Vergleich vor dem Landgericht Dortmund: Land NRW muss 200.000,00 € Schadensersatz an Sportwettvermittler bezahlen

Rechtsanwalt Guido Bongers

Rechtsanwaltskanzlei Bongers
Landgrafenstraße 49
D - 50931 Köln
Im Rahmen eines durch die Kanzlei Bongers und Kollegen geführten zivilrechtlichen Schadenersatzverfahrens vor dem Landgericht Dortmund (8 O 92/07) hat sich das beklagte Land Nordrhein-Westfalen im Rahmen eines Vergleichs verpflichtet, einem Betreiber mehrerer Sportwettannahmestellen aus Essen Schadensersatz in Höhe von 200.000,00 € zu bezahlen, nachdem im Rahmen von Durchsuchungs- und Schließungsmaßnahmen im Jahre 2004 gleich drei Annahmestellen für Sportwetten, in denen der Kläger solche Oddset-Sportwetten an ein in Malta ansässiges Sportwettveranstaltungsunternehmen vermittelte, durchsucht, die wesentlichen Gegenstände beschlagnahmt und damit die Schließung der Betriebsstätte herbeigeführt worden war.

Der Kläger hatte bereits Ende 2003 sein Gewerbe der “Vermittlung von Sportwetten” beim zuständigen Gewerbeamt der Stadt Essen angezeigt und die Tätigkeit der Sportwettvermittlung an ein in Malta ausdrücklich lizenziertes Wettveranstaltungsunternehmen aufgenommen. Im März 2004 durchsuchte dann die Polizei auf der Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Essen insgesamt drei Betriebsstätten des Klägers, wobei betriebsnotwendige Unterlagen und Computeranlagen sowie zahlreiche weitere Gegenstände beschlagnahmt worden sind.

Der Kläger konnte aufgrund der Beschlagnahme und Durchsuchung seine Betriebsstätte über ca. 6 Monate nicht weiterführen. Nachdem das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger dann im November 2005 auf Kosten der Landeskasse eingestellt worden war, ist durch die Kanzlei des Unterzeichners für den Kläger ein Antrag auf Feststellung der Entschädigungspflicht nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz gestellt worden. Diesem Antrag hatte das Amtsgericht Essen dann Anfang Dezember 2005 dem Grunde nach stattgegeben. Die Ansprüche des Klägers wurden dann gegenüber der Staatsanwaltschaft Essen beziffert, wobei insbesondere auf den entgangenen Gewinn des Klägers seit der Schließung aufgrund der rechtswidrigen Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahmen abgestellt worden war. Diese Ansprüche wies die Generalstaatsanwaltschaft Essen zunächst zurück, so dass Klage zum Landgericht Dortmund erhoben worden ist. Mit der Klage wurde ein Gesamtanspruch von über 284.000,00 € geltend gemacht.

Das Landgericht Dortmund hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung dann zunächst darauf hingewiesen, dass es den Anspruch dem Grunde nach für gegeben halte und insbesondere der Einwand der Beklagtenseite, dass der Kläger seine Tätigkeit auch unter ordnungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht hätte ausüben dürfen, unzutreffend sei. Das Landgericht Dortmund hat insoweit zutreffend darauf verwiesen, dass zum einen zum damaligen Zeitpunkt aus Ordnungsverfügungen gar nicht vollstreckt wurde, zum anderen damalige Vollstreckungsmaßnahmen bereits rechtswidrig waren. Nachdem ein entsprechender Hinweisbeschluss des Landgerichts Dortmund ergangen war, haben die Parteien dann im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Dortmund am 19.09.2008 einen Vergleich des Inhalts geschlossen, wonach das beklagte Land Nordrhein-Westfalen sich verpflichtet hat, an den Kläger einen Schadensersatz in Höhe von 200.000,00 € zu bezahlen.

Dieser Vergleich ist zwischenzeitlich rechtswirksam geworden.

Damit ist es diesseits erneut gelungen, einen umfangreichen Schadensersatzanspruch zu Gunsten eines privatrechtlichen Sportwettvermittlers durchzusetzen.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang indes, dass es sich hier um einen Schadensersatzanspruch handelt, der dadurch entstanden ist, dass seitens der Strafverfolgungsbehörden rechtswidrige Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahmen durchgeführt worden sind. Allerdings ergab sich im Rahmen des Verfahrens auch, dass nach Auffassung des Gerichts damals durchgeführte ordnungsbehördliche Maßnahmen ebenfalls rechtswidrig gewesen sind.

Ferner wird mit dem Ausgang des vorliegenden Verfahrens erneut verdeutlicht, dass sich Bundesländer und Kommunen, insbesondere auch nordrhein-westfälische Kommunen aufgrund der verschuldensunabhängigen Haftung nach § 39 OBG NW darauf einstellen müssen, umfangreiche Schadensersatzansprüche in hunderten von Fällen an Sportwettvermittler entrichten zu müssen, sollten sich die Ordnungsverfügungen der einzelnen Städte und Kommunen, die unter Androhung von Verwaltungszwang zur Schließung hunderter von Wettannahmestellen geführt haben, im Ergebnis als rechtswidrig erweisen.

Vor dem Hintergrund der derzeitigen Rechtsprechung deutscher Verwaltungsgerichte, von denen mittlerweile eine überwiegende Anzahl in Eilverfahren – zum Teil auch in Hauptsacheverfahren – zu Gunsten von Sportwettvermittlern entschieden haben, erscheint es angesichts der noch ausstehenden Entscheidung des EuGH ohnehin als geradezu willkürlich, an der Anordnung des Sofortvollzuges aus Ordnungsverfügungen gegen Sportwettvermittler festzuhalten. Der vorliegende Fall sollte auch für die Verantwortlichen der Ordnungsbehörden nachdrücklich Anlass zu der Überlegung geben, den Sofortvollzug – jedenfalls bis zu den maßgeblichen Entscheidungen des EuGH oder entsprechenden Hauptsacheentscheidungen der Oberverwaltungsgerichte, die bis heute noch nicht vorliegen – auszusetzen, wobei man damit ohnehin nur dem Beispiel anderer Behörden folgen würde.