Nun hat die Kanzlei Rechtsanwalt Bernd Hansen in Jesteburg eine weitere Beschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der zu niedrigen Umsatzbesteuerung der öffentlichen Spielbanken bei der Europäischen Kommission eingelegt.
Hintergrund ist, dass die Umsätze der öffentlichen Spielbanken aus den dort angebotenen Glücksspielen bereits seit dem Wegfall der Steuerbefreiung durch die Änderung des § 4 Nr. 9 Buchstabe b UStG zum 06.05.2006 lediglich mit dem Spielertrag (Spieleinsätze abzüglich ausgezahlter Gewinne) als Bemessungsgrundlage besteuert werden, obwohl bei den von den öffentlichen Spielbanken erzielten Umsätzen eigentlich der gesamte Spieleinsatz als Bemessungsgrundlage herangezogen werden müsste, was bereits im Jahr 2002 der Europäische Gerichtshof und diesem folgend im Jahr 2005 auch der Bundesfinanzhof bestätigt haben.
Während die Umsätze der Spielhallen gesetzlich durch die Vorschriften der Spielverordnung begrenzt werden und diese daher nach der Rechtsprechung des EuGH nur mit der Kasseneinnahme als Bemessungsgrundlage zu besteuern sind, gilt dies für die Umsätze der öffentlichen Spielbanken nicht, da diese keinen entsprechenden gesetzlichen Beschränkungen unterliegen.
Bereits bei der zum 06.05.2006 in Kraft getretenen Gesetzesänderung des § 4 Nr. 9 Buchstabe b UStG stand fest, dass die Umsätze der öffentlichen Spielbanken richtlinienkonform mit dem gesamten Spieleinsatz und nicht nur mit dem Spielertrag der Umsatzsteuer unterliegen müssen. Gleichwohl besteuern alle für die öffentlichen Spielbanken zuständigen deutschen Finanzämter seit nunmehr 19 (!) Jahren die öffentlichen Spielbanken zu niedrig, indem die Umsatzsteuer nur auf den Spielertrag erhoben wird.
Da die Auszahlquoten der in den öffentlichen Spielbanken angebotenen Glücksspiele im Durchschnitt bei etwa 95% des Spieleinsatzes liegen, bedeutet dies, dass die Spielbanken regelmäßig nur etwa 1/20 derjenigen Umsatzsteuer an die Finanzämter abführen, die bei richtlinienkonformer Besteuerung anfallen müsste.
Dass eine einseitig zu niedrige Besteuerung der öffentlichen Spielbanken eine unzulässige staatliche Beihilfe darstellt, hat die Europäische Kommission bereits in ihrem nun veröffentlichten Beschluss vom 20.06.2024 entscheiden. In diesem Beschluss ging es allerdings noch nicht um die zu niedrig bemessene Umsatzsteuer, so dass diese nun in einem erneuten Beschwerdeverfahren zu prüfen ist.
Die Europäische Kommission hat dem Unterzeichner aufgrund der eingelegten Beschwerde vor kurzem mitgeteilt, dass die Beschwerde die Kommission nun veranlasst habe, die Bundesrepublik Deutschland anzuschreiben, um von dort weitere Informationen zu dem Sachverhalt einzuholen.
Man darf gespannt sein, wie die zuständigen deutschen Stellen auf die Anfrage der Kommission antworten werden.
Sollte die Beschwerde durchdringen und die Kommission die praktizierte Umsatzbesteuerung der Spielbanken als unzulässige staatliche Beihilfe bewerten, hätte dies zur Folge, dass die Spielbankenbetreiber für einige Jahre rückwirkend die unzulässigen Steuervorteile zurückzugewähren hätten. Sie müssten also für mehrere Jahre Beihilfen zurückgewähren, die etwa dem 20-fachen desjenigen entsprechen, was sie bislang an Umsatzsteuer entrichtet haben.
Dazu wird allerdings kaum ein Spielbankbetreiber jemals in der Lage sein, so dass die Annahme nicht fernliegt, dass der deutsche Gesetzgeber die Umsätze auf Glücksspiele generell von der Umsatzsteuer befreien wird, gegebenenfalls sogar rückwirkend, um so dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität gerecht zu werden.
Durch die weiterhin praktizierte zu niedrige Besteuerung der öffentlichen Spielbanken setzt der deutsche Gesetzgeber außerdem die Betreiber der öffentlichen Spielbanken sowie die für die Besteuerung der öffentlichen Spielbanken zuständigen Mitarbeiter der Finanzämter einem erheblichen strafrechtlichen Verfolgungsrisiko aus, solange diese die öffentlichen Spielbanken weiterhin unionsrechtswidrig zu niedrig besteuern, was den Tatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO), gegebenenfalls sogar mit der Strafverschärfung des besonders schweren Falls nach § 370 Abs. 3 AO erfüllen könnte.