Gemäß § 6c Abs. 1 S. 2 GlüStV 2021 darf ein Spieler pro Monat maximal 1.000 € für Glücksspiele ausgeben. Dieses Limit gilt anbieterübergreifend. In einem früheren Artikel wurde schon beschrieben, dass „dieses Limit laut Gesetzgeber eine der wesentlichen spielerschützenden Neuerungen des GlüStV 2021 darstellen [soll]. Der Anschluss an diese Datei und die Einhaltung der Vorgaben dieses Limitierungssystems sind seither unabdingbare Voraussetzungen für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Anbietererlaubnis. Die gesetzgeberische Intention dahinter ist es, bewusstes Spielen zu fördern und die finanziellen Risiken einer etwaig unerkannt gebliebenen Spielsuchterkrankung für Spieler zu reduzieren. Nach Erschöpfung des von den Spielern selbst festzulegenden monatlichen Einzahlungslimits, das einen Betrag in Höhe von 1.000 Euro nach § 6c Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021 grundsätzlich nicht übersteigen darf, sind darüberhinausgehende Einzahlungen vom Anbieter nach Maßgabe von § 6c Abs. 1 Satz 8 GlüStV 2021 auf technischem Wege zu unterbinden.“ (Das riskante Spiel um höhere Einsatzlimits des GlüStV 2021 im Lichte der Kohärenzrechtsprechung des EuGH, abrufbar unter: https://www.isa-guide.de/isa-law/articles/281440.html).
Nur in Ausnahmefällen darf von diesem 1.000 € Limit abgewichen werden, nämlich wenn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Spielers dies erlaubt.
Hierzu ist es erforderlich, dass eine verlässliche, präzise und individuelle Bewertung der finanziellen Situation eines Spielers erfolgt, um sicherzustellen, dass die Schutzfunktion des Gesetzes nicht unterlaufen wird.
Die GGL hat in einer Stellungnahme vom 7. März 2025, die hier abrufbar ist: https://gluecksspiel-behoerde.de/de/news/haeufig-gestellte-fragen-faq-zur-erhoehung-des-anbieteruebergreifenden-einzahlungslimits-bei-online-gluecksspielen-und-die-pruefung-der-wirtschaftlichen-leistungsfaehigkeit, erneut bekräftigt, dass sie an der SCHUFA-G-Abfrage festhält und damit offengelegt, dass sie wissentlich akzeptiert, dass der Spielerschutz untergraben wird.
Anders als die GGL behauptet, ist die SCHUFA-G-Abfrage mit § 6c Abs. 1 S. 2 und S. 3 GlüStV 2021 und § 1 GlüStV 2021 nicht vereinbar.
Die SCHUFA ist eine Auskunftei, die Informationen über die Kreditwürdigkeit von Personen sammelt, basierend auf Daten wie bestehenden Krediten, Zahlungsausfällen oder laufenden Verträgen. Eine SCHUFA-Abfrage liefert jedoch keine umfassende Einsicht in die aktuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Individuums:
- Sie zeigt primär vergangene und bestehende finanzielle Verpflichtungen, nicht aber das verfügbare Einkommen oder Vermögen eines Spielers.
- Sie berücksichtigt keine laufenden Lebenshaltungskosten, familiäre Verpflichtungen oder andere finanzielle Belastungen, die die tatsächliche Zahlungsfähigkeit beeinflussen könnten.
- Positive SCHUFA-Einträge (z. B. keine Zahlungsausfälle) bedeuten nicht zwangsläufig, dass ein Spieler über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, um sicher über das Limit hinaus zu spielen.
Die SCHUFA-G-Abfrage ist ein statisches Instrument, womit das Risiko eines Zahlungsausfalls berechnet wird. Es ermöglicht keine dynamische Beurteilung der finanziellen Situation und ist somit nicht geeignet, das Risiko einer Überschuldung oder Spielsucht bzw. die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hinreichend zu bewerten.
Diese Methode ist nicht geeignet die individuelle finanzielle Situation umfassend abzubilden noch den gesetzgeberischen Schutzgedanken des GlüStV 2021 zu tragen. Sie ist zu oberflächlich und ungenau, um die Ausnahme vom 1.000-€-Limit verantwortungsvoll zu rechtfertigen. Eine geeignete Methode müsste tiefergehende, aktuelle und individuelle Daten heranziehen, um den Spielerschutz nicht zu gefährden.
