Spielhallen: Erlaubnisverfahren für Spielhallen in Sachsen intransparent

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Fabian Maschke/Österreich

Wer in dem sog. „Freistaat“ Sachsen (Deutschland) Spielhallen im öffentlichen Auftrag betreiben möchte, um den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in überwachte und auf die Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtete Bahnen zu lenken, braucht nach europarechtlichen Grundsätzen keine zweite, sog. glücksspielrechtliche Konzession nach dem Staatsvertrag (§ 24 GlüStV).

Diese gesicherte Erkenntnis folgt schon aus der landesrechtlichen Gesetzeslage, demnach die bundesrechtliche – und in Sachsen weiterhin erforderliche – Gewerbeerlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle die so genannte zusätzliche glücksspielrechtliche Betreibererlaubnis „einschließt“ (§ 18a SächsGlüStV AG).

Diese gesicherte Erkenntnis folgt auch daraus, dass sich ein zweites Erlaubniserfordernis zum Betrieb einer Spielhalle unionsrechtlich grundsätzlich verboten ist und angesichts der fehlenden Systematik und Kohärenz nicht mit zwingenden Erfordernissen des Gemeinwohls gerechtfertigt werden könnte.

Diese gesicherte Erkenntnis, dass ein zweites Erlaubniserfordernis zum Betrieb einer Spielhalle rechtswidrig ist, folgt weiter nach deutschem Verfassungsrecht daraus, dass sich der glücksspielrechtliche Erlaubnisvorbehalt und der gewerberechtliche (im Bundesrecht geregelte) Erlaubnisvorbehalt beim Jugendschutz und beim Spielerschutz überschneiden („verfassungswidrige Mischlage“).

Diese gesicherte Erkenntnis, dass Spielhallenbetreiber in Sachsen keine zweite Betriebserlaubnis benötigen, folgt aber auch daraus, dass die Bedingungen und Modalitäten für Spielhallenunternehmer intransparent, d.h. nicht „klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen vorhersehbar“ sind.

Dies hat nunmehr das Glücksspielreferat der Landesdirektion Sachsen unter der Leitung von Frau B. unmissverständlich klargestellt. Lesen Sie selbst!

Eine Mandantin, ein Glücksspielunternehmen mit Sitz und Glückspiellizenz in der Slowakei, wollte eine Spielhalle im so genannten „Freistaat“ Sachsen von dem vorherigen Betreiber übernehmen.

Sie fragte bei der Landesdirektion, welche Konzessionen oder Erlaubnisse hierfür notwendig sind. Eine klare Antwort wurde ihr von der Landesdirektion verweigert.

Wer also dachte, in Österreich ginge vieles nicht mit rechten Dingen zu, sollte einmal versuchen, in Sachsen das Recht und Gesetz ausfindig zu machen. Die Nadel im Heuhaufen bekommt dort eine ganz neue Bedeutung.

Die Landesdirektion wurde von dem slowakischen Spielhallenunternehmen schriftlich gefragt, ob neben der in § 4 Abs. 1 GlüStV vorgesehenen Erlaubnis zur Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspiel auch die Erlaubnis nach § 33c GewO zur Aufstellung von Geldspielgeräten in einer Spielhalle erforderlich ist. Eine klare Antwort war für das slowakische Unternehmen von Interesse, weil einem in Sachsen ansässigen Spielhallenbetreiber das Fehlen einer Erlaubnis zur Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspiel gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV in einem Bußgeldverfahren der Landesdirektion vorgehalten wird.

Die Landesdirektion verwies zunächst auf ihre Homepage. Weder aus der Homepage der Landesdirektion noch der Kommunen ergab sich jedoch eine klare Antwort auf die Frage, welche Bewandtnis die Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 zur Veranstaltung von Glücksspiel für Spielhallenbetreiber in Sachsen haben kann.

Das slowakische Unternehmen hakte nach:

Es fragte ganz konkret, bei welcher Autorität (Behörde) die Erlaubnis für die Veranstaltung von Glücksspiel in einer Spielhalle gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV zu beantragen wäre und welche Voraussetzungen hierfür einzuhalten sind.

Herr S. antwortete für die Landesdirektion, derzeit würden im sog. „Freistaat“ Sachsen keine Konzessionen für Spielhallen erteilt. Es stehe jedem potentiellen Spielhallenbetreiber frei, jederzeit und an allen glücksspielrechtlich erlaubten Standorten in Sachsen eine Spielhalle zu eröffnen. Aha! Zum Betreiben einer Spielhalle und dem Aufstellen von Geldspielgeräten seien neben der baurechtlichen Erlaubnis gewerberechtliche Erfordernisse zu erfüllen; hierfür seien die zuständigen Gewerbeämter zu kontaktieren. Auch seien glücksspielrechtliche Erfordernisse einzuhalten. Die gewerberechtliche Erlaubnis enthalte die glücksspielrechtliche Zustimmung. Auf die Frage, ob eine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV zur Veranstaltung oder Vermittlung von Glücksspielen für das Spielhallenunternehmer notwendig ist, ging Herr S. nicht ein.

