Interview mit Dr. Wulf Hambach – Rechtsanwalt

Reinhold Schmitt
ISA-GUIDE Chefredakteur (V.i.S.d.P.)
E-Mail: info@isa-guide.de


Dr. jur. Wulf Hambach studierte in Regensburg und Hamburg Rechtswissenschaft. Er wurde im April 2003 als Rechtsanwalt zugelassen. Bereits in seiner Referendarzeit und in seiner Promotion, die er am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht geschrieben hat, spezialisierte er sich auf Medien- und Glücksspielrecht.

Seine Auslandserfahrung sammelte er u. a. bei der Deutsch-Amerikanischen Außenhandelskammer in Houston (USA). In den Jahren 2000 bis 2001 arbeitete er für die renommierte Wirtschaftskanzlei Westphal Voges und Krohn sowie für das Medienunternehmen Verlagsgruppe Milchstrasse in Hamburg.
Bis 2005 war er in dem Bereich Glücksspiel-/Wettrecht bei der Kanzlei Arendts Anwälte tätig.

Er ist Mitbegründer der Kanzlei Hambach & Hambach Rechtsanwälte und hat sich auf die folgenden Rechtsgebiete spezialisiert: internationales und europäisches Wett- und Glücksspielrecht, Medienrecht.

ISA-CASINOS, Chefredakteur, Reinhold Schmitt: Welche Funktion üben Sie aus?

Dr. Wulf Hambach: Ich bin Rechtsanwalt und Mitgründer der Kanzlei Hambach & Hambach Rechtsanwälte.

ISA-CASINOS: In welchen Rechtsgebieten sind Sie schwerpunktmäßig tätig?

Hambach: Meine Tätigkeit und der Schwerpunkt in der Kanzlei Hambach & Hambach Rechtsanwälte liegen ausschließlich auf dem Bereich des internationalen und europäischen Glücksspielrechts. Hierbei darf man den Begriff des „Glücksspiel“Rechts allerdings nicht wörtlich nehmen. Bei neuen Wettformen und Spielformen, wie z. B. den Finanzwetten, Wettbörsen oder einer Vielzahl von Online-Spielen gibt es noch keine gesicherten (rechtlichen) Erfahrungswerte. Der Grund: Der deutsche Gesetzgeber verhält sich (abgesehen von der Verabschiedung des m.E. verfassungs und europarechtswidrigen Lotterie-Staatsvertrages) insbesondere in diesem Bereich sehr schwerfällig. Eine rechtliche Klärung überlässt er zur Zeit noch den Gerichten, obwohl das deutsche Rechtssystem eigentlich auf dem Kodifikations- und nicht auf dem Case-Law System aufgebaut ist.

ISA-CASINOS: Sind Sie noch in anderen Bereichen außer dem Sportwetten-Recht tätig?

Hambach: Neben in- und ausländischen Mandanten aus dem Bereich des Rechts der Sportwetten berate ich Unternehmen, die auf On- und Offline-„Glücksspiele“ spezialisiert sind und zwar auf nationaler wie auf internationaler Ebene.
Der Rechtsbereich des (internationalen) Glückspielrechts umfasst eine Vielzahl von ineinander greifenden Rechtsgebieten, so dass meine Tätigkeit durch seinen fachbereichsübergreifenden Charakter geprägt ist. Die wesentlichen sind hierbei Onlinerecht, Europarecht, Verwaltungsrecht, Strafrecht sowie auch das Medienrecht. Hinsichtlich des Themas der Finanzwetten spielen die Regelungen des Bank- bzw. Börsenrechts eine tragende Rolle. Hierzu kann Ihnen mein Kanzleipartner und Bruder RA Claus Hambach, der seit ca. 6 Jahren Anwalt für Bank- und Kapitalanlagerecht ist, genauer Auskunft erteilen.
Er meint, dass Finanzwetten und Digitale Optionen in naher Zukunft insbesondere bei risikofreudigen Privatanlegern mehr und mehr in den Vordergrund des Interesses rücken werden. Denn diese böten gegenüber den Anlage- und Tradingmöglichkeiten durch börslichen Handel mit Aktien oder herkömmlichen Finanzderivaten erhebliche Vorteile. Insbesondere die einfache Konstruktion dieser neuen Finanzinstrumente macht den Handel – gegenüber der komplizierten Wert- und Kursermittlung bei klassischen Optionsgeschäften – für Anleger interessant. So verlangt der Handel bei „reinen Finanzwetten“ (Binary Bets, Fixed Odds und Spreadbets) auch keine Termingeschäftsfähigkeit, wie es die klassischen Optionsscheine verlangen.

