Großbritanniens Glücksspielbranche steht vor einem tiefgreifenden Umbruch. Die Regierung hat im Herbsthaushalt eine drastische Erhöhung der Steuerlast für Online-Glücksspiele angekündigt. Die Reform betrifft nahezu alle digitalen Märkte und wird ab 2026 bzw. 2027 schrittweise umgesetzt.
Nach Angaben des Office of Budgetary Responsibility (OBR) rechnet der Staat damit, bis zum Haushaltsjahr 2029/30 rund 1,1 Milliarden Pfund zusätzlich durch Glücksspielsteuern einzunehmen.
Deutliche Steuererhöhungen ab 2026 und 2027
Kernstück der Reform ist die Anhebung der Steuer auf Online-Glücksspiele:
- 40 % Glücksspielsteuer auf Online-Gaming ab April 2026 (bisher: 21 %)
- 25 % neue Steuer auf Online-Wetten ab April 2027 (bisher: 15 %)
Die neue Wettsteuer soll exklusiv für Gewinne aus Online-Wetten gelten. Spread-Wetten, Pool-Wetten und Pferdewetten bleiben ausdrücklich ausgenommen, ebenso Wetten, die an Selbstbedienungsterminals abgeschlossen werden.
Die Reform folgt einer Konsultation, die im Frühjahr startete und ursprünglich darauf abzielte, die verschiedenen Steuerarten (Fernspielsteuer, Fernwettsteuer, Spielautomatensteuer) zu vereinheitlichen. Statt einer moderaten Anpassung erfolgt nun ein massiver Sprung, der den Markt neu sortieren könnte.
Milliardeneinnahmen – trotz sinkender Nachfrage
Die Regierung geht davon aus, dass die Betreiber den Großteil der Mehrbelastung an die Kundinnen und Kunden weitergeben werden – in Form von schlechteren Auszahlungsquoten oder Preisanpassungen.
Laut Haushaltsplan könnten bis zu 90 % der Steuererhöhungen so auf die Verbraucher übergehen. Dies wiederum würde die Nachfrage senken, weshalb ab 2029/30 mit sinkenden Steuereinnahmen (minus 500 Mio. Pfund) gerechnet wird.
Für die nächsten Jahre bleibt die Einnahmeerwartung dennoch rekordhoch:
- 2025/26: 4 Mrd. Pfund Glücksspielsteuereinnahmen (+9,8 % gegenüber Vorjahr)
- 2026/27: 5 Mrd. Pfund (+24,8 % gegenüber Vorjahr)
Entlastung beim Bingo – Stillstand bei Casino-Steuersätzen
Im Gegensatz zur deutlichen Belastung des Online-Sektors gibt es bei anderen Sparten kleinere Änderungen:
- Der Bingo-Steuersatz von 10 % wird abgeschafft.
- Die Steuerklassen für landbasierte Casinos werden eingefroren.
Diese Maßnahmen sollen stationäre Betriebe entlasten, nachdem der Fokus der Reform klar auf dem Online-Geschäft liegt.
Politische Debatte: Wie weit darf der Staat gehen?
Schon im Frühjahr hatten HM Revenue & Customs und das Finanzministerium ein einheitliches Steuermodell für Online-Glücksspiele vorgeschlagen. Branchenvertreter kritisierten damals, dass gerade eine höhere Abgabe auf Online-Wetten den Einzelhandel und den Pferderennsport gefährden könnte.
Auch mehrere Thinktanks schalteten sich in die Debatte ein – einige forderten sogar Steuersätze von bis zu 50 %.
Im Oktober befragte der Finanzausschuss des Parlaments zahlreiche Expertinnen und Experten zu den erwarteten Folgen, darunter auch die Auswirkungen auf problematisches Glücksspiel. Zudem geriet die Branche unter Druck, weil viele Unternehmen ihre Online-Aktivitäten weiterhin über Offshore-Standorte steuern.
Im Abschlussbericht empfahl der Ausschuss, Glücksspielsegmente nach Risikoprofilen getrennt zu besteuern – ein Ansatz, der von der Regierung nur teilweise umgesetzt wurde.
Massive Folgen für den Markt erwartet
Mit der jetzt beschlossenen Reform wird die britische Glücksspielsteuer zu den höchsten in Europa gehören. Die Branche warnt vor:
- steigenden Preisen und sinkenden Auszahlungsquoten
- geringerer Attraktivität legaler Anbieter
- potenziellen Marktverzerrungen
- einer Abwanderung zu unregulierten Offshore-Seiten
Ob die Steuererhöhung den gewünschten Lenkungseffekt bringt – oder die Kanalisierung gefährdet –, wird sich ab 2026 zeigen.