13. Senat beim OVG Münster entscheidet über alte Verbotsverfügungen gegen Internet-Wettveranstalter

Zu den Entscheidungen des OVG Münster vom 25. Februar 2014

Ein Kurzbeitrag von Rechtsanwalt Rolf Karpenstein

Der 13. Senat beim Oberverwaltungsgericht Münster hat sich in Sachen Sportwetten eindrucksvoll zurückgemeldet. Zuletzt hatte er durch den Beschluss vom 30.11.2011 (13 B 1331/11, vgl. dazu Karpenstein, Isa-Law vom 7.2.2013) positiv überrascht und bestätigt, dass ein behördliches Werbeverbot schon allein wegen der systematisch zu Wetten, Lotterien und anderen Glücksspielen auffordernden staatlichen Werbung unionsrechtlich nicht gerechtfertigt ist. Nunmehr meint der 13. Senat ausweislich seiner Pressemitteilung vom 25. Februar 2014, die Behörden in Nordrhein-Westfalen dürften an alten Untersagungsverfügungen gegenüber Wettveranstaltern festhalten.

Das Oberverwaltungsgericht stützt dies auf das Fehlen einer deutschen Erlaubnis. Den Wettveranstaltern könne das Fehlen einer Erlaubnis entgegengehalten werden, weil der Markt für Sportwetten durch ein Konzessionssystem für private Anbieter geöffnet worden sei. Dass das Konzessionsverfahren nicht abgeschlossen ist, verpflichte die Behörde nicht, die nach deutschem Recht nicht erlaubte Veranstaltung von Sportwetten zu „dulden“.

Schon der Pressemitteilung ist zu entnehmen, dass das Unionsrecht beim 13. Senat nicht die ihm gebührende Rolle spielte. Zwar verpflichtet nicht schon der Umstand, dass das Konzessionsverfahren nicht abgeschlossen ist, die Aufsichtsbehörden, die nach deutschem Recht (noch) nicht erlaubte Wettveranstaltung zu dulden. Allerdings folgt diese Pflicht zur „Duldung“ aus dem unmittelbar anwendbaren Art. 56 AEUV. Diese höherrangige Norm gestattet, ebenso wie § 1 der Gewerbeordnung, ganz grundsätzlich jede Form der grenzüberschreitenden Dienstleistung. Zugleich verbietet Art. 56 AEUV deutschen Behörden und Gerichten grundsätzlich, grenzüberschreitende Dienstleistungen zu beschränken.

Die denkbar schwerste Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit liegt in der durch § 29 GlüÄndStV und die Nichtvergabe von Konzessionen gewährleisteten Aufrechterhaltung des staatlichen Monopols für Sportwetten. Ein derartiges staatliches Ausschließlichkeitsrecht kann nur ausnahmsweise und unter sehr strengen Anforderungen gerechtfertigt sein. Diese Rechtfertigungsanforderungen liegen, wie auch das Bundesverwaltungsgericht jüngst bestätigte (8 C 12.12), nicht vor. Sie werden auch niemals vorliegen, weil die Bundesländer mit ihrer restriktiven Glücksspiel- und Wettpolitik illegitime Zwecke fiskalischer Natur verfolgen und keinerlei Gefahren von Sportwetten ausgehen, die ein Ausschließlichkeitsrecht rechtfertigen könnten.

Mit den unionsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung des derzeitigen monopolistischen Ausschließlichkeitsrechts der staatlichen Lotterieunternehmen setzt sich der 13. Senat beim OVG Münster anscheinend nicht im Ansatz auseinander. Stattdessen entnimmt er die Rechtfertigung der Negation der Dienstleistungsfreiheit dem Umstand, dass der GlüÄndStV theoretisch die Konzessionserteilung an nicht staatliche Konzessionsbewerber vorsieht. Weshalb die theoretische Möglichkeit, irgendwann in unabsehbarer Zukunft eine Konzession für Sportwetten zu erhalten, die Negation der Dienstleistungsfreiheit privater Wettanbieter rechtfertigen soll, erschließt sich allerdings nicht. Auch die Urteilsgründe werden dazu keinen Aufschluss geben.

Art. 56 AEUV verpflichtet Behörden und Gerichte mithin sehr wohl zur „Duldung“ der privaten Wettveranstaltung, und zwar unabhängig von dem gewählten Vertriebsweg. Hingegen müssen private Wettveranstalter staatliche Beschränkungen ihrer Dienstleistungsfreiheit nicht dulden. Ihnen steht mit Art. 56 AEUV eine an den Staat gerichtete unmittelbar anwendbare Verbotsnorm zur Seite, deren Missachtung durch staatliche Stellen angesichts der fiskalischen Ausrichtung der Lotterieunternehmen der Bundesländer nicht im Ansatz gerechtfertigt ist. Aufrechte Gerichte werden dies bestätigen und für die Effektivität der Dienstleistungsfreiheit sorgen.

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