Hierzu möchte ich als verfahrensführender Rechtsanwalt der Antragstellerin folgende Erklärung abgeben:
Der BFH hat die Gleichartigkeit des virtuellen Automatenspiels und des terrestrischen Automatenspiels verneint.
Auf das von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren vorgelegte Gutachten ist der BFH nicht eingegangen, obwohl wir mit diesem Gutachten eindrucksvoll die große Überschneidung der Kundengruppen für beide Spielformen glaubhaft gemacht haben.
Auch sehe ich nicht, woher der BFH die angebliche "unionsrechtliche Mehrwertsteuer-Sonderregelung" für auf elektronischem Weg erbrachte Glücksspiele nimmt. Die vom BFH in diesem Zusammenhang zitierten EuGH-Entscheidungen hatten alle eines gemeinsam:
Bereits in der Richtlinie waren diese Sonderregelungen für bestimmte Dienstleistungen enthalten. Der EuGH hatte sich sodann damit zu befassen, ob diese in der Richtlinie enthaltenen Sonderregelungen dem steuerlichen Neutralitätsgrundsatz entsprechen. Bezüglich der Anbieter von Online-Glücksspielen gibt es eine solche Sonderregelung in der Richtline aber gerade nicht. Vielmehr hat der deutsche Gesetzgeber diese Sonderregelung ohne eine dafür in der Richtlinie bestehende Grundlage geschaffen.
Die Vorgehensweise der offensichtlich politisch motivierten Richter des XI. Senats des BFH erscheint einmal mehr als ein recht billiger "Taschenspielertrick". Solche Tricks bin ich aus zahlreichen Verfahren vor beiden Umsatzsteuersenaten des BFH sowie von dem für Vergnügungssteuern zuständigen II. Senat bereits gewohnt. Es ist traurig aber leider wahr, dass die deutsche Finanzgerichtsbarkeit ihre Aufgabe zuvorderst wohl darin sieht, politischen Vorgaben zu folgen, anstatt nach Recht und Gesetz zu handeln.
Unlängst musste ich mir vom Vorsitzenden eines Finanzgerichts am Ende einer mündlichen Verhandlung anhören, dass unsere Einwände gegen die Umsatzbesteuerung des Glücksspiels ja nachvollziehbar und überzeugend seien, aber die Politik bei den Entscheidungen der Finanzgerichte ja auch immer eine Rolle spiele und daher der Klage nicht stattgegeben werden könne.
Viele Richter an den Finanzgerichten machen also nicht einmal mehr einen Hehl daraus, dass es ihnen nicht darum geht Recht zu sprechen, sondern vorrangig darum, den Vorgaben der Politik zu folgen.
Die Antragstellerin erwägt, gegen den BFH-Beschluss vom 26.09.2022 zunächst Anhörungsrüge nach § 133a FGO wegen der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und sodann Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht zu erheben. Aufgrund der ersichtlich kaum noch funktionierenden Gewaltenteilung sowie dem damit fortschreitend einhergehenden Verlust der Rechtsstaatlichkeit dürfte es allerdings schwer werden, hier durchzudringen.
Meine Verfassungsbeschwerde gegen die Hamburgische Spielvergnügungssteuer (Az. 1 BvR 2840/18) hatte das Bundesverfassungsgericht ganze drei Jahre lang unbearbeitet liegen lassen, um sie dann Ende des vergangenen Jahres ohne Angaben von Gründen nicht zur Entscheidung anzunehmen.