Lootboxen: Problem im Bundestag angekommen. Novellierung des Jugendschutzgesetzes?

Bonn (SR) - An mehreren Ecken in Europa geht die Diskussion um die Regulierung von Lootboxen weiter. Die Lösungsansätze aus der Politik sind dabei recht unterschiedlich. Spanien denkt zum Beispiel über die Einführung einer Altersgrenze für Lootboxen nach. In Österreich hingegen wird aktuell der gerichtliche Weg verfolgt, da von Seiten der Politik zurzeit keine Regulierungsbemühungen erfolgten. Ein Vorgehen, das auch in Deutschland droht, sollte der Regulierer nicht seiner Rolle gerecht werden. Dies und mögliche Regulierungsansätze arbeitete gluecksspielwesen.de in seiner vergangenen Diskussionsrunde Lootboxen – Lösungswege zur Trennung zwischen Unterhaltung und Glücksspiel heraus.

Die Debatte um eine Regulierung ist im Bundestag bereits angekommen und wird von Abgeordneten unterschiedlicher Parteien vorangetrieben, so sagte zum Beispiel Lena Werner MdB von der SPD: "Die Gamesbranche ist eine wirtschaftsstarke und kreative Industrie. Wir haben uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Games Branche in Deutschland weiter zu stärken. Ein erheblicher Teil der Umsätze dieser Branche stammt aus sogenannten In-Game-Käufen. In diesem Zusammenhang werfen Lootboxen, die in vielen Spielen vorkommen, einige kritische Fragen auf. Ich lege großen Wert darauf, dass das Spielerlebnis im Gaming positiv und unterhaltsam ist, ohne dabei unvorhersehbare finanzielle Risiken mit sich zu bringen. Gaming sollte eine Freizeitaktivität sein, die Freude bereitet und kein Glücksspiel durch die Hintertür sein. Besonders im Hinblick auf Kinder und Jugendliche ist es unsere Verantwortung, Schutzmechanismen zu etablieren, um sie vor möglichen negativen Auswirkungen zu bewahren."

Bereits konkrete Vorschläge für die Regulierung bringt Linda Heitmann MdB von Bündnis 90/die Grünen ein: „Lootboxen sind ein ärgerliches und auch gefährliches Phänomen in Videospielen und besonders problematisch, wenn Kinder und Jugendliche davon angesprochen werden. Wir müssen feststellen, dass die Spieleentwickler leider erstaunlich kreativ darin sind, junge Menschen in Videospielen abzuzocken und Sucht-Reflexe anzusprechen. Ich sehe hier Bedarf an gesetzgeberischen Verschärfungen. Es bedarf Aufklärungskampagnen, aber vor allem müssen die Anbieter von Games und Apps in die Pflicht genommen werden durch Informations- und Präventionsangebot sowie durch das Bereitsstellen von technischen Lösungen wie die automatische Verlangsamung bei langer Spieldauer, die Belohnung von Pausen bis hin zum Verbot von Lootboxen.

Gezielt suchtfördernde Mechanismen, beispielsweise komplexe Belohnungssysteme oder Nachteile bei Spielunterbrechungen, sollten für Kinder und Eltern durch Warnhinweise transparent gemacht werden. Für simuliertes Glücksspiel müssen die gleichen Jugendschutzmaßnahmen gelten wie für „echtes“ Glücksspiel. Die Forschung zu Wirkmechanismen, Prävalenzen und Therapie im Zusammenhang mit Online-Spielsucht (Gaming Disorder) muss intensiviert werden. Mit der letzten Novellierung des Jugendschutzgesetzes wurde die bisherige Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) zur Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ). Auf Spielplattformen müssen inzwischen die Altersfreigaben eindeutig gekennzeichnet werden, egal wie viele Nutzende sie haben oder wo ihr Unternehmenssitz liegt. Auch die Informationen zu Beschwerdestellen, Systeme zur Altersverifikation und datenschutzfreundliche Voreinstellungen wurden verbessert. Wir werden die weiteren Entwicklungen sehr genau beobachten und prüfen aktuell eine weitere Novellierung des Jugendschutzgesetzes, um hier weitere Verbesserungen für Jugendschutz bei Glücksspiel und glücksspielähnlichen Elementen im Internet zu verankern.“

Als Grundlage für eine effektive und angemessene Regulierung sind wissenschaftliche Ergebnisse wichtig, wie Fabian Gramling MdB CDU/CSU noch einmal zu verstehen gibt: „Die Debatte zum Schutz von Spielerinnen und Spieler hinsichtlich des Einsatzes von Lootboxen hat sich in den letzten Monaten intensiviert – auch dank der kleinen Anfrage der Unionsfraktion. Es besteht kein Zweifel daran, dass es mehr Regulierung bedarf. Studien und aktuelle Zahlen belegen, dass Spielsucht bei Jugendlichen über die letzten Jahre gestiegen ist. So wird aktuell bei rund 330.000 Jugendlichen von einem pathologischen Spieleverhalten ausgegangen. Doch um verlässliche politische Entscheidungen zu treffen, bedarf es noch mehr Forschung und Studien, die sich explizit auf Lootboxen beziehen und auch das eingesetzte Geld berücksichtigen. Konkrete Regulierungsvorschläge, egal ob technische Lösungen wie Einzahllimits oder eine grundsätzliche Deaktivierung, mehrstufige Authentifizierungsvorgänge oder eine Verschärfung des Jugendschutzes, müssen auf Grundlage wissenschaftlicher Ergebnisse und in Zusammenarbeit mit den Akteuren der Branche erarbeitet werden. Nur dann sind sie effektiv. Daran arbeiten wir als Union aktuell. Von der Regierung erwarte ich eine aktive Beteiligung an der aktuellen Diskussion, pragmatische Vorschläge zum Spielerschutz und eine ausreichende finanzielle Unterstützung der notwendigen wissenschaftlichen Arbeit zum Thema Lootboxen.“

Auf dem Bundeskongress zum Glücksspielwesen am 05. Oktober werden die Abgeordneten zusammen mit Vertretern aus der Rechtswissenschaft über mögliche Regulierungsmaßnahmen diskutieren, um die Debatte voranzubringen und Lösungen zu finden.