Die Stellungnahme von Herrn S. auf die Frage nach der Erlaubnis bezüglich § 4 Abs. 1 GlüStV zur Veranstaltung von Glücksspiel, eine Erlaubnis, deren Fehlen die Landesdirektion zum Anlass für Bußgelder nimmt, obwohl sie diese Erlaubnis noch nie von jemandem verlangt hat, sei wörtlich zitiert:

„Sehr geehrter Herr M,

Ihre Anfragen bezüglich der Eröffnung einer Spielhalle in P. haben wir erhalten. Frau B. hat mich um die Beantwortung Ihrer Fragen gebeten.

Es entspricht nicht den Tatsachen, dass derzeit im Freistaat Sachsen Konzessionen für Spielhallen erteilt werden. Vielmehr steht es jedem potentiellen Spielhallenbetreiber frei, jederzeit und an allen glücksspielrechtlich erlaubten Standorten in Sachsen dann eine Spielhalle zu eröffnen, WENN DIE GESETZLICHEN VORAUSSETZUNGEN ERFÜLLT SIND. Eine zahlenmäßige Beschränkung bezüglich Spielhallen besteht nicht.

Zum Betreiben einer Spielhalle und dem Aufstellen von Geldspielgeräten sind neben der baurechtlichen Erlaubnis für die Spielhalle einerseits gewerberechtliche Erfordernisse zu erfüllen. Gesetzliche Grundlagen bilden hier die Gewerbeordnung und die Spielverordnung. Diesbezüglich wenden Sie sich bitte an das zuständige Gewerbeamt der Stadt P.. Weiterhin sind glücksspielrechtliche Erfordernisse (Einhaltung eines Mindestabstands zu allgemein bildenden Schulen (250 m), Mindestabstand zwischen Spielhallen untereinander (250 m), blablabla). Die gewerberechtliche Erlaubnis enthält im Falle der Erteilung die glücksspielrechtliche Zustimmung. Die vorzulegenden glücksspielrechtlichen Unterlagen sind unter https://www.lds.sachsen.de einsehbar.“

Kein Wort zu der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüstV zur Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspiel in einer Spielhalle. Kein Wort, bei wem diese Erlaubnis beantragt werden könnte und wie es sich ein solches Konzessionserfordernis zu dem bundesrechtlichen Erlaubnisvorbehalt aus § 33c GewO verhält, nachdem ein landesrechtlicher und ein bundesrechtlicher Erlaubnisvorbehalt nicht inhaltlich dasselbe regeln dürfen.

Das slowakische Unternehmen hakte nach.

„Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für die Antwort. Allerdings sind wir nach wie vor konfus, weil noch immer offen bleibt, ob und gegebenenfalls bei wem wir die Erlaubnis (bei uns in Österreich sagt man „Konzession“) gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV zur Veranstaltung (oder Vermittlung) von Glücksspiel in einer Spielhalle beantragen müssen und welche Voraussetzungen hierfür erforderlich sind. Wir haben natürlich nicht nur die Homepage der Landesdirektion, sondern auch diejenige aus Pirna genau studiert, denn wir sind schon länger in dem Geschäft tätig. Nirgends gibt es jedoch Informationen, ob die Erlaubnis nach § 4 zur Veranstaltung oder Vermittlung von Glücksspiel erforderlich ist, bei wem sie beantragt werden soll und was die Voraussetzungen sind. Auf der Homepage des Landratsamtes Pirna heißt es lediglich: „Zum Betrieb einer Spielhalle benötigen Sie eine entsprechende Erlaubnis. Gesetzliche Grundlage ist § 33i Gewerbeordnung in Verbindung mit der Spielverordnung sowie § 24 Glücksspielstaatsvertrag. Bitte beachten Sie, dass die Spielhallenerlaubnis andere Genehmigungen oder Erlaubnisse wie z. B.: Baugenehmigung, Gaststättenerlaubnis, Erlaubnis nach § 33c GewO (Aufstellung von Spielgeräten) und § 33d GewO (Veranstaltung von Spielen) nicht mit einschließt. Diese müssen gesondert beantragt werden.“

Der aktuelle Betreiber der Spielhalle sagte uns indes, dass ihm das Fehlen einer Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV zur Veranstaltung oder Vermittlung von Glücksspiel vorgehalten wird. Da wir auch an anderen Standorten in Sachsen interessiert sind, wäre es elementar zu erfahren, wie es sich mit diesem Erlaubniserfordernis verhält, zumal anscheinend einige Unterschiede zu der Situation in Bayern bestehen. Dort gibt es nach unseren Informationen keine Erfordernis, dass der Spielhallenbetreiber neben der Erlaubnis nach § 24 GlüStV zusätzlich eine Erlaubnis zur Veranstaltung oder Vermittlung von Glücksspiel gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV einholen muss.

