OLG München verbietet österreichischen Sportwettanbieter

Rechtsanwalt Dr. Manfred Hecker
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
CBH - Rechtsanwälte
Bismarckstr. 11-13
D - 50672 Köln
Eine österreichische Genehmigung ist nicht ausreichend, um eine Strafbarkeit nach § 284 StGB zu verneinen

Das Oberlandesgericht München hat durch Urteil vom 27.10.2005 (Az. 6 U 5104/04) die Vorentscheidung des Landgerichts München I (Az. 33 O 10180/03) bestätigt und einen österreichischen Sportwettanbieter zur Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz wegen des Angebots von Sportwetten zu festen Gewinnquoten in Deutschland verurteilt, weil die nach § 284 StGB erforderliche Genehmigung einer deutschen Behörde nicht vorlag.
Der Wettbewerbssenat des OLG München führt in seiner Entscheidung unter anderem zur Europarechtskonformität des § 284 StGB aus:

„Mit dem Landgericht und entgegen der Auffassung der Beklagten vermag sich der Senat nicht der Rechtsauffassung anzuschließen, dass aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in der sog. Gambelli-Entscheidung (EuGH, Urteil vom 06.11.2003 – Rs C-243/01, NJW 2004, 139) eine einschränkende Auslegung des § 284 StGB dahingehend geboten sei, dass jede – oder zumindest eine österreichische – EU-Genehmigung ausreichend ist, um im Hinblick auf Art. 49 EG eine Strafbarkeit nach § 284 StGB zu beseitigen. Diese zwischen den Parteien primär und im höchsten Maße streitige Rechtsfrage ist nicht nur von einigen Instanzgerichten in dieser Richtung (vgl. Landgericht Köln 31 O 600/04 – Anlage CBH 31, BayOblG, 5 St 289/03 – Anlage CBH 11) entschieden worden, sondern wird auch vom Senat dahingehend entschieden, dass eine österreichische Genehmigung jedenfalls nicht ausreichend ist, um eine Strafbarkeit nach § 284 StGB zu verneinen.“

Das Münchener Oberlandesgericht analysiert im folgenden sehr gründlich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und damit die Rezeption des Gambelli-Urteils in der höchstrichterlichen deutschen Rechtsprechung. Die Richter kommen dabei zu folgendem Ergebnis:

„Aufgrund dieser eindeutigen und klaren Prämissen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, denen sich der Senat, wie auch ein Großteil der Instanzgerichte anschließt, vermag die der Beklagten zu 1) erteilte österreichische Genehmigung durch die Salzburger Landesregierung die Strafbarkeit nach § 284 StGB nicht in Frage zu stellen, denn die Beklagte verfügt unstreitig weder über eine inländische Genehmigung, noch hat sie eine solche überhaupt jemals beantragt. […]
Anders als die Beklagten ausführen, hat der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung „Schöner Wetten“ der Auflösung des Dualismus von Strafverfahren und Verwaltungsverfahren eine klare Absage erteilt. Dies bedeutet, dass die Beklagte zunächst den Verwaltungsrechtsweg bestreiten muss, um eine entsprechende Genehmigung im Sinne des § 284 StGB zu erlangen. Dieser Weg wurde im Übrigen von anderen Mitbewerbern, wie die Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht im Verfahren BvR 1054/01 (Anm. gemeint ist das Verfahren Katzinger-Göth) zeigt, auch beschritten. (Hervorhebung durch Verfasser)“

Weiter heißt es in der Münchener Entscheidung zu dem immer wieder von ausländischen Glücksspielveranstaltern als Rechtfertigung für ihre Aktivitäten in Deutschland ins Feld geführten Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht „Katzinger-Göth“:

„Soweit es das Verfahren BvR 1054/01 betrifft, ist diese Entscheidung bereits deshalb im vorliegenden Fall nicht von Relevanz, da sie eine Fallgestaltung betrifft, in der der Beschwerdeführer gegen die Versagung der inländischen behördlichen Genehmigung wendet (Hervorhebung durch Verfasser). Eine solche wurde von den Beklagten jedoch zu keinem Zeitpunkt beantragt.“

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts München reiht sich somit ein in die absolut herrschende Rechtsprechung anderer Obergerichte der Zivilinstanzen (OLG Hamburg, OLG Bremen, OLG Köln) wie auch des Bundesgerichtshofs (Schöner Wetten). Es bleibt somit dabei, dass die Veranstaltung und Bewerbung von Sportwetten in Deutschland auf Grund der Erlaubnis eines anderen EU-Mitgliedstaates wettbewerbswidrig ist. Solche Aktivitäten können durch die Inhaber einer deutschen Erlaubnis in ihrer Eigenschaft als Wettbewerber bundesweit untersagt werden. Die unerlaubte Veranstaltung oder Bewerbung solcher Sportwetten begründet einen Verstoß gegen § 284 StGB und führt zu Schadensersatzansprüchen seitens der in Deutschland zugelassenen Veranstalter.