Glücksspielregulierung: die Heuchelei der Parlamentsmehrheit

Ein Artikel von Robert Hess

Neues Landesspielhallengesetz zielt auf die Marginalisierung des gewerblichen Automatenspiels und wirkt wie ein Turbo für illegale Angebote. Spielerschutz als vorgeschobenes Argument.

Robert Hess M.A. war in Politik, Verwaltung und Wirtschaftsunternehmen über viele Jahre in leitenden Funktionen tätig. Heute ist er Inhaber eines Beratungsunternehmens und arbeitet als freier Journalist.
Robert Hess M.A. war in Politik, Verwaltung und Wirtschaftsunternehmen über viele Jahre in leitenden Funktionen tätig. Heute ist er Inhaber eines Beratungsunternehmens und arbeitet als freier Journalist.
Das Saarland ist einerseits Anbieter und Veranstalter von öffentlichem Glücksspiel und andererseits Regulierer von privat angebotenem konzessioniertem Glücksspiel, so z.B. in Spielhallen. Ein Spagat, der nicht immer funktioniert, wenn gleiches gleich behandelt werden sollte.

In den saarländischen Spielbanken mit ihren zahlreichen Dependancen (Automatensälen) und in Spielhallen wird Automatenspiel angeboten. Dr. Jens Kalke, Institut für Interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (IDS), hat einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit rund um Glücksspielsucht. In der Lauenburgischen Landeszeitung erläuterte er einmal sehr griffig, warum gerade das Spiel an Automaten ein so hohes Suchtpotential beinhalte:

„Die Ereignisfrequenz zwischen Einsatz und Gewinnmitteilung ist beim Automatenspiel so hoch wie bei sonst keinem anderen Glücksspiel. …. Aus Studien wissen wir, dass die Gefahr, die Kontrolle zu verlieren, steigt, je schneller das Spiel ist.“ (2014)

Sowohl in den Automatensälen der Saarland Spielbank einschließlich ihrer Dependancen und Spielhallen stehen diese Automaten. Also grundsätzlich gleich gefährlich! Also gleiche Regeln zum Spielerschutz? Von wegen.

Automaten in Spielhallen unterliegen strengen Vorgaben nach der Spielverordnung hinsichtlich Einsätzen, Gewinnen und Verlusten. Jeder Automat hat über die Bauartzulassung eine Zulassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB).

Automaten in Spielbanken und ihren Dependancen sind von der Prüfung durch die PTB ausgenommen. Keine spielerschützenden Grenzen bei Einsätzen, Gewinnen und Verlusten. Innerhalb weniger Sekunden können schon mal mehre tausend EURO verloren werden.

In Spielhallen dürfen maximal 12 Automaten auf 144qm Grundfläche vorgehalten werden. Für jeden Automaten muss also eine Grundfläche von 12 qm vorhanden sein. So die Spielverordnung des Bundes zum Thema Mindestabstand. Damit wird ein gleichzeitiges Bespielen mehrerer Automaten verhindert.

Ein Blick in die Spielbank und ihre Dependancen zeigt, dass ab jetzt hier ganz andere Maßstäbe gelten, trotz vergleichbarer Gefährlichkeit der Automaten.

  • Spielbank Saarbrücken: 190 Automaten auf 200qm Grundfläche - Mindestabstand knapp 1qm
  • Spielbank Nennig: 120 Automaten auf 119qm Grundfläche - Mindestabstand noch nicht einmal 1qm
  • Automatensaal Neunkirchen: 181 Automaten auf 180qm Grundfläche – Mindestabstand … ?
  • „Glückspilz“ (Automatensaal) Saarbrücken: 51 Automaten auf 50qm Grundfläche – Mindestabstand …
  • Ludwigspark (Automatensaal) Saarbrücken: 69 Automaten auf 60qm Grundfläche - …
  • Automatensaal Homburg: 63 Geräte auf 63qm Grundfläche - …
  • Automatensaal Saarlouis: 63 Automaten auf 63qm Grundfläche - …

Fazit: Mindestabstand „Nein Danke“. Da ist es ganz schön eng. Der nächste Automat eine halbe Armlänge entfernt. Also Mehrfach-Bespielung erwünscht?

