StA München – Kein Glücksspiel bei Neun Live

Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr

Kanzlei Dr. Bahr
Mittelweg 41a
D - 20148 Hamburg
Tel.: +49 40 35017760
Fax: +49 40 35017761
E-Mail: bahr@dr-bahr.com
In der Vergangenheit war es zu Vorwürfen gekommen, dass der Fernsehsender „Neun Live“ angeblich nicht ordnungsgemäß abrechne. Obwohl die Anrufer ein Besetztzeichen hören würden, würden angeblich dennoch die Einwahl-Entgelte berechnet. Daraufhin ermittelte die Staatsanwaltschaft München (StA München) wegen Betruges.

Es war in dieser Angelegenheit auch zu Auseinandersetzungen zwischen „Neun Live“ und der Verbraucherzentrale Sachsen gekommen, vgl. die Kanzlei-Info v. 07.06.2003.

Nun hat die StA München das Verfahren eingestellt, weil es keinen Verdacht für eine Straftat gebe. Insbesondere der Vorwurf des Besetztzeichens wurde als haltllos zurückgewiesen, da „Neun Live“ kein eigenes Netz betreibe und damit alleine schon technisch nicht in der Anlage sei, eine solches (theoretisch denkbares) Handeln umzusetzen.

Interessanterweise äußerte sich die StA auch zum Vorwurf des unerlaubten Glücksspiels, da diesbzgl. ebenfalls eine Anzeige vorlag. Die Situation von Gewinnspielen mit Mehrwertdiensten ist rechtlich außerordentlich umstritten, vgl. den Aufsatz von RA Dr. Bahr: „Gewinnspiele mit Mehrwertdienste Rufnummern (0190, 0900, 013x)“.

Nach Ansicht der Münchener Strafverfolgungsbehörde liegt kein strafbares Glücksspiel vor, sondern es handelt sich vielmehr um ein bloßes Gewinnspiel.

Der ermitteltende Staatsanwalt bezieht sich dabei ausdrücklich auf die in den 50er Jahren ergangenen Entscheidungen (OLG Hamm, JMBlNW 1957, 251 [251]: Strafbarkeit bei 1,00 DM; BayObLG, GA 1956, 385 [386]: Strafbarkeit bei 5,00 DM) und nimmt einen entsprechenden Inflationsausgleich vor. Daher würden die Televotings iHv. 0,49 EUR/Anruf nicht unter den Begriff des erheblichen Entgelt-Einsatzes fallen und es läge kein Glücksspiel vor.

Das Merkmal des (überwiegenden) Zufalls dagegen wurde bejaht, da es vom Glück abhänge, ob überhaupt jemand in die Sendung gestellt werde, um Fragen zu beantworten.

Die Einstellungsverfügung wird jedoch aller Voraussicht nach nicht der Schlußpunkt der juristischen Auseinandersetzung sein, denn schon wurde angekündigt, gegen die Einstellungsverfügung Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft (GStA) einzulegen. Mit einer dann abschließenden juristischen Beurteilung der GStA wird erst in einigen Monaten gerechnet.

„Neun Live“ hat zu diesem gesamten Themenkomplex eine eigene Pressemitteilung herausgegeben.