Landgericht Bremen: Vermittlung von Sportwetten an ausländische Buchmacher mindestens wegen unvermeidbarem Verbotirrtum nicht strafbar

Rechtsanwalt Guido Bongers

Rechtsanwaltskanzlei Bongers
Landgrafenstraße 49
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Die zweite Strafkammer des Landgerichts Bremen hat mit Beschluss vom 16.02.2010 in einem durch die Kanzlei Bongers und Kollegen geführten Verfahren die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Bremen gegen ein zuvor bereits zugunsten eines Sportwettvermittlers ergangenen Beschlusses des Amtsgerichts Bremen als unbegründet verworfen.

Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Bremen kommen in diesem Verfahren, in dem ein Wettbüro eines Sportwettvermittlungsunternehmers durchsucht worden war, zu der Schlussfolgerung, das ein derartiger Durchsuchungsbeschluss nicht hätte ergehen dürfen. Die sichergestellten Gegenstände und Unterlagen sind an den betroffenen Betreiber des Sportwettbüros in Bremen herauszugeben.

Das Amtsgericht Bremen hatte auf die diesseits erhobene Beschwerde zunächst darauf erkannt, dass der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts aufzuheben sei und sämtliche Unterlagen und Gegenstände an den Beschuldigten herausgegeben werden mussten.

Gegen diese Entscheidung des Amtsgerichts hatte dann die Staatsanwaltschaft Bremen Beschwerde erhoben. Diese Beschwerde ist nunmehr auf Kosten der Staatskasse als unbegründet verworfen worden.

Das Landgericht Bremen lässt in seiner Entscheidung offen, ob die Vermittlung von Sportwetten an ein in Malta ansässiges Wettveranstaltungsunternehmen „objektiv“ strafbar ist oder nicht. Jedenfalls könne sich der Betreiber einer Wettannahmestelle für Sportwetten auch für den Zeitraum nach dem 01.01.2008 mindestens auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen. Die Frage der Strafbarkeit gem. § 284 StGB könne nicht unabhängig von der Frage beantwortet werden, ob die jeweilige landesrechtliche Gesamtregelung des Sportwettenrechts verfassungsrechtlich zulässig ist oder nicht. Das gleiche gelte für einen Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Das Landgericht Bremen verweist dabei ausdrücklich auf den Anwendungsvorrang des europäischen Gemeinschaftsrechts, wonach jedwede Norm außer Anwendung zu bleiben hat, die die Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit eines Unternehmens in unzulässiger und diskriminierender Weise beeinträchtigt. Das Landgericht verweist ferner darauf, dass eine höchst unübersichtliche und zum Teil widersprüchliche Rechtsprechung deutscher Verwaltungsgerichte vorliege, wobei eine abschließende höchstrichterliche Klärung bis heute sowohl in Bremen als auch bundesweit ausstehen. Die Frage des Gemeinschaftsrechtskonformität der landesrechtlichen Gesamtregelung des Sportwettenrechts in Bremen müsse als offen und ihre abschließende Beurteilung als extrem unklar eingestuft werden, so dass ein Betreiber einer Wettannahmestelle für Sportwetten selbst durch den Rat eines im Verwaltungsrecht versierten Anwaltes nicht abschließend klären könne, ob sein Verhalten strafbar sei oder nicht. Dabei komme es nicht einmal darauf an, ob der Beschuldigte selbst Zweifel an der Rechtsmäßigkeit seiner Tätigkeit gehabt hat. Entscheidend sei, ob er diese Zweifel an der Rechtsmäßigkeit seines Tuns hätte klären können. Dies sei angesichts der höchst widersprüchlichen Entscheidungen verschiedener Gerichte derzeit nicht möglich, wobei das Landgericht bezüglich des Prüfungsmaßstabes für die Annaheme eines unvermeidbaren Verbotsirrtums auf eine durch die Kanzlei des Unterzeichners bereits im Jahre 2008 herbeigeführte Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart und eine weitergehende von uns herbeigeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofes verweist.

Insgesamt wird daher durch das Landgericht ein strafbares Verhalten verneint, so dass davon auszugehen ist, dass auch das Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen zur Einstellung gebracht werden wird. Nachdem bereits in den letzten Wochen in zwei weiteren durch unserer Kanzlei betreuten Verfahren das Landgericht Saarbrücken und auch das Landgericht Ellwangen auf die Straflosigkeit der Vermittlung von Sportwetten hingewiesen haben, ist mit der nunmehr vorliegenden Entscheidung des Landgerichts Bremen ein weiteres Strafgericht zu der überzeugenden Einschätzung gelangt, das man jedenfalls ein schuldhaftes Verhalten einem Sportwettvermittler derzeit nicht vorwerfen kann, wenn er die Vermittlung von Sportwetten betreibt.