Paternalismus im Glücksspiel und seine Folgen am Beispiel der geldwäscherechtlichen Verdachtsmeldungen durch Banken – Wenn Strafgesetze mehr schaden als schützen

Rechtsanwalt Dr. Nik Sarafi

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  • Einleitung
  • Meldepflicht nach § 43 Geldwäschegesetz (GwG)
    • Geldwäscherechtlicher Hintergrund
    • Regelungszweck und Rechtsnatur der Meldepflicht
    • Voraussetzungen, Inhalt und Umfang der Verdachtsmeldungspflicht
      • Meldungsverpflichteter Adressatenkreis
      • Meldepflichtige Tatsachen, § 43 Abs. 1 Nr. 1-3 GwG
      • Meldepflichtiger Verdacht auf Geldwäsche, § 43 Abs. 1 Nr. 1 GwG
      • Anforderungen an den Verdachtsgrad
      • Umsetzung der Verdachtsmeldungspflicht
    • Missachtung der Verdachtsmeldungspflicht
  • Verdachtsmeldepflicht bei Transaktionen von Glücksspielanbietern
    • Transaktionen von Glücksspielanbietern als Auslöser der Verdachtsmeldepflicht
    • Kritik am Regelungsregime der geldwäscherechtlichen Verdachtsmeldepflicht
      • Verfassungsrechtlich illegitime Heranziehung von § 285 StGB als Geldwäschevortat
      • Zur Frage der Einschlägigkeit der §§ 284 ff. StGB als Geldwäschevortaten
      • Rechtsstaatliche Bedenken gegenüber Verdachtsmeldepflicht nach dem GwG
  • Fazit

I. Einleitung

Wie bereits in einem vorangegangenen Beitrag mit dem Titel („Die Kriminalisierung des Glücksspiels durch die §§ 284 ff. StGB unter strafverfassungsrechtlichen Gesichtspunkten“) dargelegt wurde, lässt sich die Existenz des § 285 StGB strafverfassungsrechtlich nicht rechtfertigen. Dieses Strafgesetz verletzt das Autonomieprinzip des Einzelnen und kann aufgrund seines paternalistischen Charakters keine strafverfassungsrechtliche Legitimation für sich beanspruchen. § 285 StGB dient nicht dem Schutz von Rechtsgütern, sondern kriminalisiert Menschen ohne Vorliegen einer tatsächlichen kriminellen Absicht oder eines strafwürdigen Verhaltens.

Dabei handelt es sich keineswegs um ein in der juristischen Lehre ausgebreitetes, bloß theoretisches Problem. Vielmehr zeigt die aktuelle bundesweite Praxis eindrücklich, dass die tatsächlichen Konsequenzen dieses verfassungswidrigen Strafgesetzes überaus weitreichend sind: Wenn Banken Zahlungen von oder an Glücksspielanbieter auf den Konten ihrer Kunden feststellen, welche nicht über die in Deutschland gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV 2021 erforderliche Erlaubnis verfügen, melden sie dies (oft) an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, auch bekannt als Financial Intelligence Unit (FIU).

Die betroffenen Kunden werden aufgrund dieser Verdachtsmeldungen mit Ermittlungsverfahren konfrontiert, sowohl wegen des Verdachts der Beteiligung am unerlaubtem öffentlichen Glücksspiel gemäß § 285 StGB als auch wegen des damit verbundenen Vorwurfs der Geldwäsche gemäß § 261 StGB. Als Beschuldigte in einem solchen Verfahren sehen sich die Betroffenen einer Vielzahl potenzieller tatsächlicher wie rechtlicher Konsequenzen gegenüber ausgesetzt.

Ohne den Verrat der eigenen Hausbank wären Ermittlungsverfahren in derartigen Fällen durch die Strafverfolgungsbehörden nicht eröffnet worden. Doch was veranlasst Banken zu solch einem Schritt? Ist eine derartige Offenlegung wirklich notwendig? Agieren Banken dabei aus purer Vorsicht oder werden sie durch regulatorische und finanzielle Anreize dazu getrieben? Es stellt sich zwangsläufig die Frage, ob die Loyalität der Banken gegenüber den Regulierungsbehörden stärker wiegt als gegenüber ihren eigenen Kunden.

Selbst wenn man den Banken keinen Vorwurf machen könnte, da sie möglicherweise gesetzlich zu geldwäscherechtlichen Verdachtsmeldungen über ihre Kunden verpflichtet sind, liegt die Grundlage dieser verräterischen Meldungen im Straftatbestand des § 285 StGB.

Dieser Tatbestand wird im Kontext von Transaktionen im Glücksspielsektor als vorgelagerte Straftat zur Geldwäsche herangezogen, was nach hiesiger Rechtsauffassung mangels strafverfassungsrechtlicher Legitimation des Tatbestands eine illegitime Praxis darstellt.

Die Legitimität und Sinnhaftigkeit des Glücksspiel(straf)rechts de lege lata bedarf vor diesem Hintergrund abermals einer kritischen Beurteilung. Der Gesetzgeber verfolgt eine repressive Politik gegenüber Online-Glücksspielen. Diese waren jahrelang durch den § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. verboten. Erst mit der Einführung des GlüStV 2021 wurden Online-Glücksspiele unter bestimmten Bedingungen erlaubnisfähig gemacht. Denn der deutsche Gesetzgeber musste einsehen, dass ein absolutes Verbot von Online-Glücksspielen nicht den gewünschten Effekt hat, insbesondere, da der Online-Glücksspielmarkt robust und beständig ist. Statt Spieler, die sich dem Glücksspiel hingeben, dem unregulierten Schwarzmarkt zu überlassen, hat die aktuelle Gesetzgebung richtigerweise das Ziel, sie in den regulierten Glücksspielbereich zu leiten.

Gemäß § 1 GlüStV 2021 und den dazugehörigen Erläuterungen steht die Minimierung der Risiken und Gefahren des Glücksspiels durch Kanalisierung in den legalen Markt im Zentrum dieser Bemühungen. Dass dieses noble Anliegen jedoch kein Freifahrtschein für ausufernde Stigmatisierung von Spielern bieten darf, wird nachfolgend aufgezeigt werden.

Ob die strengen Regularien des GlüStV 2021 geeignet sind, diese Ziele zu erreichen oder zu fördern oder ob eine Fehlkanalisierung stattfindet, weil die Spieler sich nicht bevormunden lassen wollen, soll an dieser Stelle nicht näher eruiert werden; jedoch weisen erste Anzeichen darauf hin, dass eine Tendenz zur Fehlkanalisierung besteht und daher eine differenzierte Betrachtung der Thematik unerlässlich ist.

In diesem Beitrag wird zunächst der Frage nachgegangen, ob Banken im Kontext von Transaktionen aus dem Glücksspielsektor tatsächlich zur Abgabe einer geldwäscherechtlichen Verdachtsmeldung verpflichtet sind. Anschließend wird eine rechtliche Bewertung des zugrundeliegenden Regelungsregimes vorgenommen und einer kritischen Würdigung unterzogen.

II. Meldepflicht nach § 43 Geldwäschegesetz (GwG)

1. Geldwäscherechtlicher Hintergrund

Die fundamentale gesetzgeberische Umgestaltung des geldwäscherechtlichen Straftatbestands (§ 261 StGB) im Jahr 2021 führte zu einer erheblichen Ausweitung seines Anwendungsbereichs. Anlass für diese grundlegende Neustrukturierung des Tatbestands war es, in Umsetzung der EU-Richtlinie 2018/1673 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche1 ebendiese „stärker in den Fokus der Strafverfolgungsbehörden zu rücken und eine noch intensivere Verfolgung zu ermöglichen.“2

Der deutsche Gesetzgeber hat zu diesem Zweck einen Paradigmenwechsel3 hin zum sogenannten „All-Crimes-Approach“4 vollzogen, der sich dadurch auszeichnet, dass - entgegen der früheren gesetzgeberischen Konzeption - als Geldwäschevortat nicht nur die in einem einschlägigen Katalog genannten Taten, sondern nunmehr sämtliche Straftaten in Betracht kommen sollen.5 Demnach kann der Anfangsverdacht der Geldwäsche letztlich bei jedem Kontakt mit Vermögensgegenständen angenommen werden, „die bei wirtschaftlicher Betrachtung aus einer Straftat herrühren.“6

Damit ging der Gesetzgeber nicht nur über die Anforderungen der zugrundeliegenden EU-Richtlinie, sondern auch über die Empfehlungen der Financial Action Task Force (FATF) hinaus, die lediglich die Erfassung aller schwerwiegenden Straftaten („serious offences“) vorgesehen hatte.7

2. Regelungszweck und Rechtsnatur der Meldepflicht

§ 43 GwG statuiert die Pflicht von privaten Wirtschaftssubjekten, bei Anhaltspunkten auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung eine Verdachtsmeldung an die zuständige Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) zu übermitteln.