ISA-CASINOS: Sie firmieren seit kurzem mit ihrem Bruder. Hat das Gründe?

Hambach: Der Zusammenschluss mit meinem Bruder hat viele Gründe. Zum einen ist es im Wortsinn eine Herzensangelegenheit, da das zwischenmenschliche Verständnis zwischen uns – seit ich denken kann – außergewöhnlich gut ist. Der Teamgeist ist uns besonders wichtig, der sich in den letzen Jahren der gemeinsamen Zusammenarbeit ausgeprägt hat. Nicht zuletzt stellt aber auch die fachliche Ergänzung – wie oben bereits angedeutet – einen wesentlichen Grund dar.

ISA-CASINOS: Wie kamen Sie zu der Sparte Sportwetten-Recht?

Hambach: Schon als Kind habe ich mich brennend für den Profisport interessiert. Als ich die Möglichkeit bekam, ein Sportwetten-Mandat zu betreuen, war ich sofort Feuer und Flamme und baute diesen Bereich kontinuierlich aus.

ISA-CASINOS: Sie vertreten mit einen der größten weltweiten Sportwetten-Anbieter Was sind derzeit die rechtlichen Knackpunkte in Deutschland für Ihre Mandantschaft und sonstige ausländische Anbieter?

Hambach: Das Staatsmonopol, das seine Ausformung im Staatsvertrag zum Lotteriewesen sowie in den Landesgesetzen (in Verbindung mit § 284 StGB) findet, muß durchbrochen werden. Der Hinweis auf die Unvereinbarkeit der zuvor genannten Gesetze sollte jedoch nicht nur in einzelnen Gerichtsentscheidungen überwunden werden. Eine medienwirksame Öffentlichskeitsarbeit – auf nationaler wie auf internationaler Ebene – halte ich für einen weiteren Knackpunkt.

ISA-CASINOS: Hat sich denn durch das Gambelli-Urteil nicht diesbzgl. etwas Grundlegend geändert?

Hambach: Auf jeden Fall. Insbesondere der Staatsvertrag zum Lotteriewesen scheitert an den Vorgaben, die der EuGH im Gambelli-Urteil aufgestellt hat. Die vom EuGH geforderte widerspruchsfreie Beschränkungspolitik der Mitgliedsstaaten wird in Deutschland nicht befolgt. Das in sich widersprüchlich Verhalten der Bundesländer, nämlich dass sie einerseits die private Glücksspielveranstaltung bestrafen möchten und anderseits ungebremst neue Glücksspielangebote ins Leben rufen (Stichwort: Keno) und dies aggressiv bewerben, ist mittlerweile hinlänglich bekannt und wurde von vielen Gerichten auch nicht geduldet. Nunmehr offenbart der aktuelle Fußball-Skandal auch noch die erheblichen Defizite in der staatlichen Betrugsvorbeugung. Wenn der EuGH in der Rn. 67 seines Urteils ausdrücklich gefordert hat, dass eine Beschränkung der Sportwetten auf staatliche Anbieter nur z. B. aus Gründen der wirksamen Betrugsvorbeugung erfolgen darf, so wird diese Forderung in Deutschland offenbar nicht erfüllt.

ISA-CASINOS: Sie beschäftigten sich mit dem Sportwetten-Bereich auch sehr stark auf europäischer Ebene. So haben Sie z.B. vor kurzem für die 7. Auflage des „Internet Gambling Report“ geschrieben. Wie sieht denn die Rechtslage bzgl. Sportwetten in den anderen europäischen Ländern aus?

