Rechtsprechungsnovelle in Spielerklagen

Rechtsanwältin Michelle Hembury

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In einem vor dem Landgericht Ulm durchgefochtenen Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit der Rückforderungsansprüche eines Spielers bekam das beklagte Sportwettunternehmen vollumfänglich Recht zugesprochen. Die klägerseitigen Anträge auf Rückzahlung erlittener Wettverluste wurden abgewiesen. Brisanz hat das Urteil vom 21.02.2023 neben dem Ergebnis insbesondere deswegen, weil die entscheidende Richterin aufgrund sachlicher Erwägungen zu dem Schluss kam, dass die zugrunde liegenden Sportwettverträge wirksam waren – auch ohne förmliche Glücksspielerlaubnis der Sportwettanbieterin.

Die Diskussion rund um die Bestandskraft der Wettverträge (§ 134 BGB) brodelt bereits seit Jahren unter der Oberfläche, wurde nunmehr jedoch aufgrund zunehmender Klagen an die Oberfläche gespült. Trotz propagierter Vereinfachung der Materie sowohl seitens der landläufigen Presse als auch jener Klägervertreter, die hierin ein lukratives Geschäftsmodell sehen, sind die zugrundeliegenden Rechtsfragen mannigfaltig und divers. Nüchtern betrachtet - jegliches Stigma zum Thema Glücksspiel und Sportwetten ausgeklammert - bieten die Spielerklagen Spielfeld für verwaltungsrechtliche, unionsrechtliche sowie zivilrechtliche Grundsatzfragen und vereinen damit gebietsübergreifend anspruchsvolle Kernthemen.

Das zitierte Urteil aus Ulm zeigt dies wie ein Paradebeispiel und kann, damit wäre wohl nicht zu hoch gegriffen, zugleich auch als Präzedenzentscheidung der jüngeren Rechtsprechung bewertet werden. Richtigerweise stellt die entscheidende Richterin fest, dass die Notwendigkeit einer förmlichen Erlaubnis nur erwartet werden könne, wenn das ihr vorausgehende Erlaubnisverfahren in sich (unions)rechtmäßig und – vorallem – möglich war. Ein starres Beharren auf der Existenz einer Sportwetterlaubnis entspräche nicht der Tatsache, dass das Erlaubnisverfahren jedoch abgebrochen und niemals beendet worden war. Diese Feststellung schließt sich insofern nahtlos an die bundesverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung von 2016 an und bestätigt die beklagtenseits vorgebrachten Argumente. Die Wirkung einer hypothetischen Erlaubnis käme den Anbietern zugute, die sich aktiv um eine Erlaubnis bemüht haben. Jenes Bemühen müsse sich in einer ernsthaften Antragsstellung manifestiert haben. Zugleich klärt die entscheidende Richterin auf, dass nicht nur der Vorwurf des illegalen Spielangebots im Sinne von § 284 StGB und § 4 Abs. 4 GlüStV damit hinfällig werde, sondern zusätzliche Vorhaltungen im Hinblick auf das konkrete Sportwettangebot keine Relevanz für die Bestandskraft der Wettverträge haben könne. Dies schließt solche Randthemen wie Domain, Wettarten und Limits ein.

Das Urteil aus Ulm reiht sich somit in die Liste der jüngsten Rechtsprechung aus Hessen ein, in denen sich die Richter bereits 2022 und im März 2023 mit diesen Fragen befasst hatten und im Ergebnis eine Bestandskraft der Wettverträge bejahten.