Virtuelle Automatenspiele – Pandemische Lage war optimalem Arbeitsablauf nicht zuträglich

Ein journalistischer Zwischenruf von Robert Hess

Laut übereinstimmenden Medienberichten haben sich bisher rund 60 Anbieter, darunter Lotto Baden-Württemberg und weitere staatliche und private Anbieter, um eine Erlaubnis für das virtuelle Automatenspiel beworben. Der FDP-Abgeordnete Christian Grascha hat sich in einer kleinen Anfrage zur schriftlichen Beantwortung (Drucksache 18/11377) um Aufklärung durch die niedersächsische Landesregierung bemüht (Drucksache 18/11524). Die wenige Tage (18.07.2022) alte Antwort ist aufschlussreich.

Robert Hess M.A. war in Politik, Verwaltung und Wirtschaftsunternehmen über viele Jahre in leitenden Funktionen tätig. Heute ist er Inhaber eines Beratungsunternehmens und arbeitet als freier Journalist.
Robert Hess M.A. war in Politik, Verwaltung und Wirtschaftsunternehmen über viele Jahre in leitenden Funktionen tätig. Heute ist er Inhaber eines Beratungsunternehmens und arbeitet als freier Journalist.
Bis zum 31.12.2022 wird das Glücksspielkollegium der Länder bei Entscheidungen über Anträge zum Veranstalten von virtuellen Automatenspielen zu „beteiligen“ sein. Die Entscheidungen dieses Kollegiums sind bindend. Damit sei eine „demokratische Legitimierung“ durch die Länder verbunden. Diese Einschätzung muss eigentlich jeden Demokraten stutzig machen. Die Sitzungen sind nichtöffentlich. Auskünfte über die Arbeit oder die Grundlagen dieser Arbeit sind nicht möglich. Punkt und Basta. Das ist doch mal demokratische Transparenz in Reinform. Demokratisch legitimiert ist diese, wie ich finde, schon geheimnisvolle Loge nicht. Kein gewähltes Landesparlament hat da irgendetwas mitzureden. Gerichte in Hessen und Bayern hatten diesen Mangel an demokratischer Legitimation schon vor langer Zeit gerügt, aber kein Landesparlament hat sich bis heute dieses Themas angenommen. Eigentlich schade. So gibt man ureigene Zuständigkeiten durch Untätigkeit mal lässig ab und Gerichtsentscheidungen in Hessen und Bayern werden vom Landtag scheinbar ignoriert.

Statistiken „über das Abstimmungsverhalten einzelner Mitglieder, zur Entscheidungsreife von Beschlussvorlagen, zum Verhalten gegenüber Empfehlungen einzelner Mitglieder oder zu Meinungsunterschieden im Glücksspielkollegium oder über im Glücksspielkollegium abgelehnter Erlaubnisanträge werden nicht geführt“, so die niedersächsische Landesregierung. Entscheidungen werden mit Zweidrittel-Mehrheit getroffen. Warum soviel Intransparenz?

Die Landesregierung informierte den Abgeordneten, dass mit Stand vom 22.06.2022 16 Erlaubnisanträge mit einer Beschlussvorlage in das Glücksspielkollegium eingebracht wurden. Mit Stand vom 22.06.2022 hat das Glücksspielkollegium zwölf Erlaubnissen und einer Ablehnung zugestimmt. Insgesamt wurden bis zu diesem Zeitpunkt 178 Spiele als erlaubnisfähig vorgelegt.

Aufschlussreich ist die Aussage, warum über scheinbar entscheidungsreife Anträge im Glücksspielkollegium nicht entschieden wird. Wörtlich: „Hierbei ist zu beachten, dass die vermeintliche Entscheidungsreife einer Beschlussvorlage nicht immer von allen Mitgliedern des Glücksspielkollegiums geteilt wird“. Und ich dachte immer wir hätten in Deutschland einheitliche Verwaltungsstandards. Scheint nicht so!

Ah und warum dauert das alles so lange? Die Antwort ist einfach: „Die Übernahme neuer bundesweiter Zuständigkeiten inmitten einer pandemischen Lage war einem optimalen Arbeitsablauf ausdrücklich nicht zuträglich“. Da fehlen einem die Worte! Sehen das die betroffenen Unternehmen und deren Mitarbeiter auch so schlicht und einfach? Stop! Die müssen Steuern ja erst erwirtschaften, damit Verwaltung funktioniert - oder? Also, die müssen trotz pandemischer Lage immer fähig sein, sich im Markt zu behaupten, Kunden zu gewinnen, Erträge zu generieren etc.