Landgericht Aschaffenburg hält Online-Vermittlung von Sportwetten an ein Unternehmen innerhalb der EU für objektiv nicht strafbar

Rechtsanwalt Guido Bongers

Rechtsanwaltskanzlei Bongers
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Mit Beschluss vom 22.05.2007 (Aktenzeichen Qs 62/07) hat die erste Strafkammer des Landgerichts Aschaffenburg einen zuvor ergangenen Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts Obernburg vom 16.02.2007 aufgehoben und die Herausgabe eines sichergestellten Cashpoint-Wettspielautomaten der Marke „Tipomat“, sowie die Herausgabe des sichergestellten Bargeldes an den zu Unrecht Beschuldigten veranlasst.

Der Beschuldigte hatte im Januar 2007 in seiner Gaststätte einen Internet-Terminal der Marke Tipomat betrieben. Über diesen Internet-Terminal konnte der Kunde – neben anderen Internetdienstleistungen – auch Sportwetten der in Malta konzessionierten Firma Cashpoint (Malta) Ltd. spielen. Dabei schließt der Kunde selbst die Wette über den Internet-Terminal unmittelbar mit dem maltesischen Wettveranstaltungsunternehmen, welche über eine Lizenz der zuständigen maltesischen Behörden verfügt, ab. Das Gerät wurde mit Schlüsseln und Bargeld durch Polizeibeamte der Kriminalpolizei in Aschaffenburg sichergestellt.

Das Amtsgericht Obernburg hat dann zunächst die Sicherstellung mit einem Beschluss vom 16.02.2007 bestätigt, so dass die Gegenstände zunächst beschlagnahmt blieben. Die durch den Unterzeichner hiergegen erhobene Beschwerde hatte nunmehr Erfolg. Das Landgericht Aschaffenburg weist unter ausdrücklichem Hinweis auf das Urteil des OLG München vom 26.09.2006 und unter Bezugnahme auf die Urteile des EuGH in der Rechtssache Gambelli vom 06.11.2003 und in der Rechtssache Placanica vom 06.03.2007 sowie unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 darauf hin, dass eine Online-Vermittlung von Sportwetten an ein konzessioniertes Unternehmen innerhalb der Europäischen Union schon objektiv nicht strafbar ist, weil die deutsche Gesetzeslage derzeit verfassungs- und gemeinschaftswidrig ist. Unter Beachtung des europäischen Gemeinschaftsrechts müsse dem Grundsatz des Anwendungsvorranges des Europarechts Rechnung getragen werden, wonach eine Strafvorschrift nicht angewandt werden kann, die gleichzeitig in unrechtmäßiger Weise die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit eines ausländischen Wettanbieters beeinträchtigt. Dies sei derzeit der Fall, so dass § 284 StGB schon objektiv nicht angewandt werden könne.

Hervorzuheben an der hier getroffenen Entscheidung ist, dass das Landgericht Aschaffenburg auf die objektive Unanwendbarkeit der Strafvorschrift auch für den Zeitraum nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 verweist.