In der Berufungsverhandlung zu den Aktenzeichen 3 A 181/10 und 3 A 172/10 hat das Oberverwaltungsgericht zunächst seinen vorläufigen Rechtsstandpunkt mündlich dargelegt. Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass angesichts einer inkohärenten und nicht systematisch geregelten Sach- und Rechtslage derzeit von einer gemeinschaftswidrigen Rechtslage in Deutschland auszugehen sei. Dies müsse man unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichts annehmen. Das Gericht wies ferner darauf hin, dass die Untersagungsverfügungen in ihrer ursprünglichen Form wohl rechtswidrig gewesen sein dürften. Fraglich sei allenfalls, ob das derzeitige Angebot der Kläger möglicherweise unabhängig vom staatlichen Sportwettenmonopol gegen einzelne Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages verstoßen könne bzw. ob das Angebot des Klägers unabhängig von dem staatlichen Sportwettenmonopol den geltenden Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages entspreche.
Es wurde in diesem Zusammenhang kurz auf die Problematik verwiesen, dass möglicherweise trotz einer gemeinschaftswidrigen Rechtslage einzelne Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages weiter Geltung finden könnten. Hier wurde seitens des Gerichts sinngemäß weiter darauf verwiesen, dass sich insbesondere auch die Frage nach der Ausübung des Ermessens der Behörde stelle, wobei es hiernach – so das Gericht – wiederum darauf ankommen dürfte, mit welcher Begründung und unter Berücksichtigung welcher Ermessenserwägungen die Ordnungsbehörde die Untersagungsverfügungen erlassen hatte.
Nach umfassender Erörterung der Sach- und Rechtslage haben die Parteien, soweit es um Klagen gegen Untersagungsverfügungen ging, dann auf Vorschlag des Gerichts folgenden Vergleich geschlossen, der nachstehend wörtlich wiedergegeben wird:
„Im Hinblick darauf,
- dass die Bundesländer eine Neuregelung im Bereich der Sportwetten zum Jahre 2012 angekündigt haben,
- die Untersagungsverfügung in ihrer ursprünglichen Form wohl rechtswidrig gewesen sein dürfte,
- andererseits das derzeitige Angebot des Klägers aber nicht den voraussichtlich unabhängig von dem staatlichen Sportwettenmonopol geltenden Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages entspricht,
schließen die Parteien auf Vorschlag des Gerichts folgenden Vergleich:
- Der Beklagte verpflichtet sich, den angefochtenen Untersagungsbescheid aufzuheben.
- Der Kläger verpflichtet sich, bis zum 01.01.2012 sein Sportwettenangebot den Anforderungen des § 21 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GlüStV entsprechend zu gestalten und das Sperrsystem gemäß § 21 Abs. 3 GlüStV zu beachten, sobald ihm ein Zugang zur staatlichen Sperrdatei eröffnet worden ist. Dabei verpflichtet er sich, den Jugendschutz gemäß § 4 Abs. 3 GlüStV, das Internetverbot gem. § 4 Abs. 4 GlüStV und die Werbebeschränkungen des § 5 GlüStV zu beachten. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass die bloße Namensnennung des Wettveranstalters nicht als Werbung gilt.
- Der Kläger verzichtet auf etwaige Schadensersatzansprüche wegen der streitgegenständlichen Untersagung.
- Die Parteien erklären den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.
- Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits bleibt dem Oberverwaltungsgericht vorbehalten.“
Der Beklagte hatte sich zunächst vorbehalten, den Vergleich noch bis zu einem bestimmten Zeitpunkt widerrufen zu können. Von diesem Widerrufsrecht hat der Beklagte keinen Gebrauch gemacht, so dass der Vergleich wirksam zustande gekommen ist.
Im Ergebnis bedeutet dieser Vergleich, dass die streitgegenständliche Untersagungsverfügung seitens der Behörde aufgehoben worden ist und damit auch die mit der Untersagungsverfügung erhobene Bearbeitungsgebühr nicht anfällt bzw. an den Kläger zurückgezahlt werden muss.
Ferner bedeutet dieser Vergleich, dass die Sportwettvermittlung bei Erfüllung der im Vergleich dargestellten Voraussetzungen jedenfalls bis Ende 2011 weitergeführt werden kann. Soweit der Kläger sich verpflichtet hat, sein Sportwettenangebot den Anforderungen des § 21 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GlüStV entsprechend zu gestalten, so bedeutet dies insbesondere, dass er zukünftig keine „Livewetten“ mehr anbieten wird.
Soweit zusätzlich in dem Vergleich vereinbart wird, dass ein Sperrsystem gem. § 21 Abs. 3 GlüStV beachtet werden muss, so ist dies erst dann für den Kläger umsetzbar, sofern ihm überhaupt ein Zugang zur staatlichen Sperrdatei eröffnet worden ist, was indes derzeit nicht der Fall ist.
Ferner hat sich der Kläger verpflichtet, den Jugendschutz gem. § 4 Abs. 3 GlüStV, das Internetverbot gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV und die Werbebeschränkungen des § 5 GlüStV zu beachten.
Dabei ist hinsichtlich der Werbebeschränkungen explizit in den Vergleich aufgenommen worden, dass die bloße Namensnennung des Wettveranstalters, beispielsweise an einer Schaufensterscheibe, nicht als unzulässige Werbung zu verstehen ist. Das in den Vergleich aufgenommene Internetverbot gem. § 4 Abs. 4 GlüStV hat letztlich nur deklaratorische Bedeutung, da der Kläger im Internet keinerlei Internetseite betreibt, über die er Sportwetten anbieten würde. Auf Wunsch des Beklagten wurde diese Regelung indes mit aufgeführt.
Insgesamt ist festzuhalten, dass aus Sicht des Oberverwaltungsgericht des Saarlandes die streitgegenständliche Ordnungsverfügung rechtswidrig war, andererseits aber eine Sportwettvermittlung nur unter Einhaltung bestimmter Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages weiter geführt werden sollen.
Über die Frage, in welchem Verhältnis die Kosten des Verfahrens von den Parteien zu tragen sind, wird das Gericht noch mit gesondertem Beschluss entscheiden.
Der hier für mehrere durch unsere Kanzlei vertretene Mandanten geschlossene Vergleich ist aus unserer Sicht insgesamt als Erfolg zu werten, da nicht nur die streitgegenständliche Untersagungsverfügung aufgehoben wurde, was sich auch kostenrechtlich zugunsten des Klägers auswirken dürfte, sondern erstmalig auch geklärt ist, dass eine Sportwettvermittlung unter bestimmten Voraussetzungen bis zum Ende des Jahres 2011 weitergeführt werden darf. Ob und unter welchen Voraussetzungen dies ab dem 1.1.2012 möglich ist, hängt maßgeblich davon ab, wie eine neue – von politischer Seite angekündigte – gesetzliche Regelung ausgestaltet sein wird.
Der aktuell von den Ministerpräsidenten von 15 Bundesländern (mit Ausnahme von Schleswig-Holstein) vorgelegte Entwurf eines neuen Staatsvertrages dürfte erneut in grober Weise gegen Europarecht verstoßen.