Diese Pflicht entsteht bereits überaus früh, insbesondere nicht erst bei Vorliegen eines Anfangsverdachts im strafprozessualen Sinne.8 Die Meldepflicht stellt sich dabei als doppelfunktionale Maßnahme dar9, sie soll die Weiterverwendung von Gewinnen aus Straftaten, insbesondere aus der organisierten Kriminalität, unterbinden10 und zugleich dem repressiven Zweck der Strafverfolgung dienen.

Zu Recht ist diese vorgesehene Privatisierung von Strafverfolgungsaufgaben, bei denen Verpflichtete „zum verlängerten Arm der Ermittlungsbehörden“11 werden, heftig kritisiert worden.12 Wirtschaftsteilnehmer sollen gewissermaßen als „Hilfspolizisten“13 oder „Hilfssheriffs“14 herangezogen werden, die eigenständig Verdachtsmomente ermitteln, um den eigentlich dafür zuständigen Ermittlungsbehörden die Einleitung von Ermittlungsverfahren zur Aufklärung von Straftaten bzw. der Sicherstellung von Vermögenswerten zu ermöglichen respektive insoweit zu unterstützen. Wenngleich derartige Verdachtsmeldungen keine Strafanzeigen15 sind, sondern eine eingehende Prüfung dahingehend anregen sollen, ob ein strafprozessualer Anfangsverdacht vorliegt16, ist dieses gesetzgeberische Konzept unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten kritisch zu betrachten. Insbesondere deshalb, weil die Strafverfolgung prinzipiell eine Aufgabe des Staates ist. Schließlich ist es gemäß § 163 Abs. 1 StPO ausschließlich die Aufgabe der „Behörden und Beamten des Polizeidienstes“, „Straftaten zu erforschen“. Wenn sich die „Aufklärung von Straftaten“ auf ein paternalistisches Strafgesetz stützt, das schon keine strafwürdige Handlung verbietet und die Einleitung eines darauf gestützten Ermittlungsverfahrens durch „Handlanger“17 des Staates eingeleitet wird, verschärft dies die Bedenken nur noch weiter.

3. Voraussetzungen, Inhalt und Umfang der Verdachtsmeldungspflicht

a) Meldungsverpflichteter Adressatenkreis

Zunächst bestimmt § 43 Abs. 1 GwG, dass Meldungen nur von denjenigen Rechtssubjekten abzugeben sind, die Verpflichtete im Sinne von § 2 Abs. 1 GwG sind. Banken sind insoweit tatbestandlich zweifelsfrei von § 2 Abs. 1 GwG als Adressaten der Meldepflicht erfasst.

b) Meldepflichtige Tatsachen, § 43 Abs. 1 Nr. 1-3 GwG

§ 43 Abs. 1 GwG verlangt sodann, dass Tatsachen vorliegen müssen, die auf einen Sachverhalt nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 – Nr. 3 GwG hindeuten, im Wesentlichen also, dass ein Gegenstand aus einer strafbaren Handlung stammt, die eine Vortat der Geldwäsche darstellen könnte (Nr. 1) oder im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung stehen könnte (Nr. 2). Besonders hervorzuheben ist hier die Bedeutung von Nr. 1, auf die unter c) vertieft eingegangen wird.

Erforderlich sind grundsätzlich objektive, dem Beweis zugängliche Umstände; bloße Mutmaßungen und Spekulationen ohne konkrete Anhaltspunkte genügen hierfür nicht.18 Die verdachtsbegründenden Tatsachen müssen dabei unmittelbar in Zusammenhang mit einer Transaktion oder einem Vermögensgegenstand stehen, wobei es unerheblich ist, ob sich die Tatsachen auf den Vermögensgegenstand bzw. die Transaktion selbst, auf das Verhalten des Geschäftspartners oder auf beides kumulativ beziehen.19 Die Umstände, die einen derartigen Verdacht begründen, müssen zudem entweder ganz oder teilweise in der Sphäre des Verpflichteten eingetreten sein, beispielsweise etwa bei ungewöhnlichen Transaktionen.20

c) Meldepflichtiger Verdacht auf Geldwäsche, § 43 Abs. 1 Nr. 1 GwG

Hinsichtlich des meldepflichtigen Verdachts einer Geldwäsche gem. § 43 Abs. 1 Nr. 1 GwG sind Tatsachen zu erfordern, die darauf hindeuten, dass ein Vermögensgegenstand, der mit einer Geschäftsbeziehung oder einer Transaktion im Zusammenhang steht, aus einer strafbaren Handlung stammt, die eine Vortat der Geldwäsche darstellen könnte.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht jede zu Tage tretende Auffälligkeit per se eine Meldepflicht auslösen muss.21 Aufgrund der Ausgestaltung des Tatbestands der Geldwäsche als Anschlussdelikt sind meldepflichtig nur solche Sachverhalte, die nicht die Begehung der Vortat selbst darstellen.22 Aus einer Vortat stammen Vermögenswerte insbesondere dann, wenn sie durch die Vortat erlangt oder aus ihnen hervorgebracht wurden.23

Es erscheint daher fraglich, inwieweit die Veranstaltung von oder die Beteiligung am unerlaubten Glücksspiel und damit verbundene Transaktionen als Begehung einer Vortat zur Geldwäsche gem. § 261 StGB herangezogen werden können, insbesondere schon weil die Teilnahme am unerlaubten Glücksspiel selbst als Straftat definiert ist, vgl. § 285 StGB.

Mit Blick auf die gängige Praxis im Bankenwesen erscheint es unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten fragwürdig, Zahlungen von Glücksspielanbietern an Bankkunden oder umgekehrt insoweit als verdachtsbegründende Tatsachen für das Vorliegen einer in der Teilnahme am unerlaubten Glücksspiel (§ 285 StGB) zu sehenden Vortat der Geldwäsche heranzuziehen.

d) Anforderungen an den Verdachtsgrad

Ihrer Natur nach ist die Geldwäsche in ihren Erscheinungsformen überaus vielfältig und unterliegt ständig wechselnder Anwendungsmethoden. Konkrete Verdachtsfälle lassen sich daher nur schwer abstrakt umschreiben.24

Sogenannte Typologiepapiere25 beschreiben Umstände und Indikatoren („red flags“), die auf geldwäscherechtlich relevante Sachverhalte hindeuten können. Ihnen dürfte aber keine indizielle Regelvermutung für das Vorliegen eines Geldwäscheverdachts zu entnehmen sein.26 Denn § 43 Abs. 1 GwG sieht gerade keine Meldepflicht für jedwede Auffälligkeit vor, sondern stellt darauf ab, dass hinreichend konkrete Umstände vorliegen müssen, die das Vorliegen einer der in § 43 Abs. 1 Nr. 1-3 GwG genannten Verdachtssituationen begründen.

Eine Auffälligkeit ist daher nicht zwangsläufig mit einem Verdacht gleichzusetzen.27

Vielmehr hat eine einzelfallbezogene Prüfung der aufgetretenen Umstände dahingehend zu erfolgen, ob Tatsachen den Schluss auf eine Herkunft von Vermögenswerten aus Straftaten rechtfertigen.28 Es bedarf dabei einer Gewichtung einzelner Indizien und einer umfassenden Gesamtbewertung aller bekannten Umstände und Fakten. Je nach Geschäftspartner, Art des Geschäfts oder der Transaktion und sonstiger Umstände kann selbst das kumulierte Zusammentreffen mehrerer Indikatoren für die Annahme eines Verdachts noch nicht ausreichen.29 Jedoch dürfte ein Verdacht umso eher anzunehmen sein, je mehr Auffälligkeiten vorliegen.30

Auch die von automatisierten Monitoringsystemen generierten Warnmeldungen dürften angesichts der zugrunde gelegten Bandbreite an Scoring-Kriterien und der Vielzahl falsch-positiver Prüfmeldungen31 nicht mit einem Geldwäscheverdacht einhergehen32, sondern vielmehr Ausgangspunkt einer eingehenden manuellen Geldwäscheprüfung sein.33

