AG Lübbecke: Abmahnung wg. Glücksspiel-Links rechtsmissbräuchlich

Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr

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Das AG Lübbecke (Urt. v. 31.05.2005 – Az.: 3 C 314/04) hatte darüber zu entscheiden, ob das Setzen eines Links auf eine ausländische Glücksspiel-Seite rechtswidrig ist oder nicht.

In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung wird die Verlinkung auf ausländische Glücksspiel-Seiten unterschiedlich bewertet. Das OLG Hamburg [MMR 2002, 471 (472) m. Anm. Bahr; MMR 2004, 822 (823 f.)], LG Hamburg (Urt. v. 03.02.2005 – Az.: 315 O 839/04 = Kanzlei-Infos v. 22.04.2005), das AG Regensburg (Urt. v. 29.06.2004 – Az.: 6 C 295/04) und das VG Münster (Beschl. v. 05.11.2004 – Az.: 1 L 1118/04) bejahen die Haftung für eine Verlinkung auf eine Webseite. Das LG Deggendorf und das LG München II (Urt. v. 30.9.2004 – Az.: 8 S 2980/04) dagegen verneinen dies. Vgl. dazu die Kanzlei-Infos v. 20.02.2005

Mit der „Schöner Wetten“-Entscheidung hat der BGH (Urt. v. 01.04.2004 – Az.: I ZR 317/01) Anfang April diesen Jahres entschieden, dass ein Presseunternehmen, das im Rahmen seiner veröffentlichten Internet-Artikel einen Link auf eine ausländische Glücksspiel-Seite setzt, grundsätzlich nicht haftet.

In dem aktuellen Fall, den das AG Lübbecke zu entscheiden hatte, kam das Gericht gar nicht erst zu dieser Problematik, sondern verneinte einen möglichen Erstattungsanspruch hinsichtlich der anwaltlichen Abmahnkosten schon wegen Abmahnungsmissbrauchs.

Der Beklagte wurde durch die Kanzlei Dr. Bahr vertreten. Die Klägerin, eine deutsche Spielbank, wurde durch einen Hamburger Rechtsanwalt vertreten. Schon in der Vergangenheit waren den Gerichten die zahlreichen Abmahnungen der Klägerseite und dessen Prozessbevollmächtigtem aufgefallen, so z.B. vor dem AG Deggendorf, vgl. die Kanzlei-Infos v. 18.05.2004.

Der Richter findet im vorliegenden Verfahren kaum noch an Deutlichkeit zu übertreffende Worte:

„Der Kostenerstattungsanspruch kann gerichtlich nicht geltend gemacht werden, denn der Unterlassungsanspruch (…) war Gegenstand einer (…)mißbräuchlichen Abmahnung. (…)

Nach dem Vorgehen der Klägerin und der von ihr vertretenen Tochtergesellschaften ist davon auszugehen, daß der Beklagte mit möglichst hohen Kosten belastet werden sollte. Geltend gemacht werden 1.981,30 € (Vertretung mehrerer Auftraggeber nach einem Streitwert von 50.000,00 €).

Für die Abmahnung nur namens der Klägerin wären – unterstellt, der Geschäftswert wäre, wie die Klägerin meint, mit 50.000,00 € in Ansatz zu bringen – 784,50 € angefallen. Vernünftige Gründe – die Abmahnung durch ein Konzernunternehmen reicht in der Regel aus, denn durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung entfällt im Allgemeinen auch im Verhältnis zu anderen Gläubigern die Wiederholungsgefahr -, die den Vorwurf des Rechtsmißbrauchs ausschließen, sind nicht ersichtlich.

Der Vergleich der Gebühren zeigt, daß die für den Schuldner schonendste Vorgehensweise nicht gewählt wurde (vorausgesetzt, die Einschaltung eines Rechtsanwalts wäre zu tolerieren). Insoweit darf zudem nicht außer Betracht bleiben, daß die Klägerin Betreibergesellschaft der 5 in (…) konzessionierten Spielbanken ist und unter Berücksichtigung der Anzahl der bereits erfofgten Abmahnungen über die erforderliche Sach-und Fachkunde, bezogen auf den unschwer zu erkennenden Wettbewerbsverstoß, den sie dem Beklagten anlastet, verfügt (…).

Die Kosten hätten sich in dem Fall (Abmahnung durch die Geschäftsführer der Klägerin) auf weniger als 50,00 € belaufen.“

Und weiter:

„Die durch einen Rechtsanwalt koordinierte Abmahnung (…) in Vertretung mehrerer Gläubiger stellt nach allem einen nicht zu tolerierenden Mißstand dar, der dem Schuldner den Weg einer kostengünstigen außerprozeßualen Erledigung verstellt hat.

Die strenge Rechtsfolge – der Anspruch darf insgesamt klageweise nicht geltend gemacht werden – ist im Hinblick auf die mit der mißbräuchlichen Abmahnung namens mehrerer Gläubiger verbundenen Gefahren angemessen (…) Die Voraussetzungen eines (noch) zu tolerierenden Ausnahmefalls sind nicht gegeben. Der Bundesgerichtshof hält lediglich die Abmahnung namens zweier Konzernschwestern für zulässig, und zwar mit dem Argument, die Kosten erhöhten sich nur in verhältnismäßig geringem Umfang. Von einer geringen Erhöhung der Kosten kann hier indes – geltend gemacht werden 250 % der Kosten, die bei einer Abmahnung namens der Klägerin angefallen wären – keine Rede sein.“