Der BFH und die Umsatzsteuer auf Glücksspielumsätze: „…, denn sie wissen nicht, was sie tun.“

Rechtsanwalt Bernd Hansen

Anwaltskanzlei Hansen
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Mit Beschlüssen vom 23. Juni 2023 hat der V. Senat des Bundesfinanzhofs fünf Anhörungsrügen von Spielhallenbetreibern als unbegründet zurückgewiesen. Die Betreiber hatten gegen die Umsatzbesteuerung ihrer Umsätze aus dem Spielhallenbetrieb in der Zeit seit 2010 geklagt. Das Finanzgericht hatte die Klagen abgewiesen und die Revision nicht zugelassen.

Die dagegen eingelegten Nichtzulassungsbeschwerden hatte der BFH als unbegründet zurückgewiesen.

Mit ihren Anhörungsrügen machten die Klägerinnen und Beschwerdeführerinnen nun eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend.

Dies ließ der Bundesfinanzhof jedoch nicht gelten. Er wies alle Anhörungsrügen als unbegründet zurück. Bemerkenswert ist allerdings die Begründung des BFH.

Die Beschwerdeführerinnen hatten insbesondere reklamiert, dass es sich bei der „Umsatzsteuer“, welche durch Änderung des § 4 Nr. 9 Buchstabe b des Umsatzsteuergesetzes zum 06.05.2006 auch für die Spielbankenumsätze eingeführt wurde, in Wahrheit gar nicht um eine Umsatzsteuer handeln würde, sondern um eine Unternehmenssteuer. Bei dem Begriff der „Umsatzsteuer“ handele es sich um einen Etikettenschwindel. Aus der Gesetzesbegründung ließe sich entnehmen, dass die Umsatzsteuer nicht auf Abwälzbarkeit angelegt sei, sondern diese die (Spielbanken-) Unternehmer belasten solle. Da es sich bei der auf die Spielbankenumsätze erhobenen „Umsatzsteuer“ in Wahrheit nicht um eine Umsatzsteuer handele, seien diese de facto noch immer von der Umsatzsteuer befreit und auch die Klägerinnen als Spielhallenbetreiber könnten sich daher weiterhin aufgrund des steuerlichen Neutralitätsgrundsatzes (vgl. Urteil Linneweber und Akritidis) auf die Steuerbefreiung berufen.

In seiner Begründung, mit der der V. Senat des BFH die Anhörungsrügen zurückweist, führt dieser aus:

„Dass durch die Einführung der Umsatzsteuerpflicht auf Spielbankenumsätze eine Belastung der Spielbankunternehmer eintritt, war Zweck der Änderung des § 4 Nr. 9 Buchstabe b UStG.“

Diesen Satz muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen. Denn damit räumt der BFH in bislang noch nie dagewesener Deutlichkeit ein, dass es sich bei der Umsatzsteuer gerade nicht um eine auf Abwälzbarkeit angelegte Steuer handelt, sondern um eine Steuer, die zielgerichtet den Unternehmer belasten soll. Die Steuer ist daher systemwidrig, weil sie nicht in Einklang mit den Vorgaben der Mehrwertsteuersystemrichtlinie steht. Auch der Europäische Gerichtshof betont in ständiger Rechtsprechung, dass die Mehrwertsteuer gerade nicht die Unternehmer belasten darf.

Auf den ersten Blick betrifft dieser Satz nur die Spielbankunternehmer. Bei genauerer Betrachtung betrifft die darin enthaltende Aussage jedoch auch die Betreiber gewerblicher Geldgewinnspielgeräte. Denn auch sie zahlen erst durch die zum Mai 2006 in Kraft getretene Änderung des § 4 Nr. 9 Buchstabe b UStG Umsatzsteuer. Für die Zeit davor konnten sie sich wegen der Befreiung der Spielbanken auf die Steuerbefreiung aus Art. 135 Abs. 1 Buchstabe i der Mehrwertsteuersystemrichtlinie berufen. Auch die Betreiber gewerblicher Geldgewinnspielgeräte werden also durch die Umsatzsteuer seit Mai 2006 systemwidrig mit einer als „Umsatzsteuer“ bezeichneten Unternehmenssteuer belastet.

Vor diesem Hintergrund sollen alle Betreiber gewerblicher Geldgewinnspielgeräte prüfen, ob sie ihre seit 2006 ergangenen Umsatzsteuerfestsetzungen noch anfechten können und dies auch entsprechend tun.