Eine umfassende Ausermittlung des Sachverhalts in jede Richtung sowie darauf gestützte rechtlich zutreffende Subsumtion des Sachverhalts durch die Meldeverpflichteten ist nicht erforderlich.34 Schon aus dem Wortlaut („hindeuten“) ergibt sich, dass insofern keine Gewissheit bestehen muss. Es reicht hier aus, wenn die bekannten Umstände nach dem beruflich vorhandenen Erfahrungswissen in ihrem jeweiligen geschäftlichen Kontext derart ungewöhnlich und auffällig sind, dass einer der meldepflichtigen Sachverhalte nach Nr. 1–3 naheliegt.35

Der den Meldeverpflichteten zuzubilligende Beurteilungsmaßstab36 ist gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob von falschen Tatsachen ausgegangen wurde, sachfremde Erwägungen angestellt oder allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe missachtet wurden.37

Dass im Rahmen dieser Bewertung nur solche Informationen berücksichtigt werden dürften, die sichere und nicht nur mögliche Schlussfolgerungen, insbesondere einen sicheren Nachweis der legalen Herkunft von Vermögenswerten zulassen38, ist jedoch unzutreffend und mit dem Gesetzeswortlaut unvereinbar. Naturgemäß ist bei etwaigen Transaktionen dem Verpflichteten die legale Mittelherkunft nicht sicher erkennbar, selbst bei derartigen Transaktionen nicht, die keine Auffälligkeiten aufweisen. Die entsprechende Sachverhaltswürdigung unterliegt in stets gewissen Unsicherheiten. § 43 Abs. 1 GwG enthält gerade keine Beweislastregeln oder Vermutungsregeln hinsichtlich einer etwaigen illegalen Herkunft von Vermögenswerten, die widerlegt werden müssten. Vielmehr besteht eine Meldepflicht nur dann, wenn ausnahmsweise Umstände auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung hindeuten.39

e) Umsetzung der Verdachtsmeldungspflicht

§ 43 Abs. 1 GwG wird dabei das Erfordernis entnommen, dass Verpflichtete organisatorische Maßnahmen zu treffen haben, die gewährleisten, dass die einen Verdacht begründenden Umstände von den Mitarbeitern unverzüglich intern dokumentiert, unmittelbar an die für die Meldung zuständige Stelle weitergeleitet und von dort bei Bejahung meldepflichtiger Umstände an die FIU gemeldet werden.40 Es ist davon auszugehen, dass die Banken die White-List der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) in ihre Systeme implementiert haben und dass diese Verdachtsmeldungen regelmäßig automatisiert durchgeführt werden.

4. Missachtung der Verdachtsmeldungspflicht

Im Fall eines (auch nur leichtfertigen) Verstoßes gegen die Pflicht, eine Meldung aus § 43 Abs. 1 GwG zu erstatten, drohen empfindliche Bußgelder, vgl. § 56 Abs. 1 Nr. 69 GwG. Schlimmstenfalls steht auch eine eigene Strafbarkeit der Mitteilungsverpflichteten wegen leichtfertiger Geldwäsche im Raum.

So setzte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zuletzt rechtskräftig Geldbußen in Höhe von insgesamt 170.000€ gegen die Deutsche Bank AG41, 150.000€ gegen die SOFORT GmbH42, hingegen „nur“ 10.000€ gegen die Kreissparkasse Groß-Gerau43 fest, da diese verspätet Geldwäscheverdachtsmeldungen abgegeben hatten.

III. Verdachtsmeldepflicht bei Transaktionen von Glücksspielanbietern

Anhand der zuvor dargestellten Kriterien soll nunmehr untersucht werden, ob Transaktionen von ausländischen Glücksspielanbietern, die in Deutschland nicht über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV 2021 erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis verfügen, eine Pflicht von Banken begründet, eine geldwäscherechtliche Verdachtsmeldung gem. § 43 Abs. 1 Nr. 1 GwG zu tätigen.

Die Besonderheit in der Schnittstelle von Glücksspielstrafrecht und Geldwäschedelikten liegt darin, dass bei „möglichen Vortaten zwischen dem Einsatz von durch andere Straftaten bemakelten Geldern bei einem Glücksspiel und Straftaten durch die eigentliche Durchführung des Glücksspiels zu differenzieren“44 ist.

Wenn entweder die Teilnahme (§ 285 StGB) oder die Veranstaltung des Glücksspiels (§ 284 Abs. 1 StGB) selbst als die strafbare Handlung angesehen wird, kann denklogisch nicht angenommen werden, dass die für Spielteilnahme an das Glücksspielunternehmen gezahlten Einsätze aus einer rechtswidrigen Vortat resultieren. Solange keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Spieleinsätze selbst nicht aus Straftaten stammen, fehlt eine geeignete vorangegangene Straftat, selbst wenn § 285 StGB tatbestandlich erfüllt sein sollte. Die Einsätze sind notwendiges Mittel, um am Spiel teilnehmen und den Straftatbestand überhaupt erfüllen zu können. Sie stammen mithin nicht aus einer Straftat. Die Annahme dieser Gelder kann mithin keine geldwäscherechtliche Handlung darstellen.

Unter Berücksichtigung des § 261 Abs. 9 Nr. 1 StGB muss auch beachtet werden, dass der Anbieter – der in seinem Herkunftsland für gewöhnlich eine Erlaubnis hat – seine Geschäfte in Übereinstimmung mit den lokalen Gesetzen und Vorschriften betreibt und daher vor Ort keine Straftat begeht, so dass es auch hier an einer strafbaren Vortat fehlt. Hierdrauf wird weiter unten näher einzugehen sein.

1. Transaktionen von Glücksspielanbietern als Auslöser der Verdachtsmeldepflicht

Wie bereits dargestellt, sind hinsichtlich des meldepflichtigen Verdachts einer Geldwäsche gem. § 43 Abs. 1 Nr. 1 GwG Tatsachen zu erfordern, die darauf hindeuten, dass ein Vermögensgegenstand, der mit einer Geschäftsbeziehung oder einer Transaktion im Zusammenhang steht, aus einer strafbaren Handlung stammt, die eine Vortat der Geldwäsche darstellen könnte.

Ob Transaktionen von ausländischen Glücksspielanbietern für Banken verdachtsbegründende Umstände liefern, die darauf hindeuten, dass etwaige Gelder aus einer strafbaren Handlung stammen, die eine Vortat der Geldwäsche (etwa die unerlaubte Teilnahme am öffentlichen Glücksspiel gem. § 285 StGB) darstellen können und demzufolge die gelwäscherechtliche Verdachtsmeldepflicht begründen, ist fraglich.

Dagegen spricht zunächst, wie oben angeführt, dass es sich bei Ein- oder Auszahlungen von bzw. an ausländische Glücksspielanbieter lediglich um Indizien handelt. Diese mögen für sich genommen eine Auffälligkeit darstellen. Gleichwohl begründet nicht jede Auffälligkeit auch einen geldwäscherechtlich relevanten Verdacht.45 Selbst das kumulierte Zusammentreffen mehrerer Indikatoren dürfte regelmäßig für die Annahme eines Verdachts noch nicht ausreichen.46 Eine einzelfallbezogene Prüfung der Transaktionen müsst vielmehr die Schlussfolgerung zulassen, dass die bewegten Gelder Vermögenswerte aus einer Straftat sind.47 Dies dürfte praktisch aber regelmäßig nur schwer zu ermitteln sein, sodass die Meldeverpflichteten – wie die gängige Praxis im Bankenwesen eindrücklich belegt – im Zweifel in eher extensiver Manier geldwäscherechtliche Verdachtsmeldungen abgeben werden, schon wegen der drohenden erheblichen Geldbußen.

Dafür spricht gerade auch, dass eine umfassende Ausermittlung des Sachverhalts und insbesondere eine zutreffende rechtliche Subsumtion und Würdigung dessen nicht erforderlich ist.48 Schon aus dem Wortlaut des § 43 Abs. 1 GwG („hindeuten“) ergibt sich, dass insofern keine Gewissheit bestehen muss. Es reicht für einen meldepflichtigen Verdacht aus, wenn die bekannten Umstände nach dem beruflich vorhandenen Erfahrungswissen in ihrem jeweiligen geschäftlichen Kontext derart ungewöhnlich und auffällig sind, dass einer der meldepflichtigen Sachverhalte nach Nr. 1–3 naheliegt.49 So dürften Banken bei Zahlungen von ausländischen Glücksspielanbietern wohl in der Regel davon ausgehen dürfen, dass verdachtsbegründende Umstände für die Erstattung einer geldwäscherechtlichen Verdachtsmeldung gegeben sind. Denn eine gegenteilige Einschätzung der den Banken zuzubilligenden Einschätzungsprärogative wäre nur dann angezeigt, wenn diese falsche Tatsachen herangezogen, sachfremde Erwägungen angestellt oder allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe missachtet wurden.50 Dafür werden regelmäßig jedoch keine Anhaltspunkte ersichtlich sein. Insoweit dürften Transaktionen von ausländischen Glücksspielanbietern regelmäßig die geldwäscherechtliche Verdachtsmeldepflicht auslösen – jedoch nur, wenn eine Auszahlung an einen deutschen Kunden erfolgt; nicht jedoch, der bloße Zahlungseingang durch einen Glücksspielanbieter, der keine deutsche Erlaubnis besitzt.