Entschuldigen Sie bitte die Unannehmlichkeiten, aber die Rechtslage ist schon außerordentlich kompliziert, zumal sie in jedem Bundesland unterschiedlich zu sein scheint. Wir wären daher sehr dankbar, wenn Sie unmissverständlich die Frage nach der Bewandtnis der Erlaubnis des § 4 Abs. 1 GlüStV beantworten könnten, denn dazu ist nirgends etwas zu finden und auch unser österreichischer Anwalt kann uns nicht weiterhelfen.“

Auf die bislang von der Landesdirektion ausgeblendete Frage nach der Bewandtnis der Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV antwortete nunmehr die Chefin selbst.

„Sehr geehrter Herr M.

Herr S. hat Ihnen die Rechtslage gestern ausführlich erläutert und auf die Probleme hingewiesen. Aus unserer Sicht gibt es keinen weiteren Erläuterungsbedarf.

B.
Referatsleiterin“

Olé. Unterscheiden sich deutsche Behörden nicht von Bodurischen oder Syldavischen Behörden? Ist es nicht möglich, auf eine einfache Frage eine einfache Antwort zu bekommen?

Das slowakische Unternehmen hakte nach:

„Sehr geehrte Frau B.,

ihr ablehnendes Verhalten können wir überhaupt nicht verstehen. Wir haben eine klare Frage gestellt, auf die die Landesdirektion bisher nicht eingeht. Bei uns in Österreich sind Autoritäten verpflichtet, auf klare Fragen eine klare Antwort zu geben. Es geht nicht darum, ob es aus Ihrer Sicht keinen weiteren Erläuterungsbedarf gibt, sondern um die bisher nicht erfolgte Beantwortung der Frage, ob eine Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV zur Veranstaltung oder Vermittlung von Glücksspiel zum Betrieb einer Spielhalle erforderlich ist oder nicht, bei wem gegebenenfalls diese Erlaubnis zu beantragen ist und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Diese Frage lässt sich anhand Ihrer bisherigen Antworten oder Ihrer Verweise auf Verlinkungen nicht beantworten.

Dass Sie nunmehr meinen, es gäbe „keinen weiteren Erläuterungsbedarf“, ist wie gesagt ausgesprochen irritierend. Anwälte bestätigten uns, dass es im deutschen Recht genauso wie in Österreich zwingend ist, dass eine Behörde auf eine klare Frage auch eine klare Antwort geben muss. Dies folge aus dem Rechtsstaatlichkeitsgebot sowie aus § 25 VwVfG.

Wir bitten deshalb noch einmal um Beantwortung der Frage, ob eine Erlaubnis zur Veranstaltung oder Vermittlung von Glücksspiel gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV erforderlich ist, welche Voraussetzungen dafür gelten und bei wem diese Erlaubnis zu beantragen ist.“

Klare Frage! Noch immer keine Antwort der LDS. Das Glücksspielreferat der Landesdirektion Sachsen – Leitung Frau B. – schreibt am 23.5.2018 zu Dienstbeginn um 8:31 Uhr:

„Sehr geehrter Herr M.,

Sie haben eine Antwort erhalten. Der Vorgang ist hier abgeschlossen.

B.“

„Sie haben eine Antwort erhalten. Der Vorgang ist hier abgeschlossen.“ Das ist freistaatlich. Wer Syldavische oder Bordurische Behörden-Verhältnisse gewohnt ist, fühlt sich wie zu Hause. „Sie haben eine Antwort erhalten“ bedeutet nämlich in Syldavien und Bordurien: „Sie werden niemals eine Antwort erhalten! Denn wir machen was wir wollen.“

Das slowakische Unternehmen hakte nach:

„Sehr geehrte Frau B.,

Ja, ich habe sogar mehrere Antworten erhalten, ABER NICHT DIE ANTWORT AUF MEINE FRAGE. DIES WAR MEINE FRAGE:

Wir bitten deshalb noch einmal um Beantwortung der Frage, ob eine Erlaubnis zur Veranstaltung oder Vermittlung von Glücksspiel gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV zum Betrieb einer Spielhalle für den Betreiber zusätzlich zu der so genannten Aufstellererlaubnis gem. § 33c GewO und der Erlaubnis gemäß § 24 GlüStV erforderlich ist, welche Voraussetzungen dafür gelten und bei wem diese Erlaubnis zu beantragen ist. Können Sie uns dann bitte eine klare und verständliche Antwort zukommen lassen?“

Schweigen im Freistaat!

Damit steht die Intransparenz der glücksspielrechtlichen Erlaubnis in Sachsen fest. Die Landesdirektion knüpft Bußgelder an das Fehlen einer Erlaubnis gem. § 4 Abs. 1 GlüStV zur Veranstaltung oder Vermittlung von Glücksspiel, verweigert indessen die Auskunft, ob ein Spielhallenbetreiber diese Erlaubnis zur Veranstaltung oder Vermittlung von Glücksspiel in Spielhallen überhaupt benötigt. Und wenn er sie benötigen würde, wäre dies verfassungswidrig, weil schon nach § 33c GewO eine bundesrechtliche Erlaubnispflicht für die Veranstaltung von Glücksspiel in Spielhallen besteht. Nach Unionsrecht ist die Praxis und Rechtslage in Sachsen damit intransparent, nach österreichischem Recht das Verhalten der Landesdirektion amtsmissbräuchlich.

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