrer Domain für rechtsverletzende Inhalte geworben wird.

An diesem werblichen Auftritt, der in ihrer Außendarstellung ein wichtiger Teil ihres Geschäftsmodells im Verhältnis zu ihren Kunden ist, muss sich die [Beklagte] (…) auch bei der Beurteilung ihrer Störerhaftung festhalten lassen und die Durchführung der Überprüfungen durch die von ihr eingeschaltete E GmbH entsprechend sicherstellen. Dass dies tatsächlich nicht möglich wäre, hat [sie] (…) nicht glaubhaft gemacht.“