Lootboxen etc.: Der Bund darf nicht die weiße Flagge hissen. Er ist in der Pflicht!

Ein Artikel von Robert Hess

Bonn/Berlin - Einen Tag nach der weltweit größten Computerspielmesse Gamescom trafen sich am 28.08.2023 Rechtsexperten bei der Onlineveranstaltung von „gluecksspielwesen.de“ um über die Frage zu diskutieren, wo liegen Gefahren bei dem schleichenden Übergang von Gaming und Gambling gerade für Kinder und Jugendliche und wie kann diesen regulatorisch begegnet werden. Also: Bergen Lootboxen und andere glücksspielähnliche Angebote das Potential zum schleichenden Einstieg in eine reale Spielsuchtgefahr und wer muss aktiv werden.

Mit dabei waren:

  • Magister Urim Bajrami, Rechtsanwalt, Wien
  • Carsten Bringmann, Rechtsanwalt
  • Dr. Lennart Brüggemann, Rechtsanwalt
  • Professor Dr. Julian Krüper, Rechtswissenschaftler und Hochschullehrer an der Ruhruniversität Bochum
  • Dr. Andreas Woerlein, Rechtsanwalt
  • Axel Weber, Verantwortlich für Responsible Gaming, Westdeutsche Lotterie

Die Gamescom 2023 in Köln hat es erneut gezeigt. Die Politik, vom Bundesminister für Wirtschaft und Klima und dem Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, loben die Innovationskraft der Branche. Unbestritten! Sie erzielte 2022 einen Umsatz von 9,9 Mrd. Euro. Dabei entfielen 4,459 Mrd. EURO auf Ingamekäufe, also fast jeder zweite EURO. Darunter auch Lootboxen.

Aber, wo viel Licht ist, gibt es auch Schatten, eben das Risiko für Kinder und Jugendliche schleichend in Suchtgefahren abzudriften. Dazu hat man auf der Gamescom wenig bis gar nichts gehört. Jedenfalls nicht offiziell und schon gar nicht im Programm. Lediglich die SPD-Landtagsfraktion NRW hat sich geäußert. Natürlich betont sie, dass Videogaming ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für Deutschland ist, weist aber gleichzeitig auf damit verbundene Herausforderungen hin. Die SPD erwartet von der Landesregierung NRW, dass sie geeignete Maßnahmen ergreift, um problematische Glücksspielelemente (wie Lootboxen) zu regulieren.

Das war auch der zentrale Inhalt der genannten Online-Veranstaltung. Wo und wie kann eine Gefahrenabwehr etabliert werden? Im Bereich Jugendschutz, Jugendmedienschutz oder Glücksspielrecht? Sollte es zu keiner Regulierung kommen, erwarten einige Experten der Diskussionsrunde durchaus auch in Deutschland entsprechende Gerichtsverfahren analog zu Österreich. Die zuständigen Regulierer in Deutschland, warten einfach ab. So bleibe der Eindruck, dass man sich vor der Regulierungsverantwortung drücke und Alles immer auf die Anderen schieben.

Die Expertenrunde war sich schnell einig, dass eine Regulierung im Glücksspielstaatsvertrag nicht zielführend ist. Die Jugendschutzregulierungen seien der geeignete Ort für eine notwendige rechtliche Gestaltung. Da sei der Bund in der Verantwortung, aber der hisse bis jetzt die weiße Flagge. Dieser Eindruck verstärkt sich, zieht man das Protokoll der 10. Verbraucherschutzministerkonferenz vom 30.06.2023 heran (www.verbraucherschutzministerkonferenz.de). Die Minister hatten den Bund um eine entsprechende Berichterstattung gebeten. So gehen die Minister in der Berichtsbitte an den Bund davon aus, dass die selbstbestimmte Nutzung von Verkaufsangeboten nicht ausreichend sichergestellt sei (In-App-Käufe).  Aber gerade für Kinder und Jugendliche bestehe Handlungsbedarf auch mit Blick auf besseren Schutz vor wirtschaftlichem Schaden. Da ist dann auch die Rede von der Deckelung der Kaufsummen und von einem anbieterübergreifenden Einzahlungslimit. Die Bundesregierung sieht die Problematik, geht aber noch davon aus, dass die Anbieter in der Verantwortung stünden. Noch muss man wohl sagen, denn der Handlungsdruck steigt.

Aber es sei nun am Bund, so die Experten, die Initiative zu ergreifen und zeitnah eine deutschlandweite Lösung zu finden. Es müssen nun endlich und rasch praktikable Lösungen geben. Große Zustimmung im Expertenkreis fand der Vorschlag von Axel Weber, Westdeutsche Lotterie, als ersten Schritt einen runden Tisch zu schaffen, an dem Politik, also Regulierer, Anbieter, Wissenschaft und Prävention sich gemeinsam austauschen und nach Lösungsvorschlägen suchen.

Gluecksspielwesen.de wird auf dem Bundeskongress zum Glücksspielwesen am 05. Oktober 2023 in Berlin eine weitere Diskussionsrunde mit Rechtsexperten und politischen Mandatsträgern aus dem Bundestag zu diesen Fragestellungen anbieten. Mit dabei werden von der politischen Seite Lena Werner MdB (SPD), Linda Heitmann MdB (Bündnis 90/Die Grünen) und mit einer Videobotschaft Fabian Gramling MdB (CDU/CSU) sein, so gluecksspielwesen.de.

Das vollständige Webinar können sie bei Interesse hier noch einmal ansehen.