Hambach: Unterschiedlich. Zum einen gibt es Mitgliedsstaaten, in denen sich der Markt der Sportwetten in privater Hand befindet. Entsprechende Wettgesetze gewährleisten hier das reibungslose und skandalfreie Funktionieren dieses Marktes. Großbritannien, Österreich aber auch kleinere Staaten wie Malta haben in diesem Zusammenhang Vorbildcharakter. Zum anderen gibt es Mitgliedsstaaten wie Frankreich, Dänemark oder auch Deutschland, in denen es ein staatliches Wettmonopol gibt. Auffällig ist, dass es in den Staaten, die sich für die kontrollierte Privatisierung entschieden haben, auf keinen Fall mehr Probleme auftauchen als in Ländern mit staatlichen Wettmonopol. Der Fußball-Skandal, der zur Zeit in Deutschland für Aufruhr sorgt, offenbart eindeutig, dass auch staatliche Anbieter nicht vor Manipulationen gefeit sind.

ISA-CASINOS: Auf lange Sicht gesehen: Meinen Sie, Deutschland wird sich dem Drang nach Liberalisierung auf dem Sportwetten-Bereich dauerhaft entziehen können?

Hambach: Nein. Dem staatlichen Sportwetten-Monopol blüht das gleiche Schicksal wie zuvor anderen Staatsmonopolen wie z. B. dem staatlichen Telekommunikationsmonopol. Die Vielzahl der die Liberalisierung befürwortenden Gerichtsentscheidungen (z.B. VGH Hessen, Schleswig-Holstein, Sachsen) haben den Weg bereits vorgezeichnet.

ISA-CASINOS: Beabsichtigt die EU in absehbarer Zeit eine Rechtsvereinheitlichung der Materie des Sportwetten-Rechts bzw. des Glücksspiels allgemein?

Hambach: Brüssel beabsichtigt eine Harmonisierung – das steht fest. Nur wie die Harmonisierungsmaßnahme im Bereich des Glücksspiels konkret aussehen wird, steht noch in den Sternen. Wünschenswert wäre die Verabschiedung einer EU-Richtline, die das Glücksspiel in Europa harmonisiert. Zur Zeit befindet sich Brüssel indes noch in der Diskussionsphase. Die EU-Kommission hat im Januar 2005 das „Swiss Institute of Comparative Law“ mit der „Studie zur Analyse der Lage und Entwicklung des Binnenmarktes für Dienstleistungen im Bereich Glücksspiel“ beauftragt. Ende des Jahres wird das Institut der Kommission darlegen, ob der Binnenmarkt in diesem Bereich reibungslos funktioniert oder nicht. Meiner Einschätzung nach ist die Antwort mit einem klaren „nein“ bereits vorbestimmt. Insgesamt hört man aus Brüssel, dass eine Harmonisierung des Glücksspielbereichs bis 2008 angestrebt ist.

ISA-CASINOS: Was viele unserer Leser nicht richtig verstehen: Was unterscheidet denn in der täglichen Praxis einen staatlichen Anbieter wie Oddset von einem privaten Sportwetten-Anbieter? Welche Gemeinsamkeiten, welche Unterschiede gibt es?

Hambach: Ebenso wie ODDSET bieten private Anbieter, die z. B. über Lizenzen aus Österreich und England verfügen, ihre Wette in Wettbüros sowie im Internet an. Der deutsche Lotto- und Totoblock unterhält nicht weniger als 26.000 Annahmestellen im Bundesgebiet. Die Anzahl der privaten Büros wird auf ca. 500 geschätzt, wobei die meisten Bürobetreiber im rechtlichen Konflikt mit den Behörden stehen.

Ein wesentlicher Unterschied ist das Sicherheits- und Verbraucherschutzniveau: Es ist bezeichnend, dass den meisten privaten Sportwettenanbietern durch das geschobene DFB-Pokal Spiel HSV gegen SC Paderborn im Gegensatz zu ODDSET (und seinen Kunden!) kein Schaden entstanden ist. Der Grund ist simpel: Die meisten Privaten verfügen über wirksame Frühwarnsysteme wie z. B über das System „Betradar“. Werden vor Spielanpfiff ungewöhnlich hohe Wetteinsätze auf einen sog. „Underdog“ verzeichnet, wird der Veranstalter durch das System automatisch gewarnt und er kann das Spiel noch kurz vor Beginn wegen Manipulationsverdachts aus dem Wettprogramm nehmen und die Einsätze an seine Kunden zurückzahlen. Bei dem betreffenden DFB-Polkalspiel hätte ODDSET eigentlich vor Spielanpfiff aufgrund der ungewöhnlichen Einsätzen, die einen Tag vor dem Anpfiff auf den „Underdog“ Paderborn gesetzt wurden, aus dem Wettprogramm nehmen müssen. Systembedingt war das aber zum Nachteil von ODDSET und seiner Kunden nicht mehr möglich. Hierdurch sehe ich nicht zuletzt den Verbraucherschutz in eklatanter Weise verletzt.

