Verwaltungsgericht Mainz entscheidet nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages (01.01.2008) zugunsten privater Sportwettenvermittler

Rechtsanwalt Jusuf Kartal

Kartal Rechtsanwälte
Friedenstr. 36 (Ecke Jöllenbecker Str.)
D - 33602 Bielefeld
Das Verwaltungsgericht Mainz hat in einem durch die Bielefelder Kanzlei KARTAL geführten Eilverfahren mit Beschluss vom 26.03.2008 (Aktenzeichen: 6 L 48/08.MZ) zugunsten eines privaten Sportwettenvermittlers entschieden.

In seinen ersten Beschlüssen nach dem am 01.01.2008 In Kraft getretenen Staatsvertrag zum Glücksspielwesen (GlüStV) geht das Verwaltungsgericht Mainz. davon aus, dass die seit Januar 2008 geltende gesetzliche Neuregelung des Sportwettenmonopols den verfassungs- und europarechtlichen Anforderungen an ein staatliches Wettmonopol nicht in hinreichendem Maß Rechnung trage.

Das Sportwettenmonopol zugunsten der privaten Lotto Rheinland-Pfalz GmbH verstoße mit großer Wahrscheinlichkeit gegen nationales Verfassungsrecht sowie gegen europäisches Gemeinschaftsrecht.

Mit dem OLG Düsseldorf (Beschluss vom 03.03.2008) und der Europäische Kommission, geht das Verwaltungsgericht Mainz davon aus, dass auch bei einem privaten Glücksspielmonopol der Gleichbehandlungsgrundsatz beachtet und demgemäß ein diskriminierungsfreies Auswahlverfahren stattfinden müsse. Ein solches sei bisher ersichtlich nicht durchgeführt worden und weder gesetzlich vorgesehen noch tatsächlich beabsichtigt. Künftig müsse (auch nach Auffassung dem OLG Düsseldorf) das betraute private Lottounternehmen in einem transparenten und fairen Bieterwettbewerb zu ermitteln sein. Auch die Europäische Kommission habe in ihrem an die Bundesregierung gerichteten Aufforderungsschreiben gemäß Art. 226 EG-Vertrag vom 31.01.2008 ausgeführt, dass in Rheinland-Pfalz ein privates Unternehmen ohne maßgebliche staatliche Beteiligung die Lotterie im Rahmen einer staatlichen Konzession und ohne vorherige Ausschreibung, durch die die Beachtung der Grundsätze der Transparenz und der Nichtdiskriminierung gewährleistet würde, betrieben habe und weiterhin betreiben werde. Daraus ergebe sich, dass § 25 Abs. 3 GlüStV möglicherweise mit Art. 43 EG-Vertrag unvereinbar sei. Die Bundesrepublik Deutschland habe daher gegen ihre Verpflichtungen gemäß Art 43 EG-Vertrag verstoßen.

Das Gericht stellt zudem fest, dass der neue Glücksspielstaatsvertrag sowie das Landesglücksspielgesetz hinter den Anforderungen zurückbleiben, die das Bundesverfassungsgericht in seiner grundlegenden Entscheidung vom 28.03.2006 an die Zulässigkeit eines staatlichen Monopols gestellt hat. Dies gilt jedenfalls für die Ausgestaltung des Vertriebssystems. Hier hat sich auch nach 2 Jahren tatsächlich im Wesentlichen wenig geändert. Nach wie vor vertreibe die private Lotto GmbH ODDSET über ihr breitgefächertes Netz von Lottoannahmestellen, dem die offizielle Maxime „weites Land – kurze Wege“ zugrunde liege. Dabei handele es sich vor allem um Zeitschriften- und Tabakläden oder ähnliche kleine oder mittelständische Gewerbebetriebe, so dass der Vertrieb in bewusster Nähe zum Kunden stattfinde. Dadurch werden die Möglichkeit zum Sportwetten weiterhin zu einem allerorts verfügbaren „normalen“ Gut des täglichen Lebens (so ähnlich auch VG Neustadt, Beschluss vom 05.03.2008).

Nach alledem wiegen nach Auffassung des Gerichts die aufgezeigten europa- und verfassungsrechtlichen Defizite im neuen Glücksspielrecht bereits so schwer, dass sie unabhängig von weiteren europarechtlichen Bedenken (z. B. Frage der Erforderlichkeit einer kohärenten Regelung des gesamten Glücksspielbereichs, vgl. dazu die Vorlagebeschlüsse VG Gießen, VG Stuttgart und VG Schleswig-Holstein) zu einer Interessenabwägung zu Gunsten des Antragstellers führen müssen, zumal insoweit das Grundrecht des Art. 12 GG sowie die im EG-Vertrag statuierte Dienstleistungsfreiheit und Niederlassungsfreiheit berührt werden.

Der Unterzeichner weist darauf hin, dass nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages nun mit dem Verwaltungsgericht Mainz neben dem Verwaltungsgericht Neustadt a. d. W. bereits das zweite Verwaltungsgericht in Rheinland-Pfalz eine Entscheidung zugunsten privater Vermittler getroffen hat.