Zahlungen an den Glücksspielanbieter ohne deutsche Erlaubnis begründet keinen Verdacht einer Geldwäsche. Bloße Zahlungen eines Glücksspielanbieters, so z.B. zur Erfüllung eigener Zahlungsverpflichtungen ggü. Beratern aus Deutschland o.ä., begründen ebenfalls keinen Verdacht einer Geldwäsche. Lediglich der Umstand, dass ein Spieler durch eine Teilnahme den Tatbestand des § 285 StGB erfüllt und im Anschluss eine Gewinnauszahlung erhält, dürfte einen begründeten Verdacht rechtfertigen.

Die gelebte Praxis im Bankenwesen, bei Transaktionen von Glücksspielanbietern nahezu pauschalierend geldwäscherechtliche Verdachtsmeldungen zu erstatten, dürfte daher den Bankinstituten negativ anzulasten sein, sofern sie bloß auf den Umstand beruht, dass ein Geldeingang durch einen ausländischen Glücksspielanbieter ohne Erlaubnis festgestellt wurde und sich aus dem Verwendungszweck nicht ableiten lässt, dass es sich um eine Auszahlung eines Spielgewinns handelt. Ergibt sich aus dem Zweck der Transaktion, dass das Glücksspielunternehmen eine Rechnung o.ä. begleicht und würde die Bank eine Verdachtsmeldung einreichen, dürfte diese nicht haltbar sein.

Es ist davon auszugehen, dass sich Banken angesichts erheblich strafbewehrter Meldepflichten entsprechend ihrer Einbindung als „Hilfspolizisten“51 gesetzgeberisch dazu veranlasst fühlen, geldwäscherechtliche Verdachtsmeldungen bei Transaktionen von ausländischen Glücksspielanbietern im Zweifel großzügig zu äußern.

2. Kritik am Regelungsregime der geldwäscherechtlichen Verdachtsmeldepflicht

Durchaus rechtlich beanstandungswürdig ist hingegen das zugrundeliegende gesetzgeberische Regelungsregime. Jedenfalls im Kontext des dargestellten Sachverhalts mit Transaktionen von ausländischen Glücksspielanbietern zeigt die praktische Umsetzung gravierende Widersprüchlichkeiten auf, die sowohl unter rechtsstaatlichen als auch unter strafverfassungsrechtlichen Gesichtspunkten überaus bedenklich sind: Es werden Personen kriminalisiert und Ermittlungsverfahren eingeleitet, die lediglich in ihrer Freizeit einem Hobby nachgehen, ohne dabei anderen zu schaden.

a) Verfassungsrechtlich illegitime Heranziehung von § 285 StGB als Geldwäschevortat

§ 285 StGB schütz den Einzelnen vor der Gefahr von Manipulationen beim Glücksspiel zum Schaden seines Vermögens.52 Es kriminalisiert damit eine gewisse Handlung, um den „Täter“ vor Selbstschädigung zu schützen. Dies ist nicht nur fraglich, sondern verfassungsrechtlich schlichtweg nicht tragbar.53

Das Bundesverfassungsgericht führt immer wieder aus, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebiete,

„dass die Freiheit der Person nur beschränkt werden darf, soweit dies im öffentlichen Interesse unerlässlich ist“.54

Gleichzeitig geht aus Art. 20 Abs. 3 GG hervor, dass die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an „Recht und Gesetz“ – also nicht nur an das Gesetz, sondern auch an das Naturrecht – gebunden sind. Daraus folgt, dass es Grenzen bei der Strafgesetzgebung geben muss. Strafgesetze stellen nämlich immer einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit dar, denn sie verbieten gewisse Handlungen. Ein Strafgesetz darf ein Verhalten richtigerweise jedoch nur dann verbieten, „soweit dies im öffentlichen Interesse unerlässlich ist“.55 Ein Verhalten muss gravierendes Unrecht herbeiführen, damit dessen Unterbindung mit dem Strafrecht „unerlässlich“ ist. Obwohl in diesem Kontext immer wieder betont wird, dass der Gesetzgeber demokratisch legitimiert sei und daher frei bestimmen könne, welches Verhalten er mit einem Strafgesetz verbieten dürfe – eine Argumentation, die das Bundesverfassungsgericht in seinem jüngsten Cannabis-Beschluss56 vertrat –, wird übersehen, dass die demokratische Legitimation des Gesetzgebers rein formeller Natur ist. Ihr Hauptzweck ist es, die Bürger vor Handlungen Dritter zu schützen, die ihre Rechtsgüter verletzen könnten. Dies spiegelt den Grundgedanken wider, dass der der Staat von den Bürgern gegründet und legitimiert wurde, um ein friedliches Zusammenleben zu gewährleisten. Die zentrale Idee des Gesellschaftsvertrags (nicht im gesellschaftsrechtlichen, sondern als Konstrukt einer politischen Theorie) war, dass der Staat nur dann eingreifen sollte, wenn ein harmonisches Zusammenleben nicht möglich ist. Die Theorie des Gesellschaftsvertrags, die auf Hobbes zurückgeführt wird, postuliert, „dass Menschen – um ein friedliches Zusammenleben überhaupt zu ermöglichen – einen Vertrag untereinander schließen müssen“57, durch den letztlich der Staat „gegründet“ wird, damit nicht das „Recht des Stärkeren“ sich durchsetzt.

Dementsprechend erfolgt auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das regelmäßig betont, dass Handlungen nur dann verboten werden dürfen, wenn dies „unerlässlich“ ist. Andernfalls dürfte der Gesetzgeber immer ein Strafgesetz erlassen, solange er nur formuliert, dass dies irgendeinem (vermeintlich) legitimen Zweck diene. Die Geschichte und der Nationalsozialismus lehrten bereits eindrücklich, dass nicht jedes Gesetz kraft seiner Existenz per se gerecht oder legitim sein muss.

Es bleibt mithin festzuhalten, dass in einem Rechtstaat eine gewisse Handlung nur dann durch ein Strafgesetz verboten werden darf, soweit dies im öffentlichen Interesse „unerlässlich“58 ist.

Zugleich wird selbstgefährdendes oder -schädigendes Verhalten als Ausübung grundrechtlicher Freiheit verstanden und wird verfassungsrechtlich garantiert.59 Dies ergibt sich aus dem durch die Menschenwürde gespeisten Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen (Autonomieprinzip). Insoweit gewähren Art. 1 GG und Art. 2 GG jedem Menschen Autonomie dahingehend, selbst darüber zu entscheiden, seine eigenen Rechtsgüter ggf. zu gefährden oder zu verletzen.60

Dieses Selbstbestimmungsrecht kann seine Grenzen dort finden, wo der Entschluss zum selbstschädigenden Verhalten „nicht freien Willens und bei vollem Verständnis der Umstände getroffen“ wurde.61

Dass der Einzelne mit dem Strafrecht nicht vor selbstschädigenden oder -gefährdenden Handlungen bewahrt werden darf, ist Ausfluss der Menschenwürde und ein „aus den Idealen von Freiheit und Eigenverantwortung gespeistes“62 Grundprinzip des Strafrechts.

Deshalb darf selbstschädigendes und selbstgefährdendes Verhalten strafrechtlich nicht verboten und sanktioniert werden („Straffreiheit eigenverantwortlicher Selbstgefährdung“).63

Selbstschädigendes oder -gefährdendes Verhalten ist damit nicht nur strafwürdig, sondern dessen Ausübung wird geradezu verfassungsrechtlich garantiert. Aus diesem Grund betont das Bundesverfassungsgericht:

„Auch selbstgefährdendes Verhalten ist Ausübung grundrechtlicher Freiheit.“64

Das Bundesverfassungsgericht hat weiter präzisiert, dass das Selbstbestimmungsrecht als Ausdruck persönlicher Autonomie sogar ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben verleiht.65

Übertragen auf das Glücksspielrecht bedeutet dies, dass es jedem Menschen selbst überlassen sein muss, ob er am Glücksspiel teilnimmt, oder nicht – das gilt auch für nach deutschem Recht unerlaubten Glücksspiel.

