UIGEA – Dschungelkrieg im Paragraphengestrüpp

Ein unbeliebtes Gesetz beeinflusst vielleicht sogar die Wahl des neuen amerikanischen Präsidenten. Schließlich hat die Pokerlegende Doyle Brunson in seiner Kolumne dargelegt, warum er, der konservative Texaner, für eine Wahl des Demokraten Barack Obama votiert. Ganz einfach: Weil er von dem erwartet, dass dieses unselige Gesetz zurückgenommen wird. Seitdem diese Bestimmung in Kraft trat, hat sie nur Ärger, Streit, Querelen, ja einen richtigen Kleinkrieg ausgelöst. Die Rede ist vom Unlawful Internet Gambling Enforcement Act (UIGEA). Ehe sich das Parlament in Washington im April erneut damit befasst, wollen wir noch einmal den Kampf für und wider das Onlinespiel Revue passieren lassen. Schließlich geht es in diesem Geschäft um Milliardenumsätze:

Wahrscheinlich hatten die Initiatoren dieses UIGEA in ihrem Innersten gespürt, dass es nicht gerade zu den brillantesten Ideen gehört, den Amerikanern im Internet ihr Nationalspiel Poker wegzunehmen. Zumindest verbietet der UIGEA, online bei Anbietern zu spielen, die nicht in den USA ihren Firmensitz haben. Vielleicht hat man nicht nur aus Zeitgründen dieses Gesetz an ein anderes einfach angehängt. Als Zugpferd suchte man sich ein Gesetz zur Verbesserung der nationalen Sicherheit in amerikanischen Häfen aus. Was die Kaimauern mit Pik-König zu tun haben? Nichts! Da jedoch niemand gegen die nationale Sicherheit stimmen würde, war man sich im Lager der Befürworter sicher, dass der juristische Wurmfortsatz ebenfalls das Parlament passieren würde.

So weit, so schlecht. Im Oktober 2006 fand die Sicherheit der Häfen – und damit auch das Verbot von Onlinecasinospielen – im Parlament die Zustimmung. Doch schon bald regte sich Widerstand. Sehr schnell hatte der Abgeordnete Barney Frank eine Schlüsselrolle im politischen Guerillakrieg gegen den UIGEA erhalten.

Natürlich hat dieses Gesetz auch viele Befürworter. Da sind die Besitzer der Pferde- und Hunderennbahnen, die Casinobetreiber und die mächtigen Sportverbände NFL (National Football League), NBA (National Basketball Association), NHL (National Hockey League) und die MLB (Major League Baseball). Bei ihnen allen geht es natürlich darum, dass die Sportwetten im American Football, Basketball, Eishockey und im Baseball unter ihrer Kontrolle (und für ihre Kassen) abgewickelt werden. Und auf den Rennbahnen findet man längst fast überall Pokerrooms, in denen natürlich auch in Zeiten gespielt werden kann, wenn vor der Tribüne keine Pferde oder Hunde um Sieg und Platz kämpfen. Deshalb begrüßen die Rennbahnbetreiber Pokerspieler lieber in ihren Räumen, als sie in anonymen Onlinecasinos zu wissen.

Und so etwas lässt man sich auch schon mal etwas kosten. So schrieb der Experte für Onlinespiele, J. Todd, im Dezember 2007 auf seiner Webseite sehr süffisant: „40.000 gute Gründe, warum Goodlatte gegen Onlinepoker ist“. Der Hintergrund: Der Abgeordnete Bob Goodlatte aus dem Bundesstaat Virginia hatte 40.000 Dollar für Lobbyarbeit von den Rennbahnbetreibern und den Buchmachern erhalten. Dass Bob Goodlatte 2006 verantwortlich für den detaillierten Gesetzestext von UIGEA zeichnete, ist sicher nur ein Zufall. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Auch die Basketballer griffen tief in den Korb. Sie beauftragten die Firma McGuirewoods Consulting damit, Abgeordnete für ihre Sache, also gegen Onlinepoker und andere Spiele, zu gewinnen. Da Bilder oft mehr sagen als 1.000 Worte, stellte man für diese Lobbyarbeit viele, viele Dollarnoten zur Verfügung. Im abgelaufenen Jahr 2007 belief sich die Summe der „Bildersammlung“ auf 330.000 Dollar. Wie viel für einen Touchdown oder Homerun investiert wurde, gaben weder NFL noch MLB bekannt.

Nun ist der Kampf um UIGEA kein klassischer Westernfilm, hier die Guten, da die Bösen. Auch bei denen, die das Gesetz kippen wollen, gibt es gefüllte Kassen. Sehr gut gefüllte sogar. So gab die Poker Player Alliance (PPA) 2007 über 900.000 Dollar für Lobbyarbeit aus. Die PPA, deren Vorsitzender der frühere Senator aus New York Alfonse D’Amato (Foto rechts) ist, vereinigt rund eine Million amerikanische Pokerspieler unter ihrem Dach. Noch mehr warf die American Gaming Association (AGA) in den Pot. Für 2007 waren es mehr als 1,7 Millionen Dollar, die man zur „Pflege der politischen Landschaft“ ausgegeben hat. Hinter der AGA stehen die Casinobetreiber in den USA.

Wenn man also bei diesem Streit um ein Gesetz die Vokabeln der Kriegsführung weiter bemühen möchte, dann muss man wohl von einer Materialschlacht sprechen. Experten schätzen, dass bei dieser Auseinandersetzung allein im vergangenen Jahr von allen Interessengruppen der Glücksspielindustrie rund 22 Millionen Dollar ausgegeben worden sind.

Vor diesem Hintergrund lässt sich erahnen, um welchen großen Pot im April gespielt wird. Die Gruppe der Gesetzesgegner ist deutlich gewachsen. Doch wenn man das Blatt realistisch beurteilt, reicht es nie zum All-in, es läuft wohl eher auf einen parlamentarischen Coinflip hinaus.