Ich bin mir nicht sicher, ob der im parlamentarischen Verfahren federführende Ausschuss für Wirtschaft, Innovation, Digitales, Energie und Grubensicherheit sich die Zeit für Vororttermine genommen hat. Gut, bei dreizehn Mitgliedern hätte es in den Automatensälen In Neunkirchen, Saarlouis etc. schon eng werden können. Ein anderes Bild hätte sich den Abgeordneten in einer modernen Spielhalle geboten. Viel Platz.

(Foto: Robert Hess)
(Foto: Robert Hess)
Auch das äußere Erscheinungsbild hätte Eindrücke hinterlassen. Das ist keine verruchte Spielhölle, nein es ist der Automatensaal der Spielbank des Saarlandes in Homburg! So also sieht nicht zum Spiel anreizende Werbung aus!

Interessant ist auch, dass alle Standorte in erreichbarer Nähe zur französischen Grenze liegen. Die Spielbanken und ihre Dependancen profitieren einfach von den französischen Nachbarn. Die Spielbank Saarbrücken schätzt, dass mehr als Hälfte der jährlichen Besucher aus Frankreich kommt.

Fazit:

All diese Fakten sind der Parlamentsmehrheit bestens bekannt. Und dennoch wurde unter dem vorgeschobenen Argument des Jugend- und Spielerschutzes, allerdings nur für Spielhallen, das Gesetz verabschiedet und ist am 08. Dezember 2023 in Kraft getreten.

Die Begründung des saarländischen Wirtschaftsministers Jürgen Barke ist schon erstaunlich:

„Insbesondere Menschen mit problematischem Spielverhalten halten sich übermäßig lange in einer Spielhalle auf. Daher ist neben dem Verbot, Speisen zu verabreichen, auch die Verlängerung der Sperrzeiten sowie das Rauchverbot zur Suchtprävention angemessen. Damit schaffen wir eine noch restriktivere Regulierung, die das Gefährdungspotential von Spielhallen weiter eindämmt.“ (Medieninfo des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie des Saarlandes vom 11.12.1023)

Herr Minister, das ist doch eine gut klingende Begründung. Gilt dies dann auch für die Saarlandspielbanken?

Meiner Meinung nach geben da ökonomische Beweggründe den Ausschlag. Ein lästiger Wettbewerber soll marginalisiert und vom Markt gedrängt werden. Schließlich gibt es doch ausreichend Automatensäle der Spielbank.

jeder vom Spielgast verlorene EURO in der Spielbank und ihren Dependancen kommt mehrheitlich dem saarländischen Staatshaushalt, manchmal schon klamm, zugute. Von der Vergnügungssteuer der Spielhallen profitieren nur die Gemeinden, nicht der Staatshaushalt.

Und die Spielbanken melden für 2022 (Potsdam, 24.02.2023) Rekord-Umsätze. Gemeinsam mit in privater Regie (aber staatlich konzessioniert) geführten Spielbanken erreichte die Spielbankenbranche ein Ergebnis in 2022 von 1.101,211 Mrd. EURO (2019: 860,263 Mio. EURO). Da schadet jeder private gewerbliche Wettbewerb. Die Umsatzzahlen für 2022 der Saarland Spielbank waren leider öffentlich nicht verfügbar.

Wer Interesse hat, kann die abschließende Aussprache gerne nachlesen:

Debatte im Saarländischen Landtag (Plenarbericht 18. Sitzung, 17./18. Oktober 2023, S. 1291 ff.).

Auffällig ist, dass zwei Themenbereiche fast vollständig ausgeklammert blieben. Das Thema der zunehmenden illegalen Angebote (Ausnahme: Stefan Thielen, CDU-Fraktion) und der damit einher gehenden Gefahren für Jugend- und Spielerschutz. Aber auch das Thema einer stärkeren finanziellen Forschungsförderung auf diesem Gebiet blieb schlussendlich außen vor. Beide Themen wurden aber ausführlich in der öffentlichen Anhörung am 13. September 2023 angemerkt.