Glücksspielkonzessionen – Neues Vergaberecht ab dem 18.04.2016?

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Thomas Gohrke

Die Dienstleistungskonzessionsrichtlinie (Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe, Abl.EU 2014, L 94/1) wird zum 18. April 2016 durch einen neuen Teil 4 (§§ 97 ff. GWB n. F.) des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) umgesetzt. Die Einzelheiten der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen werden in einer neuen Verordnung über die Vergabe von Konzessionen (Konzessionsvergabeverordnung – KonzVgV) geregelt werden. Im Glücksspielbereich wird nun vermehrt die Frage gestellt, ob und wie sich diese neuen Bestimmungen auf die Vergabe deutscher Glücksspielkonzessionen auswirken.

(1) Bereichsausnahme für Glücksspiel?

In den Vorbemerkungen der Dienstleistungskonzessionsrichtlinie findet sich der Erwägungsgrund (35), wonach die „Richtlinie … das Recht der Mitgliedstaaten nicht beschränken [soll], im Einklang mit dem Unionsrecht zu entscheiden, auf welche Weise – einschließlich durch Genehmigungen – der Spiel- und Wettbetrieb organisiert und kontrolliert wird.“ Erkennbar sollte mit der Richtlinie nicht in die Regelungskompetenz der Mitgliedsstaaten für den Glücksspielbereich eingegriffen werden. Es verwundert daher, dass im Folgenden nur bestimmte „Konzessionen für den Betrieb von Lotterien aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie“ ausgeschlossen werden sollen und es nur insoweit „den Mitgliedstaaten möglich bleiben muss, aufgrund ihrer Verpflichtungen zum Schutz der öffentlichen und sozialen Ordnung den Bereich Spieltätigkeiten auf nationaler Ebene zu regeln.“ Den Materialen der EU ist nicht zu entnehmen, welchen sachlichen Unterschied es für (ausgenommene) Lotterien und andere Glücksspiele gibt. Dies wird ggf. gerichtlich zu klären sein. Die EU Kommission ist jedenfalls – gestützt vom Wortlaut der Richtlinie – der Auffassung, dass Verträge über Glücksspiel von der Richtlinie erfasst sind (vgl. European Commission, Memo 14/19 vom 15. Januar 2015, Frage 20). Wenn also das Glücksspiel als Bereich nicht allgemein vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen ist, muss ab dem 18.04.2016 geprüft werden, ob die betreffende „Glückspielkonzession“ unter das neue Vergaberecht fällt oder nicht.

(2) Konzessionsbescheide sind keine Dienstleistungskonzessionen

Gemäß Art. 5 Nr. 1 lit. a) der Dienstleistungskonzessionsrichtlinie und § 105 GWB (Entwurf) sind Dienstleistungskonzessionen nur solche, die durch einen „entgeltlichen Vertrag“ begründet werden und zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Konzessionsnehmer geschlossen werden („Consession Contracts“). Die Glücksspielkonzessionen (wie z.B. eine Spielbankerlaubnis) werden in Deutschland aber – bis auf ganz wenige Ausnahmen – durch behördlichen Bescheid erteilt. Einseitige, behördliche Genehmigungen sind keine „Aufträge“, Ordnungsbehörden keine „Auftraggeber“ und Bescheide daher keine Dienstleistungskonzession im Sinne der Richtlinie. Dies ergibt sich aus dem Erwägungsgrund (14) der Dienstleistungskonzessionsrichtlinie. Danach sollten:

„[b]estimmte Handlungen der Mitgliedstaaten, wie die Erteilung von Genehmigungen oder Lizenzen, durch die der Mitgliedstaat oder eine seiner Behörden die Bedingungen für die Ausübung einer Wirtschaftstätigkeit festlegt – einschließlich der Bedingungen für die Durchführung einer bestimmten Tätigkeit –, die üblicherweise auf Antrag des Wirtschaftsteilnehmers und nicht vom öffentlichen Auftraggeber oder vom Auftraggeber erteilt wird und bei der der Wirtschaftsteilnehmer das Recht hat, sich von der Erbringung von Bau- und Dienstleistungen zurückzuziehen, … nicht als Konzessionen [im Sinne der Dienstleistungskonzessionsrichtlinie] gelten.“

Entsprechend bestimmt Art. 5 Satz 1 der Richtlinie und § 105 Abs. 1, 2 GWB (im Entwurf):

„Dienstleistungskonzession“ einen entgeltlichen, schriftlich geschlossenen Vertrag, mit dem ein oder mehrere öffentliche Auftraggeber oder Auftraggeber einen oder mehrere Wirtschaftsteilnehmer mit der Erbringung und der Verwaltung von Dienstleistungen betrauen, die nicht in der Erbringung von Bauleistungen nach Buchstabe a bestehen, wobei die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur Verwertung der vertragsgegenständlichen Dienstleistungen oder diesem Recht zuzüglich einer Zahlung besteht.“

Der Richtliniengeber und Gesetzgeber normieren demgemäß nur Dienstleistungskonzessionen, die mit einer wechselseitigen vertraglichen Bindungswirkung verbunden sind. Für behördliche Glücksspielerlaubnisse verweist der Erwägungsgrund (14) vielmehr auf die Richtlinie 2006/123/EG, die ihrerseits in Art. 2 Absatz 2 lit. h) „Glücksspiele“ ausdrücklich vom Anwendungsbereich ausnimmt. Der Verweis ist soweit ein Verweis auf die Grundsätze des EU-Rechts und die behördliche Steuerung des Glücksspiels bleibt somit Sache der Mitgliedsstaaten.

(3) Beispiel: Spielbankenerlaubnisse

Für die Erteilung und Vergabe von behördlichen Spielbankerlaubnissen bleibt es unverändert bei der Geltung der landerechtlichen Regelungen im jeweiligen Spielbankgesetz. Die Dienstleistungskonzessionsrichtlinie und der neue 4. Teil des GWB gelten nicht. Nach der deutschen Verfassung liegt das Spielbankenpolizeirecht ohnehin nicht in der Gesetzgebungskompetenz des Bundes.

Für das Verfahren bleibt es vielmehr bei der Geltung der allgemeinen europarechtlichen Vergabegrundsätze, insbesondere Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung, Transparenz und bei der gerichtlicher Überprüfung bei der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte. Neue förmliche Vergabevorschriften außerhalb der jeweiligen spielbankenrechtlichen Regelungen bestehen dagegen nicht. Gleiches gilt für den Inhalt von behördlichen Spielbankerlaubnissen, der sich allein nach dem jeweiligen Landesrecht ergibt. Die erkennbar für Verträge gemachten Regelungen der Dienstleistungskonzessionsrichtlinie zur Laufzeit, Kündigung etc. kommen weder direkt noch indirekt zur Anwendung, denn die Spielbankgesetze eröffnen nicht die Möglichkeit Spielbankerlaubnisse durch Vertrag zu erteilen. Ab dem 18. April 2016 gilt hier nichts Neues.

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