Neuigkeiten aus dem Bereich des Glückspiel-Rechts

Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr

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Erst vor kurzem hat der EuGH (Urt. v. 6 . November 2003 – Az.: C-243/01 – Gambelli) eine wegweisende Entscheidung in Sachen Glücksspiele getroffen. Vgl. dazu den Artikel von RA Dr. Bahr: „Glücksspiele: Grundlegende Änderung der Rechtsprechung“.

Nun gibt es eine weitere Entscheidung in diesem Themengebiet.

Das AG Heidenheim (Beschl. v. 01.12.2003 – Az.: 3 Ds 424/03 = PDF, 76 KB) ist der Ansicht des EuGH und des LG München I (Beschluss v. 27.10.2003 – Az.: 5 Qs 41/2003) gefolgt und hat Werbung in Deutschland für in Österreich zugelassene Sportwetten für nicht verboten erklärt.

Das AG hat die Eröffnung des strafrechtlichen Hauptsacheverfahrens abgelehnt, weil eine Strafbarkeit wegen illegalen Glücksspiels (§ 284 StGB) ausscheidet:

„§ 284 StGB hat im vorliegenden Fall unanwendbar zu bleiben, da er einen unverhältnismäßigen Eingriff in die durch EG-Vertrag gewährleistete Dienstleistungsfreiheit und Niederlassungsfreiheit der österreichischen C (…) GmbH und der mit dieser zusammenarbeitenden Angeschuldigten darstellt.

(…) Nach der Rechtsprechung des EuGH (…) liegt sowohl ein Eingriff die Niederlassungsfreiheit als auch ein Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit (…) vor.

Ein solcher Eingriff bzw. eine solche Beschränkung ist nach der Rechtsprechung des EuGH nur mit zwingenden Gründen des Allgemeininteresses zu rechtfertigen. Als zwingendes Allgemeininteresse hat der EuGH grundsätzlich den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt.“

Und weiter:

„(…) § 284 StGB [verbietet] das Glücksspiel nicht an und für sich, sondern lässt mit behördlicher Erlaubnis das Glücksspiel zu. (…) Insoweit, d.h. für die Erreichung dieses anzuerkennenden Zieles, fehlt es (…) an der Erforderlichkeit der geltenden Regelung.

(…) Nach alledem ist § 284 StGB im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Auf die streitigen Fragen insbesondere der Auslegung des Begriffs Glücksspiel, Veranstalten etc. kommt es nach alledem nicht an.“

Trotz dieser Entscheidung ist die Rechtslage nach wie vor uneinheitlich. Von einer gesicherten Rechtsprechung kann derzeit noch nicht die Rede sein.

Dies wird auch durch die Rechtsansicht des Innenministerium von Nordrhein-Westfalen bekräftigt: Die Behörde wird nach eigenem Bekunden – bis auf weiteres – an der Erforderlichkeit einer deutschen Genehmigung festhalten. Sie stützt sich dabei insbesondere auf die auch vom EuGH vertretene Ansicht, eine solche Beschränkung des Glücksspiels könne insbesondere durch ordnungsrechtliche Umstände gerechtfertigt sein. Solche Umstände sieht die Behörde u.a. in den vom SportwettenG NRW verfolgten Zielen, eine übermäßige Anregung der Nachfrage von Glücksspielen zu verhindern, durch staatliche Kontrolle einen ordnungsgemäßen Spielablauf zu gewährleisten und einer Ausnutzung des natürlichen Spieltriebs zu gewährleisten.

Bei ihrer rechtlichen Ansicht bezieht sich das Innenministerium auch auf einen aktuellen Beschluss des BayObLG, dem der Verfasser zur Zeit noch nicht vorliegt.

Inwieweit diese doch sehr stark auf den ordnungsrechtlichen Bereich konzentrierte Argumentation auch auf den straf- und vor allem zivilrechtlichen Bereich übertragbar ist, bleibt abzuwarten.