Das ist auch einleuchtend: Eine Person ohne Vermögen und mit einem monatlichen Einkommen von nur 1.000 €, die jedoch nie Zahlungsschwierigkeiten hatte, könnte auf Basis einer SCHUFA-Abfrage problemlos ein Einsatzlimit von 10.000 € erhalten – praktisch eine Lizenz zum unbegrenzten Spielen. Das steht in krassem Widerspruch zur propagierten Gefährlichkeit des Glücksspiels, die so groß sein soll, dass sogar die Dienstleistungsfreiheit eingeschränkt und ausländische EU-Erlaubnisse nicht anerkannt werden. Wie kann es dann sein, dass die GGL zulässt, dass Spieler ihr gesamtes Einkommen monatlich verspielen dürfen?
Diese Vorgehensweise macht den Spielerschutz zur Farce und offenbart eine eklatante administrative Inkohärenz. Die eigentliche Problematik liegt jedoch darin, dass wegen dieser Inkohärenz die Ausgestaltung des deutschen Glücksspielrechts unionsrechtswidrig ist und bei einer rechtsstaatlichen sowie konsequenten Anwendung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder die Vollzugsgrundlage zur Bekämpfung unerlaubten Glücksspiels entzogen wird: In Anwendung der Rechtsprechung des EuGH von Placanica (EuGH, Urteil vom 06.03.2007 – C‑338/04, C‑359/04 und C‑360/04 – Placanica u.a.) bis Ince (EuGH, Urteil vom 04.02.2016 – C-336/14 – Ince) sind die Konsequenzen einer solchen Unionsrechtswidrigkeit, dass ein Mitgliedstaat, hier die Bundesrepublik Deutschland, keine Sanktionen wegen der fehlenden Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV 2021 verhängen darf.
Das heißt, dass aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts die fehlende nationale Erlaubnis ausländischen Anbietern nicht mehr wirksam entgegengehalten werden darf. Die Vollzugsinstrumente dürften nicht zum Einsatz gelangen. In der Folge wären diese Anbieter ohne deutsche Erlaubnis – einschließlich solcher, die bisher dem Schwarzmarkt zugerechnet werden – de facto legitimiert, ihre Dienste aus dem EU-Ausland anzubieten. Die GGL würde sich damit selbst die Grundlage für eine effektive Regulierung entziehen und den Schwarzmarkt in eine rechtlich geduldete Position bringen.
Abschließend ist festzuhalten: Der Unterzeichner hat die GGL wiederholt auf diese gravierenden Schwächen hingewiesen. Die Behörde ist sich der Problematik bewusst, ignoriert sie jedoch absichtlich und nimmt damit in Kauf, dass der Spielerschutz nicht gewährleistet wird. Es liegt nahe, dass die GGL erkennt, dass die Regelungen des GlüStV 2021 nicht ausreichen, um eine wirksame Kanalisierung in den legalen Markt zu erreichen. Stattdessen führen sie zu einer Fehlkanalisierung. Um dieses Problem zu umgehen, scheint die GGL bewusst von den gesetzlichen Vorgaben abzuweichen.
Dies ist jedoch aufgrund des Gewaltenteilungsprinzips unzulässig: Als Teil der Exekutive ist die GGL gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebunden und darf keine eigenständigen Abweichungen von gesetzlichen Regelungen vornehmen. Dennoch setzt sie sich darüber hinweg, indem sie das in § 6c Abs. 1 S. 2 GlüStV 2021 festgelegte monatliche Einzahlungslimit von 1.000 € faktisch außer Kraft setzt.
Diese Regelung ist jedoch essenziell, da ohne ihre Einhaltung überhaupt keine Erlaubnis für Glücksspielangebote erteilt werden dürfte, vgl. die Erlaubniserteilungsnorm des § 4 Abs. 5 Nr. 6 GlüStV 2021, die auf die Einhaltung des § 6c Abs. 1 GlüStV 2021 verweist. Indem die GGL erlaubten Anbietern ermöglicht, dieses Erlaubniserteilungskriterium zu umgehen, entsteht faktisch und technisch unerlaubtes Glücksspiel: Es wird ein Angebot geschaffen, das rechtlich gar nicht genehmigungs- bzw. erlaubnisfähig wäre.