Die Glücksspielgesetze in Deutschland sind strikt und verbieten sowohl Anbietern als auch Spielern, Glücksspiele außerhalb staatlicher Regulierungen durchzuführen. Sie sollen dem Schutz der Allgemeinheit und der Spieler selbst dienen.

Laut einer nicht umstrittenen Studie des Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD) in Zusammenarbeit mit der Universität Bremen (Arbeitseinheit Glücksspielforschung) aus dem Jahr 2021 sollen 2,3 Prozent der deutschen Bevölkerung zwischen 18 und 70 Jahren Anzeichen einer „Störung durch Glücksspiele“66 gemäß den Kriterien des Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen (DSM-5) aufweisen. Dabei sollen 1,1 Prozent eine leichte Störung, 0,7 Prozent eine mittlere und 0,5 Prozent eine schwere Störung haben.

Damit steht fest, dass die gesunde große Mehrheit der Bevölkerung durch das Verbot von selbstschädigenden Handlungen kriminalisiert wird.

Ohne die grundsätzliche Schutz- und Fürsorgepflicht des Staates gegenüber der zu schützenden Minderheit in Frage zu stellen, zeigt all dies, dass mit § 285 StGB nicht nur ein Verhalten bestraft wird, das eigentlich nicht strafwürdig sein sollte, sondern darüber hinaus auch, dass der Straftatbestand des § 285 StGB übermäßig paternalistisch ausgestaltet ist.

Zudem erscheint das Ausmaß der Kriminalisierung unverhältnismäßig, wenn man die Größe der betroffenen Bevölkerungsschicht berücksichtigt.

Die §§ 284 ff. StGB, v. a. aber § 285 StGB, dürften nach alledem verfassungswidrig sein, da sie das aus Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Autonomieprinzip missachten und den Bürgerinnen und Bürgern vorschreiben, nur an Glücksspielen teilzunehmen, die aus der Sicht des deutschen Gesetzgebers unschädlich sind.

Dabei stellt der deutsche Gesetzgeber regelmäßig auf das formelle Kriterium der behördlichen Erlaubnis ab. Die Kriminalisierung des nicht erlaubten Glücksspielbetriebs bezieht sich gerade nicht auf die Verwerflichkeit der Veranstaltung von bzw. der Teilnahme an Glücksspielen als solcher, sondern der Kern des Unrechtsvorwurfs ist das Handeln des Veranstalters ohne behördliche Erlaubnis.67

Trotz verschärfter glücksspielrechtlicher Vorgaben des deutschen Gesetzgebers können Spieler mittels einfacher technischer Maßnahmen – z. B. durch Installation eines Virtual Private Networks (VPN) - uneingeschränkt Zugang zu Online-Glücksspielangeboten erhalten. Im Internet kursieren zahlreiche Seiten, die zeigen, wie Benutzer aus Deutschland die Geoblocking-Sperren umgehen können, z.B. hier: https://www.privacytutor.de/vpn/test/vpn-casino/. Die Nachfrage nach einem entsprechenden Glücksspielangebot ist ganz offensichtlich hoch. Online-Glücksspiel ist für viele Menschen geradezu ein Hobby, das nicht ungerechtfertigt stigmatisiert werden sollte. Soweit der Vorwurf der Strafverfolgungsbehörden sich dann auf die fehlende Erlaubnis der jeweiligen Anbieter bezieht, vergegenwärtigt dies eindrücklich, wie absurd und widersprüchlich die Existenz des § 285 StGB ist. Der Straftatbestand ist Ausdruck eines ausgearteten paternalistischen Bestrebens, das unter dem Deckmantel des vermeintlich erforderlichen Spielerschutzes schön geredet wird, während tatsächlich keine strafwürdige Handlung dies rechtfertigt.

Viele Menschen, für die das Glücksspiel ein Freizeitvergnügen darstellt, sehen sich einer Kriminalisierung ausgesetzt, obwohl sie keine Schäden an Dritten verursachen. Diese Individuen treffen die eigenständige Entscheidung, Geld für Glücksspiele auszugeben. Es erscheint offenkundig verfassungswidrig, ihnen diese Freiheit unter Strafandrohung zu entziehen, nur um sie – vermeintlich – vor sich selbst zu schützen.

Darüber hinaus liegt keine wissenschaftliche Evaluierung vor, die belegt, dass die deutsche Regulierung effektiv Schutz vor den Risiken des Glücksspiels bietet und dass die ausländischen Regulierungen unzureichend seien. Dass dies bloß behauptet wird, um die fraglichen Gesetze zu legitimieren, vermag daran nichts zu ändern. Es ist bekannt, dass Behörden und Gerichte gerne floskelartig behaupten, vom Online-Glücksspiel gingen derart hohe Gefahren aus, welche die staatliche Bevormundung notwendig machen würden.

Darauf vermag es aber nicht anzukommen, da – selbst wenn diese Gefahren real wären – sich ein Gesetz bereits aus (straf-)verfassungsrechtlichen Gründen als illegitim erweist, das ausschließlich die Freiheit des Einzelnen einschränkt, ohne dem Schutz der Rechtsgüter Dritter zu dienen.

Zu Recht wird in der Literatur seit jeher die Verfassungswidrigkeit des § 285 StGB betont und die ersatzlose Streichung des § 285 StGB gefordert:

  • „Die Legitimation des Tatbestands ist, selbst wenn man als geschütztes Rechtsgut auch öffentliche Interessen ansieht, umstritten (zutr. krit. NK-StGB/Gaede Rn. 1; für ersatzlose Streichung LK-StGB/Krehl Rn. 1)
    Fischer, StGB Kommentar, 70. Aufl., § 285 Rn. 1

  • „Die Vorschrift stellt die bloße Teilnahme an einem unerlaubten Glücksspiel als solches unter Strafe. Ein den Tatbestand legitimierendes (Straf-)Rechtsgut ist allerdings nicht zu erkennen.“
    Hohmann/Schneider, MüKo zum StGB, 4. Aufl., § 285 Rn. 1

  • „Im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit des § 285 StGB steht vor allem die Frage im Raum, ob das strafbewehrte Glücksspielteilnahmeverbot in unverhältnismäßiger Weise in die allgemeine Handlungsfreiheit der Spielteilnehmer eingreift. Diese Frage wäre insb. dann zu bejahen, wenn § 285 StGB kein schutzwürdiges Rechtsgut erkennen ließe. Teilweise wird darauf abgestellt, § 285 StGB schütze Spielteilnehmer vor spielteilnahmebedingten Vermögensverlusten bzw. Gesundheitsschäden in Form von Spielsucht. Dieser Ansicht ist entgegenzuhalten, dass die Spielteilnahme idR auf einer autonomen, freiverantwortlich getroffenen Entscheidung des Spielteilnehmers basiert, sein Vermögen und seine Gesundheit zu gefährden. Eine Pönalisierung der Spielteilnahme liefe in diesen Fällen auf einen aufgedrängten, paternalistischen Schutz eines nicht schutzbedürftigen Spielteilnehmers vor sich selbst hinaus. (…) Letzten Endes verbleibt die Erwägung, § 285 StGB bezwecke eine schlichte Sicherung der Einnahmen staatlicher Glücksspielanbieter. Auch derartige Fiskalinteressen können eine Bestrafung der Spielteilnehmer allerdings nicht legitimieren. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip steht hier einem Einsatz von Kriminalstrafe als Mittel zur Akquisition von Staatsgeldern entgegen. Mangels eines verhältnismäßigen Schutzzwecks ist § 285 StGB damit richtigerweise als verfassungswidrig einzustufen.“
    Duesberg/Buchholz, NZWiSt 2015, 16 (17 f.)

