Bezugnehmend auf meinen Artikel „Konzessionsverfahren in der Sackgasse“ vom 26. Februar 2022 hat der Referatsleiter des LVA Sachsen-Anhalt, Herr Sebastian Buchholz, eine „Richtigstellung der Sach- und Rechtslage“ am 07.03.2022 veröffentlicht. Er schreibt: Mein Artikel beruhe auf falschen Annahmen. Meine Behauptung, es ginge um die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen im Sinne der Richtlinie 2014/23/EU, sei falsch. Dies gelte auch für meine Aussage, es ginge um ein dem Unionsrecht widersprechendes Verfahren.
Den „Faktencheck“ verliert das LVA.
Ich habe nicht behauptet, es ginge um die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen im Sinne des förmlichen Vergaberechts nach dem Vierten Teil des GWB und der Richtlinie 2014/23/EU.
Weshalb die Behörde mir dennoch eine (Zitat) „bewusst irreführende öffentliche Meinungsmache“ unterstellt, entzieht sich daher rationalen Erkenntnismöglichkeiten. Die komplexe Problematik der Einordnung des Verfahrens unter das förmliche Vergaberecht hatte ich mit keinem Wort angesprochen. Zwar bin ich überzeugt, dass das förmliche Vergaberecht angewendet werden müsste. Denn die Bundesländer betrauen Dienstleister mit der öffentlichen Aufgabe der Kanalisierung des natürlichen Spieltriebs der Bevölkerung in regulierte und überwachte Bahnen und befinden sich damit in einem Beschaffungsvorgang zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe (VK HH, Beschl. v. 31.7.2017, Vgk FB 3/17).
Das alles hatte ich in meinem Beitrag aber gar nicht erwähnt. Die gesamten Ausführungen des LVA gehen an meinem Beitrag vorbei und sind ihrerseits „bewusst irreführende öffentliche Meinungsmache“.
Zum Kern meines Beitrages verliert das LVA kein Wort. Ich hatte aus einem Schriftsatz des LVA an das VG Halle zitiert, um darzulegen, dass das Erlaubnisverfahren nicht transparent und nicht diskriminierungsfrei durchgeführt wird. Ich wiederhole diese schriftliche Äußerung, welche die Behörde selbst gemacht hat und von der sich jetzt offenbar nichts mehr wissen will:
„Anträge auf Erteilung einer Erlaubnis können jederzeit gestellt werden und werden grundsätzlich – abhängig von ihrer Vollständigkeit – in der Reihenfolge ihres Eingangs bearbeitet und beschieden. Das Unionsrecht vermittelt auch kein Recht auf zeitgleiche Entscheidung einer Behörde über glückspielrechtliche Erlaubnisse. … Die Annahme, dass ein transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren durchzuführen sei, ist insoweit von vornherein fehlerhaft.“
Man muss sich diese Aussage des Landesverwaltungsamtes auf der Zunge zergehen lassen:
Die Erwartung der Konzessionsbewerber, es müsse ein transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren durchgeführt werden, sei von vornherein fehlerhaft. Das schreibt kein Bewerber, der bevorzugt werden möchte, sondern die Behörde selbst an das Gericht, auf dessen Beschluss wiederum sie sich in einem Eilverfahren nunmehr selbst wieder beruft.
Die Konzessionsbewerber haben es also mit einer Behörde zu tun, die meint, es sei „von vornherein fehlerhaft“ ein transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren durchzuführen. Das heißt nichts anderes, als dass die Konzessionsbewerber einer Konzessions- - Verzeihung - Erlaubnisstelle gegenüberstehen, die den unionsrechtlichen Gleichheitssatz und das Transparenzgebot beiseite wischt. Sie missachtet damit die maßgeblichen verfahrensrechtlichen Kernanforderungen des Unionsrechts für jede Erlaubnisvergabe. Ja teilt dies dem Gericht offen mit und behauptet dann öffentlich, das VG Halle habe bestätigt, es würde ein transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren durchgeführt. Das finde ich schon ein starkes Stück.
Fest steht: wir haben eine Behörde, die erst vor Gericht, und nicht etwa in ihren Merkblättern, geltend macht, der Gleichbehandlungsgrundsatz würde missachtet und Anträge auf eine Konzession würden in der Reihenfolge ihres Eingangs bearbeitet und beschieden.
Selbst dabei sagt die Behörde nicht die Wahrheit. Ausweislich einer gerade veröffentlichten Antwort auf die kleine Anfrage eines Abgeordneten (Landtag von Sachsen-Anhalt, Drucksache 8/835, 01.03.2022) beabsichtigt die Behörde keineswegs, Anträge in der Reihenfolge ihres Eingangs zu bearbeiten und zu bescheiden, sondern ersichtlich nach fiskalischen Gesichtspunkten. Die Behörde wird nämlich die staatlichen Konzessionsbewerber bevorzugen. Unter dem Datum des 22.07.2021 bzw. 18.08.2021 haben sich staatliche Glückspielanbieter auf eine Konzession beworben. Sie sollen ausweislich der in der Drucksache als Anlage beigefügten Tabelle schon im März 2022 (für den staatlichen Bewerber, der sich am 18.08.2021 beworben hat) bzw. im April/Mai 2022 ihre Konzession erhalten.
Andere private Anbieter hingegen, die sich zum Teil schon früher beworben haben, sollen laut der Tabelle ihre Konzessionen erst im Mai oder Juni 2022 behalten, dies in dem Wissen, dass die Vergabe der ersten Konzessionen zu einem irreparablen Wettbewerbsvorteil für die Konzessionäre führt, bleiben außen vor. Auch der staatliche Bewerber, der sich am 26.10.2021, und damit nach Auskunft der Behörde als 40. Bewerber beim LVA präsentiert hat, soll schon im April 2022 seine Konzession bekommen, währenddessen andere Bewerber (auch solche ohne Nachforderung von fehlenden Unterlagen) auf das dritte bzw. vierte Quartal vertröstet werden.
Für die Gerichte ist alles ein gefundenes Fressen. Da mag Herr Buchholz gern wieder auf ISA anderes schreiben. Am Ende werden die Punkte zusammen gezählt.