Glücksspielstaatsvertrag und Umsetzungsgesetz Hamburg sind verfassungs- und EU-rechtskonform

Rechtsanwalt Dr. Manfred Hecker
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
CBH - Rechtsanwälte
Bismarckstr. 11-13
D - 50672 Köln
Unterlassungsansprüche können auch gegen Mitwirkende an Webauftritt durchgesetzt werden

Der jüngste Beschluss des Oberlandesgerichts Hamburg vom 21.02.2008 (5 W 17/08) bestätigt neben der Wirksamkeit des Glücksspielstaatsvertrages auch die Haftung derjenigen, die an der Erstellung bzw. Unterhaltung unzulässiger Internetinhalte beteiligt sind.

Geklagt haben verschiedene Spielbanken gegen ein Unternehmen, das sich mit der Entwicklung und Gestaltung von Internet-Auftritten für Dritte beschäftigt. Im Impressum der Webseite www.4schanzentournee.com wird die Antragsgegnerin des hiesigen Verfahrens unter dem Begriff „Technische Umsetzung“ benannt. Des Weiteren finden sich im Impressum andere natürliche oder juristische Personen unter den Begriffen „Herausgeber“, „Redaktion“ und „Vereine“, die jedoch nicht Parteien des vorliegenden Verfahrens sind.

Auf der Webseite „www.4schanzentournee.com“ fand sich das Banner des Online-Casinoanbieters „bet-at-home.com“. Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin auf Unterlassung der Werbung mit diesem Werbebanner und/oder Hyperlinks für das internetbasierte Glücksspielangebot „bet-at-home.com“ gegenüber deutschen Spielern ohne Vorliegen einer entsprechenden Erlaubnis hatte das Landgericht abgewiesen. Das Oberlandesgericht hingegen erließ die einstweilige Verfügung antragsgemäß und führte im Wesentlichen hierzu aus:

  1. Das Einstellen des Werbebanners „bet-at-home.com“ auf der Homepage stellt Werbung für ein nicht erlaubtes Glücksspiel im Sinne des § 284 StGB dar;
  2. nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages „bestehen jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass die Neuregelung des staatlichen Wettmonopols erneut gegen deutsches Verfassungsrecht und auch gegen europäisches Gemeinschaftsrecht (Art. 43 und 49 EG-Vertrag) verstoßen könnte, weil sie nicht aus zwingenden Gründen das Allgemeininteresses gerechtfertigt wäre“;
  3. die jüngsten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 14.02.2008 rechtfertigen keine andere Beurteilung, weil sie sich ausschließlich auf sog. Altfälle beziehen, also solche Verfahren, die ausschließlich auf der Rechtslage vor dem 28.03.2006 (Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – Az.: 1 BvR 1054/01) basieren;
  4. die Antragsgegnerin ist auch Störer, denn sie hat „durch das Platzieren der beanstandeten Werbung auf ihrer Homepage den Wettbewerbsverstoß eines Dritten unterstützt, weil bet-at-home.com AG nicht über eine inländische Genehmigung zum Veranstalten von Glücksspielen verfügt“;
  5. die Antragsgegnerin hat auch die ihr obliegenden Prüfungspflichten verletzt, weil ihr eine Überprüfung der auf der Homepage eingestellten Werbung zumutbar war. „Die Zumutbarkeit ergibt sich insbesondere aus dem Umstand, dass nur für wenige (acht) Firmen Werbung platziert wurde und sich aus der Bedeutung des Schriftzuges „bet-at-home.com“ bereits ein unmissverständlicher Hinweis auf Wettveranstaltungen ergab, deren rechtliche Problematik Gegenstand selbst intensiver öffentlich geführter Diskussionen ist und dabei insbesondere Sportwetten betraf, d.h. Wetten in einem Bereich, zu dem gerade die Antragsgegnerin als Betreiberin der Homepage www.4schanzentournee.com einen Bezug hat..“

Diese Entscheidung ist deswegen von besonderer Bedeutung, weil sie zum einen die Verfassungs- und Europarechtskonformität des Glücksspielstaatsvertrages und des Umsetzungsgesetzes in Hamburg bestätigt. Sie führt des Weiteren die vom Bundesgerichtshof entwickelte Rechtsprechung zur Störerhaftung konsequent fort.

Bemerkenswert ist, dass hier die Unterlassungsansprüche nicht gegen die Herausgeber oder Redaktion der Webseite, sondern gegen den Unternehmer ausgeurteilt wurden, der für die „technische Umsetzung“ der Webseite verantwortlich ist. Damit wird eine Tendenz der Rechtsprechung deutlich, auch Intermediäre in den Kreis der Unterlassungsschuldner aufzunehmen, also solche Personen und Unternehmen, die die Brücke zwischen dem Veranlasser der Webseite und dem Informationsempfänger schlagen. Konsequent weitergedacht dürften hierzu neben dem für die technische Umsetzung Verantwortlichen auch Provider oder Kreditinstitute gehören.