Der Beschluß ist zum Aktenzeichen – 6 S 17/12 – ergangen und macht neuerlich deutlich, dass die Behörden – wie von uns auch vorgetragen – gerade nicht aus Ordnungsverfügungen gegen Internet-Wettanbieter vorgehen können, die bereits vor dem 01.07.2012 erlassen wurden. Ferner stellt der Verwaltungsgerichtshof zutreffend auf die Problematik der Kohärenz ab, weil in Schleswig-Holstein einerseits und in anderen Bundesländern andererseits gänzlich unterschiedliche gesetzliche Regelungen bestehen.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte den Eilantrag in erster Instanz noch abgelehnt. Es hatte mit zum Teil abstrusen Argumenten auch anderen Klagen von Internet-Wettanbietern abgelehnt, wobei der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hier zwischenzeitlich in mehreren Verfahren auch die jeweiligen Berufungen gegen diese Urteile zugelassen hat.
Im Einzelnen verweist der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in der hier vorliegenden Eilentscheidung darauf, dass die Untersagungsverfügung, die sich auf jegliches Glücksspielangebot im Internet für den Bereich des Landes Baden-Württemberg erstreckte, sich möglicherweise als rechtswidrig erweise. Das Gericht hält den Ausgang des Hauptsacheverfahrens jedenfalls mindestens für offen.
Hinsichtlich der Untersagungsverfügung betreffend den sog. terrestrischen Vertrieb, also die Vermittlung von Sportwetten über stationäre Wettannahmen hatte der Senat bereits unter Geltung des alten GlüStV entschieden, dass nach den Urteilen des Europäischen Gerichtshofes vom 08.09.2010 und der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.06.2011 im Verfahren – 8 C 2.10 – eine allein auf das staatliche Sportwettenmonopol gestützte Untersagungsverfügung gegen Vermittler von Sportwetten im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht mehr als rechtmäßig angesehen werden könne und § 114 Satz 2 VwGO es voraussichtlich gerade nicht zulasse, dass die Ermessensausübung bei ursprünglich lediglich auf das staatliche Sportwettmonopol gestützten Untersagungsverfügungen nachträglich mit der fehlenden Erlaubnis oder Erlaubnisfähigkeit nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV zu begründen. An dieser Bewertung – so der Senat – ändere auch das Inkrafttreten des ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages nichts. Vielmehr sei sogar zu berücksichtigen, dass auch für den Bereich des terrestrischen Vertriebs durch die Experimentierklausel des § 10 a GlüStV n.F. gerade das Glücksspielmonopol durchbrochen werde und damit eine Erlaubnisfähigkeit für die Wettvermittlung bestehe. Das Gleiche gelte für den Bereich des Internets, weil auch hier nach der neuen gesetzlichen Regelung die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet und auch die Internetbewerbung für Sportwetten erlaubnisfähig sei. Die Untersagungsverfügung könne auch nicht auf eine pauschal fehlende Erlaubnis gestützt werden. Bei Zweifeln über die Beachtung von Vorschriften über die Art und Weise der Gewerbetätigkeit kämen zunächst Nebenbestimmungen in Betracht, wobei der Verwaltungsgerichtshof auch hier aus einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.06.2011 zitiert. Hinsichtlich des Angebotes von Casino- und Pokerspielen und der hierfür betriebenen Werbung verweist der Verwaltungsgerichtshof sodann auf Zweifel an der Eignung des Internetverbots, wobei hier das Kohärenzgebot zu beachten sei. Vor diesem Hintergrund bestünden hinreichend gewichtige Zweifel an einer kohärenten Ausgestaltung des normativen Rahmens des Internetverbots für Casino- und Pokerspiele in § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. und der Werbeverbote dieser Internetglücksspiele im Hinblick darauf, dass in Schleswig-Holstein seit dem 01.01.2012 aufgrund des dortigen Landesgesetzes zur Neuordnung des Glücksspiels unter bestimmten Voraussetzungen auch Internet-Glücksspiel sowie die Werbung dafür erlaubt werden könne. Während ein Verbot bezüglich Casino- und Pokerspiel in den restlichen 15 Bundesländern bestehe, gestatte das Bundesland Schleswig-Holstein gerade auch die Veranstaltung und den Vertrieb von Online- und Casinospielen, zu denen auch Poker gehöre.
Hierzu möchte ich an dieser Stelle persönlich anmerken, dass dem Senat zum Zeitpunkt seines Beschlusses die Lizenzerteilung für mehrere Poker- und Casinoanbieter in Schleswig-Holstein nicht einmal bekannt war, so dass der Senat hier ausschließlich auf die unterschiedliche „Gesetzeslage“ verweist. Diese unterschiedlichen Regelungen würden erheblichste Zweifel an der Kohärenz der gesetzlichen Regelungen veranlassen, wobei die abschließende Klärung dieser Rechtsfrage dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleibe. Im Rahmen des Eilverfahrens kommt jedenfalls das Gericht zu der Überzeugung, dass danach die Vollstreckung einer Untersagungsverfügung gegen einen entsprechenden Internetwett- und Casino-Anbieter derzeit nicht zulässig sind.