Entwurf des Glücksspieländerungsstaatsvertrags – Mitteilung der Europäischen Kommission im Notifizierungsverfahren Nr. 2011/188/D

Wie bekannt wurde, hat die Europäische Kommission (die Kommission) heute auf die Stellungnahme der Bundesrepublik Deutschland im Notifizierungsverfahren, in dem es um die Vereinbarkeit der technischen Normen des Glücksspieländerungsstaatsvertrags (GlüÄndStV) mit Unionsrecht geht, geantwortet.

Im Nachgang zu ihrer Ausführlichen Stellungnahme vom 18. Juli 2011, führt die Kommission erneut aus, dass sie sich immer noch nicht im Stande sieht, die Vereinbarkeit der Beschränkungen der Grundfreiheiten, d.h. die Vereinbarkeit mit den Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH zur Rechtfertigung von solchen Maßnahmen, die von den Vorgaben der Dienstleistungs- und der Niederlassungsfreiheit abweichen und die der Entwurf des GlüÄndStV enthält, zu überprüfen. Die Kommission hält ihren Kommentar dahingehend aufrecht, dass Deutschland es nicht geschafft hat darzulegen, dass die Beschränkungen, die für das Angebot von Online-Glücksspielen gelten sollen, geeignet und verhältnismäßig sind. Zu Casino- und Pokerspielen wurden der Kommission bislang keinerlei Daten übermittelt, die belegen, dass die vorgesehen Beschränkungen gerechtfertigt sind.

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH muss ein Mitgliedstaat, wenn er eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen möchte, belastbare Umstände dafür vorlegen, dass der Eingriff tatsächlich die Anforderungen erfüllt, die aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erwachsen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 – C- 316/07 u.a. (Markus Stoß), Rn. 71 m.w.N.). Ganz offensichtlich haben die 15 Bundesländer, die den GlüÄndStV unterstützen, entsprechende Nachweise noch nicht erbracht.

Hinsichtlich der Frage, ob Wettaktivitäten in einer kohärenten und systematischen Art und Weise begrenzt werden, verweist die Kommission ausdrücklich auf den laufenden Gesetzgebungsprozess auf Bundesebene hinsichtlich der Regelungen für Pferdewetten und Automatengeldgewinnspiele. Die Kommission führt aus, dass sie sich derzeit (noch) nicht in der Lage sehe, insoweit die Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen im GlüÄndStV abschließend zu würdigen. Die Kohärenzfrage war das Kernthema der EuGH-Entscheidungen vom 8 September 2010 in den Rechtssachen Markus Stoß (C-316/07) und Carmen Media (C-46/08) bei der Beurteilung der deutschen Glücksspielregulierung. Dementsprechend ist bislang immer noch nicht sicher, ob die neuen Regelungen das Kohärenzerfordernis erfüllen werden. Das Notifizierungsverfahren nach der EU-Richtlinie 98/34/EG stellt ein Mittel bereit, mit dem Mitgliedstaaten der Europäischen Union einander und die Kommission über geplante technische Regelungen (im Bereich der Dienste der Informationsgesellschaft) informieren können, bevor diese in Kraft gesetzt werden. Die Kommission hat in dem Verfahren grundsätzlich keine Möglichkeit, die geplanten Maßnahmen zu endgültig zu “blockieren”, d.h. letztlich deren Inkrafttreten zu verhindern

Es ist bemerkenswert, dass die Kommission ausdrücklich auf die Möglichkeit verweist, auch nach förmlichem Abschluss des Notifizierungsverfahrens ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, sollte eine der Vorschriften des geplanten GlüÄndStV nicht mit Unionsrecht vereinbar sein.

Köln, 20, März 2012
Dr. Juliane Hilf