Berliner Zivilgerichte entscheiden erneut zugunsten der Banken bei Zahlungen für Online-Glücksspiel

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Rolf Karpenstein

In zwei dieser Tage veröffentlichten Entscheidungen haben die Berliner Zivilgerichte erneut den Aufwendungsersatz der Banken bei Zahlungen für Online-Glücksspiel bestätigt (LG Berlin, Urt. v. 16.04.2019, Az. 37 O 367/18; AG Berlin-Mitte, Urt. v. 29.03.2019, Az. 124 C 160/18). Zuvor waren schon das LG Berlin in 2016 und das OLG München und LG München in 2018/2019 zu diesem Ergebnis gelangt (siehe dazu „Auch LG Berlin bestätigt Aufwendungsersatz der Banken bei Zahlungen für Online-Glücksspiel“ sowie „LG München und OLG München bestätigen Aufwendungsersatz der Bank bei Kreditkartenzahlungen für Online-Glücksspiel“). Dem zuletzt offensiv beworbenen Geschäftsmodell „Zocken ohne Verlustrisiko!“ wird damit gerade durch die obergerichtliche Rechtsprechung der Boden entzogen.

In dem mit Urteil vom 16.04.2019 (Az. 37 O 367/18) entschiedenen Fall hatte die für Bank- und Finanzgeschäfte am Landgericht Berlin zuständige 37. Zivilkammer über die Klage eines Spielers zu entscheiden, mit welcher dieser von seiner Bank eine Gutschrift in Höhe von 9.944,50 Euro auf sein Kreditkartenkonto begehrte. Der Spieler hatte über seine Amazon.de-Kreditkarte Zahlungen in dieser Höhe an verschiedene in der EU-lizensierte Anbieter von u.a. Online-Casino- und Pokerspielen getätigt. Infolgedessen hatte die Bank sein Girokonto entsprechend belastet. Im Anschluss hat der Spieler die Auffassung vertreten, es hätte für die Bank erkennbar sein müssen, dass es sich um Zahlungen für „unerlaubtes“ Online-Glücksspiel handle, weswegen die Bank zur Zahlungsverweigerung verpflichtet gewesen wäre und ihm deshalb ein Schadensersatzanspruch zustehe.

Das Landgericht hat die Klage als unzulässig verworfen und sich der Ansicht des OLG München in dem Hinweisbeschluss vom 06.02.2019 (19 U 793/18) angeschlossen.

In seiner Entscheidung hebt das Landgericht sehr deutlich hervor, dass sich eine etwaige Nichtigkeit der Spielverträge aufgrund § 134 BGB lediglich im Verhältnis zwischen dem Spieler und dem Veranstalter des Glücksspiels auswirkt und nicht auf die zwischen dem Spieler und dem Zahlungsdienstleister geschlossenen Verträge. Wörtlich begründet das Landgericht dies wie folgt:

„Der Anspruch der Beklagten besteht, obwohl gegebenenfalls die von der Beklagten im Auftrag des Klägers beglichenen Kosten im Zusammenhang mit unerlaubtem Online-Glücksspiel stehen. Selbst wenn die Vorschrift des §§ 134 BGB hier zum Tragen käme, gilt diese lediglich im Verhältnis zwischen dem Kläger und dem Glücksspielveranstalter und bezieht sich auf die zwischen diesen Parteien geschlossenen Verträge. Dass der Kläger gegenüber den Glücksspielanbietern mangels Vorliegens einer Erlaubnis zum Veranstalten von Casinospielen gegebenenfalls nach § 134 BGB nicht verpflichtet ist, seine Einsätze zu bezahlen, wirkt sich hingegen nicht auf das Anweisungsverhältnis zwischen der Beklagten als Kreditunternehmerin und dem Kläger als Karteninhaber aus. Allein aufgrund des unerlaubten Online-Glücksspiels des Klägers ist der zwischen der Beklagten und ihm geschlossene Kreditvertrag nicht gemäß § 134 BGB nichtig, da dieser als solcher schon gegen kein gesetzliches Verbot verstößt.“

Desweiteren stellt das Landgericht ausdrücklich klar, dass der Zahlungsdienstleister im vorliegenden Fall durch die vom Spieler autorisierte Zahlung nicht gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV an einem unerlaubten Glücksspiel mitgewirkt hat. Denn ausweislich der gesetzlichen Begründung können die am Zahlungsverkehr Beteiligten nur als verantwortliche Störer herangezogen werden,

„sofern ihnen zuvor die Mitwirkung an unerlaubten Glücksspielangeboten von der Glücksspielaufsichtsbehörde mitgeteilt wurde“.

Voraussetzung hierfür ist wiederum, dass

„der Veranstalter oder Vermittler des unerlaubten Glücksspielangebotes zuvor vergeblich – insbesondere wegen eines Auslandsbezuges – in Anspruch genommen wurde (Erläuterungen zum GlüStV, Stand 7. Dezember 2011, S. 32).“

Dass der Zahlungsdienstleister vor Begleichung der entstandenen Forderungen einen derartigen Hinweis durch die Glücksspielaufsicht erhalten hätte, war im vorliegenden Fall weder vorgetragen noch ersichtlich.

Mit anderen Worten:
Ein Zahlungsdienstleister, der auf Veranlassung des Spielers eine Zahlung an ein in der EU-lizensiertes Glücksspielangebot durchführt, wirkt ausweislich der Gesetzesbegründung solange nicht an einem unerlaubten Glücksspiel i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV mit, bis ihm – ausdrücklich bezogen auf das betreffende Angebot und nicht lediglich pauschal – die Mitwirkung an dem ggf. aus Sicht der deutschen Bundesländer „unerlaubten“ Glücksspielangebot von der für die Glücksspielaufsicht zuständigen Behörde mitgeteilt worden ist. Dies wiederum setzt voraus, dass die Behörde zuvor den Veranstalter des betreffenden Glücksspielangebots vergeblich in Anspruch genommen hat.

In einem gleichgelagerten Fall hat auch das Amtsgericht Berlin-Mitte wenige Wochen zuvor den Aufwendungsersatz der Bank bei Zahlungen für Online-Glücksspiel bestätigt (Urt. v. 29.03.2019, Az. 124 C 160/18).

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