Das Tribunal Superior de Justicia de la Comunidad Valencia hat dem EuGH mit Entscheidung vom 23.09.2023 zahlreiche Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, deren Beantwortung auch für deutsche Verwaltungsverfahren von großer Bedeutung sein dürfte.
Das vorlegende spanische Gericht zweifelt darin die Unionsrechtskonformität von Abstandsregelungen an, die trotz zahlreicher Zugangsbeschränkungen für private Glücksspielstätten gelten. Konkret geht es unter anderem um Abstandsvorschriften zwischen privaten Spielhallen (500 Meter) sowie Abstandsvorschriften für private Glücksspieleinrichtungen zu Bildungseinrichtungen (850 Meter).
Das spanische Gericht bezweifelt insbesondere die Kohärenz dieser Regelungen vor dem Hintergrund, dass diese Abstandsgebote nur für private Einrichtungen gelten, nicht aber für staatliche Glücksspielangebote. Zudem, so das vorlegende Gericht, seien ausreichende Schutzmaßnahmen bereits durch umfassende Zugangskontrollen und -beschränkungen gewährleistet, so dass es zusätzlicher Abstandsgebote nicht bedürfe.
Das Gericht geht in der Begründung für seine Vorlage an den EuGH davon aus, dass diese einseitigen Beschränkungen für private Glücksspielanbieter zu einer unzulässigen Wettbewerbsverzerrung und zur Entwicklung eines staatlichen Glücksspielmonopols führen.
Verletzt sein könnten nach Auffassung des spanischen Gerichts insbesondere die Art. 26, 49 und 56 AEUV. Als Stichworte werden in dem Vorabentscheidungsersuchen insbesondere genannt:
„Vereinbarkeit der nationalen Regelung mit den Art. 26, 49 und 56 AEUV – Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit – Vorhandensein weniger restriktiver Maßnahmen – Gleichbehandlung – Wettbewerbsverzerrung“.
Das Verfahren ist beim EuGH unter dem Aktenzeichen – C-719/23 – anhängig.
In Deutschland warten die Betreiber privater Glücksspieleinrichtungen wie Spielhallen und Wettvermittlungsstellen schon lange auf eine entsprechende Vorlage an den EuGH, wie sie nun aus Spanien erfolgt ist. Leider haben die ganz überwiegend politisch opportunen deutschen Verwaltungsgerichte bislang jeden Antrag einer Vorlage an den EuGH abgelehnt.
Kippt der EuGH nun die einseitigen spanischen Abstandsgebote für private Glücksspielangebote, würde dies wohl auch vielen Abstandsgeboten in den deutschen Landesglücksspielgesetzen endgültig die Grundlage entziehen.
Aufgrund der dem EuGH nun vorliegenden Fragen, deren Beantwortung auch für Verfahren in Deutschland von maßgeblicher Bedeutung sein wird, dürften nun jedenfalls ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit von zahlreichen Verwaltungsakten bestehen, in welchen landesrechtliche Abstandsgebote zur Grundlage für Schließungen und Untersagungen von Spielhallen und anderen privaten Glücksspieleinrichtungen (z.B. Wettvermittlungsstellen) gemacht wurden und werden.