„Die Kläger vermittelten in Mönchengladbach, Mülheim an der Ruhr und Bochum Sportwetten an private Wettanbieter im EU-Ausland. Weder diese noch die Kläger verfügten über eine im Inland gültige Erlaubnis. Die Städte untersagten die unerlaubte Vermittlung in den Jahren 2006 und 2007 mit der Begründung, eine Erlaubnis könne wegen des damals im Lotteriestaatsvertrag und seit 2008 im Glücksspielstaatsvertrag geregelten Sportwettenmonopols nicht erteilt werden. Die Klagen der Vermittler wurden von den Verwaltungsgerichten abgewiesen, hatten aber im Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Münster Erfolg…
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revisionen der beklagten Städte bezüglich der Zeit bis November 2012 zurückgewiesen. Für diese Zeit ist das Oberverwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass das Sportwettenmonopol in Nordrhein-Westfalen gegen die europarechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit verstieß. Es schränkte die Freiheiten unverhältnismäßig ein, weil es nicht kohärent und systematisch dazu beitrug, die gesetzlichen Monopolziele der Suchtbekämpfung und des Jugend- und Spielerschutzes zu verwirklichen…
Es hat aber zutreffend angenommen, dass deren Unverhältnismäßigkeit sich jedenfalls aus einer systematisch zum Glücksspiel anreizenden Werbung der Monopolträger – der staatlichen Lotto- und Totogesellschaften – ergibt. Die Werbepraxis deutet darauf hin, dass das Monopol tatsächlich nicht der Suchtbekämpfung, sondern anderen, insbesondere fiskalischen Zwecken diente. Dabei ist nicht nur die nordrhein-westfälische Werbung für Sportwetten, sondern auch die Werbung für das Lotto-Angebot zu berücksichtigen. Wegen der im Deutschen Lotto- und Totoblock abgestimmten Dachmarkenstrategie und der gemeinsamen Werberichtlinien ist darüber hinaus die Werbung in anderen Bundesländern in die Beurteilung einzubeziehen. Unzulässig waren insbesondere die „Lotto-hilft“-Kampagne, die das Glücksspiel zum sozial verantwortlichen Handeln aufwertete, und die massive Jackpot-Werbung, die bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht stellte. Sie wurde fortgesetzt, obwohl sie nach der eigenen Einschätzung eines Monopolträgers sonst nicht Spielwillige zur Teilnahme am Glücksspiel bewegte.“
Innerhalb dieser Verfahren hat das BVerwG für NRW im Hinblick auf die Erfolgsaussichten eines Schadenersatzprozesses auch eine andere Rechtsauffassung vertrete als in den kurz zuvor entschiedenen Bayerischen Fällen. Soweit es in den dortigen Verfahren ein Feststellungsinteresse für vergangene Zeiträume auf Seiten der Kläger (Vermittler) verneinte, sah das BVerwG dieses Interesse in NRW als gegeben an. Anders als in Bayern gäbe es in NRW eine sogenannte verschuldensunabhängige Haftung. Die Durchsetzung untersagungsbedingter Schadenersatzansprüche sei deshalb in NRW nicht von vornherein als aussichtslos zu bezeichnen. Über die in Bayern allein in Frage stehenden verschuldensabhängigen Schadenersatzansprüchen hatte der Bundesgerichtshof zuvor negativ entschieden. Auch könne sich die Behörde im Rahmen eines Schadenersatzprozesses nicht darauf berufen, sie hätte in dem maßgeblichen Zeitraum die Tätigkeit der Sportwettvermittlung alternativ auch allein wegen des Fehlens einer Erlaubnis untersagen können. Eine solche Argumentation setze voraus, dass es ein Erlaubnisverfahren für Private Veranstalter und Vermittler auch gegeben habe. Dies sei, anders als in den konkreten bayerischen Verfahren, für NRW nicht anzunehmen, auch nicht für den Zeitraum nach der Entscheidung des EuGH im September 2010.
Durch diese Entscheidungen steht den Vermittlern nun auch ein unmittelbarer Anspruch auf Rückzahlung in der Vergangenheit gezahlter Zwangsgelder zu.