  • „Durch § 285 erklärt der Gesetzgeber auch die Beteiligung an einem illegalen Glücksspiel zu einer Straftat, die er allerdings mit einer im Vergleich zum gesamten StGB auffällig geringen Strafdrohung bewehrt. Tatsächlich ist ein strafschutzwürdiges Rechtsgut, das die Pönalisierung der Beteiligung am illegalen Glücksspiel legitimiert, von vornherein nicht ersichtlich. Die Erwägung, bereits die bloße Beteiligung eines Spielers könne andere Personen zum Mitspielen verleiten, benennt kein Rechtsgut, sondern setzt dessen Existenz stillschweigend voraus. Die Vermögensinteressen der durch das schlechte Bsp zum Mitspielen veranlassten Personen scheiden als Schutzgut der Norm schon deshalb aus, weil sich das Verhalten der anderen Personen regelmäßig als eigenverantwortliche Selbstgefährdung darstellt. Soweit die Legitimation des § 285 aus den sozialen Folgekosten des unerlaubten Glücksspiels oder dem Schutz vor einer entstehenden Spielsucht abgeleitet wird, wird verkannt, dass allein die bloße Möglichkeit eines Vermögensverfalls und hieraus resultierender sozialer Folgekosten eine Pönalisierung nicht zu tragen vermag. Die schiere eigenverantwortliche Spielteilnahme kann nicht als intrinsisch Dritte gefährdendes Verhalten gewertet werden, wenn das Glücksspiel zugleich als eine grundrechtlich geschützte Freiheitswahrnehmung gesehen wird. Und eine Situation, die es rechtfertigen könnte, die Vermögens- oder Selbstbestimmungsinteressen anderer Spieler im Interesse der Gesellschaft auch gegen den Willen der Betroffenen zu schützen, mag vorgelegen haben, als die Strafbarkeit der Beteiligung am Glücksspiel durch das Glücksspielgesetz v. 23.12.1919 eingeführt wurde. (…) Nach alledem ist die Norm de lege ferenda ersatzlos zu streichen.“
    Gaede, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen/Saliger, StGB, 6. Aufl., § 285, Rn. 1

  • „§ 285 soll angeblich wie auch § 284 die durch Gesetz dem Staat eingeräumte Befugnis zur Glücksspielregulierung) schützen und stellt (sogar) das Spielen selbst unter Strafe. Demnach handelte es sich ebenfalls um ein Tätigkeits- und abstraktes Gefährdungsdelikt. Dass die staatliche Regulierungsbefugnis ihrerseits nach allen vertretenen Meinungen im Wesentlichen zum Schutz der einzelnen Individuen besteht, verdeutlicht bereits prima facie, dass der Spieler das tatbestandlich geschützte Rechtsgut des § 284 nicht verletzen kann. Ein legitimes Rechtsgut ist nicht erkennbar. In Wahrheit ist § 285 schlicht verfassungswidrig und stellt eine illegitime Poenalisierung des sich selbst schädigenden Opfers dar. Der sich selbst schädigende Konsum „verbotener Dinge“ darf aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht unter Strafe gestellt werden, auch wenn durch diesen Konsum das verbotene Tun Anderer stabilisiert und das Verbot selbst dadurch destabilisiert wird, nähere Ausführungen müssen hier aus technischen Gründen unterbleiben. § 285 muss ersatzlos gestrichen werden.“
    ** Wietz/Matt, in: Matt/Renzikowski, 
Strafgesetzbuch, 2. Aufl., § 285, Rn. 1**

  • „Die als abstraktes Gefährdungsdelikt (Hohmann MK 4) konzipierte Vorschrift bedroht die Beteiligung am öffentlichen Glücksspiel mit Strafe, die allenfalls unter dem problematischen Gesichtspunkt der staatlichen Kanalisierung der Spielsucht (vgl. § 284 RN 4) zu legitimieren ist (krit. auch Fischer 1, Gaede NK 1, Hohmann MK 1 ff., Krehl LK 1; diff. SSW-Rosenau 2) und sich daher erheblichen verfassungsrechtl. Bedenken ausgesetzt sieht (Verfassungswidrigkeit wird bejaht von Bertrand aaO 134, 214, Duesberg/Buchholz NZWiSt 15, 18, AnwK-Putzke 1). Die Norm sollte de lege ferenda ersatzlos gestrichen werden.“
    ** Heine/Hecker, in: Schönke/Schröder, 
Strafgesetzbuch, 30. Aufl. 2019, § 285, Rn. 1**

b) Zur Frage der Einschlägigkeit der §§ 284 ff. StGB als Geldwäschevortaten

Ungeachtet der Verfassungswidrigkeit von § 285 StGB wären die §§ 284 ff. StGB mit Blick auf die vorliegende Sachverhaltskonstellation von ausländischen Glücksspielanbietern, die ohne deutsche Erlaubnis agieren, wohl ohnehin nicht geeignet, eine etwaige Vortat der Geldwäsche zu begründen, auf deren Basis eine geldwäscherechtliche Verdachtsmeldung abzugeben wäre.

Zwar erfüllen ausländische Online-Glücksspielanbieter regelmäßig den objektiven Tatbestand des § 284 Abs. 1 StGB, wenn sie - ohne über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV 2021 erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis zu verfügen - ein entsprechendes Angebot bereitstellen, das aus Deutschland heraus abrufbar ist. Aufgrund der Ausgestaltung des § 284 StGB als abstraktes Gefährdungsdelikt68 wäre bei unterstellter Tatbestandsverwirklichung im Ausland jedoch weder ein inländischer Handlungsort noch ein inländischer Erfolgsort zu identifizieren, sodass die §§ 284 ff. StGB als taugliche Vortat(en) der Geldwäsche schon mangels Anwendbarkeit deutschen Strafrechts nicht in Frage kommen dürften. Eine andere Rechtsauffassung stünde im eklatanten Widerspruch zur neuen Rechtsprechung des BGH, wonach nicht mehr zwischen rein abstrakten und abstrakt-konkreten Gefährdungsdelikten unterschieden wird, sondern eine von der Tatbestandserfüllung abtrennbare Außenweltsveränderung im Inland erfordert, die beim Online-Glücksspiel nicht angenommen werden kann (Artikel folgt).

Zugleich würde eine gegenteilige Auffassung auch die klar ersichtliche gesetzgeberische Wertung, in Reaktion auf die geänderte Rechtsprechung des BGH die § 130 StGB und §§ 86, 86a StGB - nicht aber die §§ 284 ff. StGB - in den Katalog des § 5 StGB mit aufzunehmen, missachten.

Darüber hinaus dürften sich ausländische Glücksspielanbieter weder durch (a) die Annahme von Geldern ihrer Spieler noch (b) durch die wie auch immer geartete Verwertung der Spielsätze wegen Geldwäsche nach § 261 StGB strafbar machen:

  • In erstgenannter Konstellation rühren die Einsätze der Spieler („Vermögensgegenstand“) nämlich schon nicht aus einer rechtswidrigen Tat her; sind mithin keine inkriminierten Gelder, sondern vielmehr makellos. Es handelt sich bei den Spieleinsätzen um ein für die Teilnahme notwendiges Mittel. Damit liegt keine „Vortat“ i. S. d. § 261 StGB vor.

  • In letztgenannter Konstellation dürfte im Hinblick auf § 284 Abs. 1 StGB eine strafbare Vortat nicht nur deshalb ausscheiden, weil gemäß §§ 3, 9 StGB das deutsche Strafrecht nicht zur Anwendung gelangt (s. o.), sondern daneben selbständig auch wegen fehlender Strafbarkeit am Auslandstatort (vgl. § 261 Abs. 9 Nr. 1 StGB), sofern die Betreiber am Auslandsort über eine tatbestandsausschließende Erlaubnis verfügen.

Auch dahingehende verdachtsbegründende und die geldwäscherechtliche Meldepflicht auslösende Umstände wären demnach nicht in der Lage, den Verdacht auf Geldwäsche zu erhärten und führen insoweit nur zu einer ungerechtfertigten Stigmatisierung.

Freilich wäre eine geldwäscherechtliche Verdachtsmeldung bei einer Auszahlung eines Glücksspielanbieters an einen deutschen Spieler gleichwohl abzugeben, da es sich bei der Auszahlung um die Folge einer bereits abgeschlossenen Spielteilnahme handelt und es sich – auch ohne den tatsächlichen Aufenthaltsort des Spielers während des Spiels zu kennen – bei den ausgezahlten Geldern um einen aus einer strafbaren Vortat, nämlich § 285 StGB, herrührenden Gegenstand handeln könnte. Insofern dürften verdachtsbegründende Umstände regelmäßig vorliegen.

c) Rechtsstaatliche Bedenken gegenüber Verdachtsmeldepflicht nach dem GwG

Die gesetzgeberisch vorgesehene Privatisierung von Strafverfolgungsaufgaben, bei denen Verpflichtete „zum verlängerten Arm der Ermittlungsbehörden“69 werden, ist zu Recht bereits hinlänglich kritisiert worden.70 Wirtschaftsteilnehmer sollen gewissermaßen als „Hilfspolizisten“71 herangezogen werden, die eigenständig Verdachtsmomente ermitteln, um den eigentlich dafür zuständigen Ermittlungsbehörden die Einleitung von Ermittlungsverfahren zur Aufklärung von Straftaten bzw. der Sicherstellung von Vermögenswerten zu ermöglichen respektive insoweit zu unterstützen. Wenngleich derartige Verdachtsmeldungen keine Strafanzeigen72 sind, sondern eine eingehende Prüfung dahingehend anregen sollen, ob ein strafprozessualer Anfangsverdacht vorliegt73, ist dieses gesetzgeberische Konzept unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten bedenklich.