ISA-CASINOS: Wo sehen Sie das Sportwetten-Recht in 5 Jahren? Und wo in 10 Jahren?

Hambach: In fünf Jahren werden wir meines Erachtens „österreichische Verhältnisse“ haben: Einen liberalisierten, aber konsequent kontrollierten und regulierten Sportwettenmarkt. In 10 Jahren wird der deutsche Glücksspielmarkt eher dem englischen gleichen, also ein entsprechend regulierter Glücksspielmarkt sein. Ziel muss es sein, verbraucherschutzgerechte, modere Gesetze für die Regulierung des deutschen Glücksspielmarktes zu formen. Bis dahin liegt aber noch ein langer und steiniger Weg vor uns.

ISA-CASINOS: für das Jahr 2005 ist eine Entscheidung des BVerfG zum Sportwetten-Recht angekündigt. Worum geht es dabei genau? Und wagen Sie eine Prognose auf den Ausgang?

Hambach: Das Bundesverfassungsgericht wird – wie von ihm angekündigt – eine Grundsatzentscheidung dazu fällen, ob die private Vermittlung von Sportwetten im Lichte der Berufsfreiheit der Wettbürobetreiber erlaubt ist. Die Verfassungsbeschwerde des Münchner Beschwerdeführers ist bereits seit drei Jahren vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig. Es gibt ernstzunehmende Anzeichen, dass das Bundesverfassungsgericht die Beschränkungspolitik des Landes Bayern gegenüber dem privaten Sportwettenunternehmer für ungerechtfertigt halten wird.

ISA-CASINOS: Ist für sie eine Plattform wie die ISA-CASINOS PA wichtig?

Hambach: Die Plattform ISA-CASINOS PA dient mir als nicht mehr wegzudenkende Informationsquelle, die rund um das Thema Glücksspiele informiert. Besonders freut mich, dass ein Schwerpunkt auf die rechtlichen Hintergründe in diesem Bereich gesetzt wird.

ISA-CASINOS: Was fällt Ihnen spontan ein, wenn Sie an amüsanten Begebenheiten während Ihrer Tätigkeit denken?

Hambach: Amüsant, wenn auch zugleich skandalös, ist sicher der Streit, in dem sich ODDSET und der DFB im Rahmen des Fußball-Skandals geradezu zerfleischen. Vor dem Hintergrund, dass der DFB das Rahmenprogramm der WM 2006 mit der staatliche Sportwette mitfinanziert, erinnert mich diese Fehde an einen Komödienstadl: Vertuschen, Verdrängen und die Schuld auf andere schieben.

ISA-CASINOS: Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, was fällt Ihnen mal abgesehen von Reichtum spontan ein?

Hambach: Angesichts der schrecklichen Bilder aus den weltweiten Kriegsherden in Irak und Israel: Frieden! Ein glückliches Familienleben und Gesundheit stehen an nächster Stelle. Und freilich würde ich mir wünschen, dass FC Bayern München die Champions League gewinnt, auf die ich gewettet habe (nicht bei ODDSET ;-)).

ISA-CASINOS: Wie sieht Ihr freizeitlicher Ausgleich aus?

Hambach: Ich spiele leidenschaftlich gern Tennis und fahre, so oft es mein Beruf zulässt, in die nah gelegende Bergwelt – im Sommer zum Mountainbiken und im Winter zum Skifahren. Zudem bin ich ein großer U2-Fan und freue mich riesig auf das Konzert in Dublin – it’s goin‘ to be deadly!

ISA-CASINOS: Vielen Dank für das Gespräch.