BGH Beschluss vom 19.5.2011 – I ZR : 215/08 – Lotteriegesellschaft haftet für Wettbewerbsverstöße ihrer Annahmestellen ohne Entlastungsmöglichkeit

Ein Artikel von Rechtsanwalt Boris Hoeller

Zu den Tatbestandsmerkmalen, die das Lotterierecht für eine gewerbliche Spielevermittlung vorsieht

Zu einer teilweise überraschenden Erkenntnis ist der Bundesgerichtshof anlässlich einer Kostenentscheidung gekommen, die aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärung getroffen wurde.
Was möglicherweise im Rahmen einer mündlichen Verhandlung als tatsächlicher Erkenntnisfehler hätte aufgedeckt werden können, hat nun Eingang in Gründe für eine höchstrichterliche Entscheidung gefunden, die unter Anlegung von Wahrscheinlichkeitserwägungen getroffen worden ist. Insoweit ist es zweifelhaft, ob der Bundesgerichtshof hat annehmen dürfen, dass die Beklagte „die tatsächliche Zusammensetzung des jeweiligen Gesellschafterkreises beeinflusst“. Denn diese Einflussmöglichkeit lag ausschließlich im Verantwortungs- und Wirkungskreis der nicht mit verklagten gesellschaftsanteil-veräussernden Drittgesellschaft, anderweitige Feststellungen hatte das Berufungsgericht nicht getroffen. Überdies hat der Bundesgerichtshof übersehen, dass § 3 Abs. 6 GlüStV vorsieht, dass nicht nur irgendeine Spielbeteiligung an einen Veranstalter vermittelt werden muss, sondern – insoweit ist der Wortlaut eindeutig – „deren“. Gezahlte Kundenentgelte waren zu keinem Zeitpunkt an Veranstalter vermittelt worden, da diese lediglich Anteile an Gesellschaften bürgerlichen Rechts erworben hatten, in deren Vermögen die Spielbeteiligungen bereits vor Eintritt in die Gesellschaft vorhanden waren. Die Kontrollüberlegung, ob von der Beklagten durch die Auferlegung der Pflichten Unmögliches verlangt werden würde, hat der Bundesgerichtshof nicht ausreichend durchgeführt. Wenn die Spielquittungen von den Entgelten der eintretenden Gesellschafter nicht bezahlt worden sind, dann erweisen sich die gesetzlichen Pflichten nach § 19 GlüStV als nicht einschlägig. Die Entscheidung des Bundesgerichtshof hat damit insofern Korrektur- und Klarstellungsbedarf ausgelöst, sofern überhaupt Parallelfälle bestehen.

Klargestellt hat der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung aber, dass eine staatliche Lotteriegesellschaft für Wettbewerbsverstöße nach § 8 Abs. 2 UWG ohne Entlastungsmöglichkeit haftet (Rn. 23). Dies ist zwar lauterkeitsrechtlich keine wesentlich neue Erkenntnis. Stets aber versuchen die Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks, sich unter Hinweis darauf, sie hätten alles ihnen Mögliche getan, um Verstöße ihrer Annahmestellen gegen das Werbe- und Vertriebsrecht zu verhindern, aus der Affäre zu ziehen. Dieser Strategie, die zwar nur selten vor Landgerichten Erfolg hatte und im Rechtszug nie Bestand hatte, dürfte die Fruchtbarkeit endgültig genommen sein. Auf eine konkrete Erkenntnis des Bundesgerichtshof insoweit, kann nunmehr Bezug genommen werden. Gleiches gilt für die die Rechtsverteidigung der Blockgesellschaften prägende Rechtsmißbräuchlichkeitseinreden (Rn. 24), die zumeist ins Blaue hinein erhoben werden. Im Streitfall waren die Testkäufe als rechtsmißbräuchlich heruntergespielt worden und dem Rechtsanwalt der Beklagten und Widerklägerin ein unlauteres Gebührenerzielungsinteresse angeworfen worden. Anhaltspunkte für solche Sachverhalte hat der Bundesgerichtshof nicht erkennen können und dies in seiner Entscheidung zum Ausdruck gebracht.

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