Die vorstehenden Ausführungen verdeutlichen dies umso mehr, als Meldeverpflichtete geldwäscherechtliche Verdachtsmeldungen bei Transaktionen von ausländischen Glücksspielanbietern im Zweifel großzügig zu äußern werden, obwohl sie in der Sache unbegründet sind. Dies führt neben einer unerwünschten erheblichen Stigmatisierung der vermeintlichen Täter quantitativ zu einem enormen Zuwachs an Meldeaufkommen, bei dem eine sinnvolle Abarbeitung durch die FIU oder die Strafverfolgungsbehörden nur schwer zu leisten sein wird.74 Dem Gesetzgeber dürfte insoweit eher die Prämisse „Masse statt Klasse“ zugrunde gelegen haben.

IV. Fazit

Das gesetzgeberische Regelungsregime der geldwäscherechtlichen Verdachtsmeldung erzielt im Kontext von Transaktionen aus dem Glücksspielsektor nicht die erhoffte Wirkung und kann keineswegs zu einer effektiven Strafverfolgung beitragen.

Die Glücksspielanbieter selbst, deren Aktivitäten unterbunden werden sollen, können sich nach der hiesigen Rechtsauffassung nicht der Geldwäsche strafbar machen: Die Annahme der Spielereinsätze kann mangels einer strafbaren Vortat nicht als geldwäscherechtliche Tat eingestuft werden. Die Verwertung dieser Einsätze durch die Glücksspielanbieter kann ebenfalls mangels einer strafbaren Vortat nicht als geldwäscherechtliche Tat eingestuft, solange das Veranstalten im Ausland nicht strafbar ist (§ 261 Abs. 9 Nr. 9 StGB). Hierzu kommt es jedoch nicht auf die deutsche Erlaubnis, sondern auf die Existenz einer ausländischen am Herkunftsland an.

Damit verbleiben nur noch die Spieler in Deutschland, die wegen ihrer Teilnahme an einem Glücksspiel, welches nicht nach deutschem Recht erlaubt ist, mit einem verfassungswidrigen Strafgesetz kriminalisiert werden. Dies ist schon deswegen bedenklich, weil eine völlig harmlose Bevölkerungsschicht trotz erheblicher verfassungsrechtlicher Bedenken kriminalisiert wird, von der keinerlei kriminelle Energie ausgeht. Es ist überaus problematisch, dass Bankkunden – als Reaktion auf die geldwäscherechtlichen Verdachtsmeldungen der Banken – regelmäßig Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit § 285 StGB und § 261 StGB ausgesetzt werden, obwohl § 285 StGB offensichtlich verfassungswidrig ist. Diese gängige Praxis muss dringend enden. Den Banken ist insofern kein Vorwurf zu machen, wenn sie Verdachtsmeldungen tätigen, die darauf beruhen, dass bei einem deutschen Spieler von einem unerlaubten Glücksspielanbieter eine Gewinnauszahlung festgestellt wurde. Es fragt sich jedoch, welchen Sinn und Zweck es haben soll, nicht-kriminelle Personen strafrechtlich zu verfolgen. Diese Ermittlungsverfahren dürften in der Regel eingestellt werden müssen, da die Spieler oft (angeblich) nicht wissen, dass sie an einem unerlaubten Glücksspiel teilnehmen. Eine kurze Überprüfung der zivilrechtlichen Rückforderungsurteile von Spielern gegen unerlaubte Anbieter durch jeden Staatsanwalt wird dies bestätigen. In diesen Fällen wird mangels Vorsatzes keine Strafbarkeit nach § 285 StGB angenommen, weshalb der Rückforderungsanspruch im Ergebnis bejaht wird. Aus den zivilrechtlichen Verfahren ist kein Ermittlungsverfahren bekannt. Für die gleiche Handlung werden die Spieler aber strafrechtlich verfolgt, wenn die Bank einen Gewinneingang feststellt.

Im Ergebnis werden Personen, die keine kriminellen Absichten haben, strafrechtlich verfolgt und das ohnehin schon überforderte Justizsystem wird aufgrund einer ungerechtfertigten Stigmatisierung von Sachverhalten, die letztlich keinen Anlass für eine etwaige Geldwäschestrafbarkeit liefern, weiter überlastet.

Nach den vorherigen Darstellungen wäre eine geldwäscherechtliche Verdachtsmeldung nämlich jedenfalls dann abzugeben, wenn seitens eines ausländischen Glücksspielanbieters eine Gewinnauszahlung auf ein deutsches Bankkonto erfolgt. Eine Pflicht der Banken zur weiteren Sachverhaltsaufklärung, z.B. dahingehend, ob die Spielteilnahme tatsächlich aus Deutschland erfolgt ist, oder ob der Spieler aus dem Ausland (z.B. im Urlaub) gespielt hat, ob der Kunde wusste, dass er an einem unerlaubten Glücksspiel teilnimmt und daher nicht nach § 285 StGB strafbar ist, besteht dabei nicht.

Bankinstitute sehen sich unter dem Druck erheblicher Geldbußen dazu gezwungen, bei Transaktionen von ausländischen Glücksspielanbietern in ausufernder Häufigkeit geldwäscherechtliche Verdachtsmeldungen zu erstatten, woraufhin ungerechtfertigte Ermittlungsverfahren eröffnet werden, die letztlich in aller Regel ergebnislos eingestellt werden müssen, insbesondere, wenn die Beschuldigten nicht einmal wussten, dass eine deutsche Erlaubnis erforderlich ist und sie insoweit einem (unvermeidbaren) Verbotsirrtum gemäß § 17 S. 1 StGB unterlagen. Die geldwäscherechtliche Verdachtsmeldung führt hier lediglich zu einer unnötigen Vielzahl von ergebnislosen Ermittlungsverfahren. Begrenzte Ressourcen der Justiz werden unnötig eingespannt. Hobby-Casino-Spieler, von denen keinerlei kriminelle Energie ausgeht, werden pauschal-stigmatisierend Ermittlungsverfahren ausgesetzt und mit dem Vorwurf eines verfassungswidrigen Straftatbestands konfrontiert. Es ist davon auszugehen, dass diese Verfahren mit Strafbefehlen abgeschlossen werden müssen. Diejenigen Spieler, die sich nicht anwaltlich beraten lassen, laufen große Gefahren, rechtskräftig wegen § 285 StGB verurteilt zu werden. Staatsanwälte bejahen regelmäßig nach den Erfahrungen des Unterzeichners die Strafbarkeit nach § 285 StGB, solange sie nicht von ihrem Verteidiger auf die o.g. Besonderheiten hingewiesen werden.

Die paternalistische Herangehensweise des deutschen Gesetzgebers an das Glücksspielrecht führt (auch) im Kontext der geldwäscherechtlichen Verdachtsanzeigen zu ausschließlich ungerechtfertigten Konsequenzen. Beurteilt man die Pflicht zur geldwäscherechtlichen Verdachtsanzeige bei Transaktionen im Glücksspielsektor anhand einer Prüfung ihrer Zweck-Mittel-Relation, so kann man nur zu dem Ergebnis gelangen, dass zwar der gesetzgeberische Zweck, eine effektive Strafverfolgung von Geldwäschedelikten zu ermöglichen, legitim, aber das Mittel der geldwäscherechtlichen Verdachtsanzeige hierzu weder erforderlich noch geeignet im engeren Sinne sein kann. Die Verdachtsmeldepflicht führt zu ungerechtfertigten Ermittlungsverfahren, in denen der rechtsfehlerhafte Vorwurf eines verfassungswidrigen Tatbestands erhoben wird. Die geldwäscherechtliche Verdachtsmeldepflicht schadet hierbei mehr als sie zur effektiven Strafverfolgung beitragen kann. Während anderweitig händeringend justizielle Ressourcen benötigt werden, sorgt die dargestellte Meldepflicht für eine regelrechte Verschwendung ebendieser.

Auch unter diesem Aspekt gilt: Der Gesetzgeber hat der Pflicht zur Entkriminalisierung nachzukommen und § 285 StGB ersatzlos zu streichen.


