Lootboxen: Gewinnmaximierung versus Verbraucherschutz

Expertenrunde warnt vor Suchtgefahren für Minderjährige. Breite gesellschaftspolitische Debatte gefordert. Politik muss klare Regeln setzen, denn Wegschauen hilft nicht.

(Bild: Behördenspiegel)
(Bild: Behördenspiegel)

Bonn (RH) - Der Behördenspiegel hatte eingeladen. Felix Flosbach (Verbraucherzentrale NRW), Professor Dr. Julian Krüper (Ruhr Universität Bochum), Dr. Frederik Weinert (Medien- und Kommunikationswissenschaftler und Buchautor) und Andreas Kötter (Sprecher der Geschäftsführung von Westlotto) stellten sich in einer virtuellen Diskussion Fragen rund um Lootboxen. Sind sie ein harmloses Freizeitvergnügen, insbesondere für Minderjährige oder befördern sie Abhängigkeitspotentiale bis hin zu einer Glücksspielsucht?

Dr. Frederik Weinert machte die Runde mit den Feinheiten des Geschäftsmodells Lootboxen vertraut. Gaming von gestern ist heute vielfach auf Gambling ausgelegt. Die Umsätze der Anbieter stiegen zwischen 2008 bis 2021 um das Achtfache, von 53 Mio.€ auf 4,239 Mio.€. „Das rasante Wachstum bei Umsätzen von In-Game-Käufen ist ganz klar zu beobachten und auch der Wahnsinn mit dem sich das Glücksspiel in Handy- und Videospielen entwickelt“, so Dr. Frederik Weinert. Er sieht deshalb einen klaren Trend in Richtung Gewinnmaximierung aufgrund aggressiver Werbung in Games, worunter der Verbraucherschutz ohne Aufklärung und Öffentlichkeit in Zukunft leiden könne.

Auch für Felix Flosbach, Syndikusrechtsanwalt und Referent bei der Verbraucherzentrale NRW, ist klar, dass das Angebot leider oft Minderjährige dazu verleitet (Taschen-)Geld einzusetzen, um sich scheinbare Vorteile zu erkaufen. Er bezweifelt, dass allein Prävention und mediale Kompetenz ausreichen, um Minderjährige vor dem Abgleiten in ein Abhängigkeitspotenzial zu bewahren. Vor diesem Hintergrund unterstützen die deutschen Verbraucherschutzorganisationen die Studie und Ergebnisse der norwegischen Verbraucherschützer, die klare Regeln für Lootboxen fordern.

Professor Dr. Julian Krüper sensibilisierte die Runde für die „juristischen Feinheiten“. Noch fielen Lootboxen nicht unter die Glücksspielregulierung. Ob eine Regulierung über das Jugendschutzgesetz erfolgen könne, liege im Ermessen der Politik.

Für Andreas Kötter ist die Entwicklung rund um Lootboxen durchaus brandgefährlich. Lootboxen können problematisches Spielverhalten im jugendlichen Alter fördern, was es dringend zu vermeiden gelte. Denn bei diesem Angebot gibt es keinen „Spielerschutz für Minderjährige“. Viele Jugendliche laufen dann mit 18 Jahren in die Gefahr, vorbelastet in die reale legale Glücksspielwelt einzutreten. Von illegalen Angeboten ganz zu schweigen. Bisher sind Lootboxen und die damit einhergehenden Gefahren nur ein Randthema der Gesellschaft und Politik. Das müsse sich dringend und zwingend ändern. Die „Diskursräume“ Glücksspiel und Jugendschutz gehören auf die politische Agenda, so Andreas Kötter.

Am Ende waren sich alle Podiumsteilnehmer einig, dass das Thema Lootboxen in den Fokus der gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und politischen Debatte gehört. Wegschauen hilft nicht, sondern vergrößert spätere gesellschaftliche Probleme. Am Ende muss Politik klare Regeln setzten. Andere europäische Länder, wie Belgien, die Niederlande oder Großbritannien haben da schon Maßstäbe gesetzt.