Auch LG Berlin bestätigt Aufwendungsersatz der Banken bei Zahlungen für Online-Glücksspiel

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Rolf Karpenstein

Diverse Kanzleien und auf Provisionsbasis tätige Internetplattformen werben auf Grundlage zweier amtsgerichtlicher Urteile damit, Verluste aus Online-Glücksspiel zurückzufordern. PR-Artikel werden sogar bei der BILD untergebracht mit der Schlagzeile „Zocken ohne Verlustrisiko!“.

Allerdings wird ausgeblendet, dass die benannten Amtsgerichte im juristischen Abseits stehen. Neben den kürzlich ergangenen Entscheidungen des OLG München und LG München (siehe dazu “LG München und OLG München bestätigen Aufwendungsersatz der Bank bei Kreditkartenzahlungen für Online-Glücksspiel”) hatte schon das LG Berlin im Hinweisbeschluss vom 19.06.2017 (Az. 4 S 1/17) den Aufwendungsersatz der Bank bei Kreditkartenzahlungen an nicht in Deutschland lizensierte Anbieter von Online-Glücksspielen bestätigt. Das Geschäftsmodell „Zocken ohne Verlustrisiko“ scheitert also wohl regelmäßig in der zweiten Instanz und hat daher wenig Zukunft.

Wie im vom OLG und LG München behandelten Fall hatte auch in dem vom LG Berlin für das Kreditinstitut entschiedenen Verfahren ein Spieler seine Kreditkarte für die Teilnahme an Online-Casino- und Pokerspielen bei mehreren EU-Anbietern eingesetzt. Die Belastungen wurden durch das E-Geld-Institut Skrill sowie die Anbieter selbst vorgenommen. Der Spieler stellte sich dann auf den Standpunkt, die Glücksspiele seien „unerlaubt“ da sie gegen Beschränkungen des GlüÄndStV und damit gegen ein „gesetzliches Verbot“ im Sinne von § 134 BGB verstießen. Dies hätte die Bank erkennen müssen, da die streitbefangenen Transaktionen mit dem Merchant-Category-Code (MCC) 7995 als Glücksspielumsätze gekennzeichnet seien.

Schon das Amtsgericht Berlin-Mitte hatte die Klage auf Rückzahlung veranlasster Kreditkartenumsätze mit Urteil vom 07.12.2016 (17 C 203/16) abgewiesen.

Unter Verweis auf ein Urteil des BGH vom 24.11.2002 (Az. XI ZR 420/01) hatte das Amtsgericht klargestellt, dass das Kreditunternehmen eine Zahlung grundsätzlich für erforderlich zu halten hat, ohne zu prüfen, ob im Valutaverhältnis eine wirksame Forderung besteht. Etwaige Reklamationen oder Beanstandungen seien – wie es auch die AGB im vorliegenden Fall vorsahen – unmittelbar zwischen dem Vertragsunternehmen und dem Karteninhaber zu klären und berührten nicht die Zahlungsverpflichtung des Karteninhabers gegenüber der Bank.

Auch sei für die Bank keineswegs offensichtlich gewesen, dass der Spieler an nach deutschem Recht „unerlaubten“ Spielen teilgenommen habe. Der MCC-Code 7995 unterscheide nicht zwischen „erlaubten“ und aus Sicht einiger deutscher Bundesländer „unerlaubtem“ Glücksspiel. Gerade die von dem betreffenden Spieler gewählten Spieleanbieter vermittelten nach den Feststellungen des Gerichts in großem Umfang auch zugelassene bzw. durch die deutschen Bundesländer als EU-rechtlich betrachtet legal geduldete Sportwetten. Damit sei weder aus dem MCC-Code eine vermeintliche „Illegalität“ des betreffenden Angebots erkennbar noch ob der Spieler nach Auslösung der Zahlung auf dem betreffenden Angebot an legalen oder aus Sicht der deutschen Bundesländer „illegalen“ Spielen teilnehmen wird. In beiden vorgenannten Punkten hatte das Amtsgericht die überzeugende Sicht des OLG und des LG München geteilt.

Mit Hinweisbeschluss vom 19.06.2017 (Az. 4 S 1/17) hat dann das LG Berlin deutlich gemacht, dass es der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts aus mehreren Gründen keinerlei Erfolgsaussichten beimisst.

Das Landgericht hat sich nicht nur in den beiden vorgenannten Punkten der Auffassung des Amtsgerichts angeschlossen, sondern seine Entscheidung außerdem wie folgt begründet:

Auf Seiten der Bank bestehe grundsätzlich „keine Verpflichtung, die Lizensierung bzw. Legalität der Anbieter zu überprüfen, zumal diese für die Beklagte bei der Abwicklung über sog. E-Geld-Institute auch nicht stets erkennbar sein dürfte“. Diese Aufgabe liege „in erster Linie in der Hand des Klägers selbst“.

Auch sei der Vorschrift des § 9d GwG keine Verpflichtung der Bank zum Herausfiltern oder der Unterbindung von aus Sicht der deutschen Bundesländer „unerlaubtem“ Glücksspiel zu entnehmen. Denn nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/10745, S. 17) sei wenn überhaupt Verpflichteter jener Vorschrift der vom Glücksspielanbieter beauftragte Kredit- oder Zahlungsanbieter.

Der Spieler und sein Geschäftspartner hatten die Berufung in der Folge aufgegeben. Das Urteil des Amtsgerichts ist daher rechtskräftig.

Festzuhalten ist somit, dass das von einigen Anwälten und Internetplattformen propagierte Geschäftsmodell „Zocken ohne Verlustrisiko!“ nicht durch die obergerichtliche Rechtsprechung gedeckt und ohnehin unionsrechtlich betrachtet unhaltbar ist. Es scheint kaum vorstellbar, dass Obergerichte oder gar der EuGH Spielern einen Freibrief für Online-Glücksspiel auf Kosten der Banken oder der Anbieter erteilen werden.

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