Fußnoten:
1) RL (EU) 2018/1673 des Europäischen Parlamentes und des Rates v. 23.10.2018 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche, ABl. 2018 L 284, 22.
2) Gesetzesentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche, BT-Drs. 19/24180, 20.
3) Gazeas, Das neue Geldwäsche-Strafrecht: Weitreichende Folgen für die Praxis, NJW 2021, 1041 Rn. 4.
4) Fischer, StGB, § 261, Rn. 1.
5) Fischer, Ein Volk von Geldwäschern, Journal der Juristischen Zeitgeschichte, vol. 15, no. 3, 2021, pp. 114 (114).
6) Bundesnotarkammer, Geldwäschegesetz 2021, Oktober 2021, Auslegungshinweise, abrufbar unter: https://www.bnotk.de/fileadmin/user_upload_bnotk/anwendungsempfehlungen/Auslegungs-_und_Anwendungshinweise_zum_GwG_2021.pdf (zuletzt abgerufen am: 13.10.2023), S. 2.
7) FATF, International Standards On Combating Money Laundering And The Financing Of Terrorism & Proliferation, The FATF Recommendations, 12, 38, 120.
8) Gazeas, Das neue Geldwäsche-Strafrecht: Weitreichende Folgen für die Praxis, NJW 2021, 1041 Rn. 31; Nestler, Widerrechtliche Einschränkung der strafbefreienden Selbstanzeige gem. § 371 AO durch die BaFin, wistra 2015, 329 (330); OLG Frankfurt a. M. WM 2019, 586 (588).
9) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 8; Barreto da Rosa, in Herzog, § 43 GwG Rn. 8.
10) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 2; Barreto da Rosa, in Herzog, § 43 GwG Rn. 8.
11) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 1.
12) Herzog, Der Banker als Fahnder, WM 1996, 1753 ff.; Sommer, Geldwäschemeldungen und Strafprozess, StraFo 2005, 327 ff.
13) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 1.
14) https://www.hilfssheriff.de/ueber-hilfssheriff/
15) Gazeas, Das neue Geldwäsche-Strafrecht: Weitreichende Folgen für die Praxis, NJW 2021, 1041 Rn. 31;  BT-Drs. 18/11928, 26
16) BT-Drs. 18/11928, 26; BT-Drs. 17/6804, 21; Barreto da Rosa in Herzog, § 43 GwG Rn. 16 ff.
17) Kämmerer, Verschwiegenheit von Steuerberatern – ein grundrechtlich geschütztes Gut, DStR 2020, 2890 (2896).
18) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 11.
19) Carl/Klos, Verdachtsmeldepflicht und Strafaufhebung in Geldwäschefällen, wistra 1994, 161 (163).
20) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 12.
21) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 13.
22) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 25.
23) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 25.
24) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 14; Barreto da Rosa, in Herzog, § 43 GwG Rn. 39.
25) etwa von *FATF*, Aufsichtsbehörden, der *FIU* oder Verbänden und Vereinigungen.
26) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 16.
27) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 16.
28) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 16.
29) Komma, Der Geldwäscheverdacht als Haftungsfalle, CB 2019, 197 (198).
30) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 16
31) Schmalenbach, Ausführungsverbote bei Zahlungsaufträgen – internationale und unionsrechtliche Fragen, RdZ 2021, 105 (111).
32) Barreto da Rosa, in Herzog, § 43 GwG Rn. 29.
33) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 16a.
34) Nestler, Widerrechtliche Einschränkung der strafbefreienden Selbstanzeige gem. § 371 AO durch die BaFin, wistra 2015, 329 (330); Weferling/Engelbrecht, WpHG und GwG-Verdachtsmeldungen, ZRFC 2016, 218 (221).
35) BT-Drs. 17/6804, 35.
36) OLG Frankfurt am Main, BeckRS 2013, 6607; Barreto da Rosa, in Herzog, § 43 GwG Rn. 19.
37) Szesny/Kuthe Compliance/Stauder § 25 Rn. 249.
38) so OLG Frankfurt am Main, WM 2019, 586 (589).
39) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 18.
40) BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, S. 73 ff.
41) https://www.bafin.de/ref/19682706
42) https://www.bafin.de/ref/19679276
43) https://www.bafin.de/ref/19609094
44) Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages, WD 7 - 3000 - 030/21, https://www.bundestag.de/resource/blob/843114/f4f576efff6fa7b1a1d9a5c961021f4d/WD-7-030-21-pdf-data.pdf (abgerufen am 13.10.2023), S. 19.
45) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 16.
46) Komma, Der Geldwäscheverdacht als Haftungsfalle, CB 2019, 197 (198).
47) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 16.
48) Nestler, Widerrechtliche Einschränkung der strafbefreienden Selbstanzeige gem. § 371 AO durch die BaFin, wistra 2015, 329 (330); Weferling/Engelbrecht, WpHG und GwG-Verdachtsmeldungen, ZRFC 2016, 218 (221).
49) BT-Drs. 17/6804, 35.
50) Szesny/Kuthe Compliance/Stauder § 25 Rn. 249.
51) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 1.
52) Hollering, in: BeckOK StGB, v. Heintschel-Heinegg, Stand 08/2023, § 285, Rn. 1;
53) Sarafi, Die Kriminalisierung des Glücksspiels durch die §§ 284 ff. StGB unter strafverfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, ZfWG 2019, 469 (473); Hohmann/Schneider, MüKo zum StGB, 4. Aufl., § 285 Rn. 1; Duesberg/Buchholz, NZWiSt 2015, 16 (17 f.); Gaede, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen/Saliger, StGB, 6. Aufl., § 285, Rn. 1; Wietz/Matt, in: Matt/Renzikowski, Strafgesetzbuch, 2. Aufl., § 285, Rn. 1; Heine/Hecker, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30. Aufl. 2019, § 285, Rn. 1.
54) BVerfG, Beschluss vom 11.1.2016, 2 BvR 2961/12, Rn. 26; BVerfG, Beschluss vom 5.7.2013, 2 BvR 708/12, Rn. 33.
55) BVerfG, Beschluss vom 11.1.2016, 2 BvR 2961/12, Rn. 26; BVerfG, Beschluss vom 5.7.2013, 2 BvR 708/12, Rn. 33.
56) BVerfG, Beschluss vom 14.6.2023, 2 BvL 3/20, 2 BvL 8/23, 2 BvL 2/23, 2 BvL 1/23, 2 BvL 14/22, 2 BvL 13/22, 2 BvL 12/22, 2 BvL 5/22, 2 BvL 4/22, 2 BvL 3/22, 2 BvL 7/21, 2 BvL 5/21, 2 BvL 14/20.
57) https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/politiklexikon/296361/gesellschaftsvertrag/
58) ebenda.
59) BVerfG, 11.8.1999 – 1 BvR 2181/98 = NJW 1999, 3399, 3401.
60) Frister, AT, 10, Rn. 15.
61) BVerfG, Urteil vom 26.2.2020, 2 BvR 2347/15, Rn. 305.
62) Duttge, NJW 2016, 120, 121.
63) Vgl. zu dieser Thematik: Frisch, NStZ 1992, 1, 4 f.
64) BVerfG, 11.8.1999 – 1 BvR 2181/98 = NJW 1999, 3399, 3401; siehe hierzu auch Jahn, ZIS 2/2006, Seite 57 ff.
65) BVerfG, Urteil vom 26.2.2020, 2 BvR 2347/15, 2 BvR 651/16, 2 BvR 1261/16, 2 BvR 1593/16, 2 BvR 2354/16, 2 BvR 2527/16.
66) Buth/Meyer/Kalke, Glücksspielteilnahme und glücksspielbezogene Probleme in der Bevölkerung, Ergebnisse des Glücksspiel-Survey 2021, S. 5 (abrufbar unter: https://www.isa-guide.de/wp-content/uploads/2022/03/Bericht_Gluecksspiel-Survey-2021.pdf).
67) Vgl. Hambach/Berberich, Glücksspielstrafrecht – unionsrechtskonforme Auslegung der §§ 284–287 StGB, ZfWG 2016, 299 (300).
68) BGH BeckRS 2020, 10600 Rn. 19 = HRRS 2020 Nr. 777; Heine/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, § 284 Rn. 5; Gaede, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl. 2017, § 284 Rn. 5; Putzke, in: AnwaltKommentar StGB, 3. Aufl. 2020, § 284 Rn. 2.
69) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 1.
70) Herzog, Der Banker als Fahnder, WM 1996, 1753 ff.; Sommer, Geldwäschemeldungen und Strafprozess, StraFo 2005, 327 ff.
71) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 1.
72) Gazeas, Das neue Geldwäsche-Strafrecht: Weitreichende Folgen für die Praxis, NJW 2021, 1041 Rn. 31.
73) BT-Drs. 18/11928, 26; BT-Drs. 17/6804, 21; Barreto da Rosa in Herzog, § 43 GwG Rn. 16 ff.
74) BeckOK GwG/Pelz GwG § 43 Rn. 28.