Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach: Die sofortige Vollziehung eines Verbots der Vermittlung von Sportwetten an in Bayern nicht li-zenzierte Wettunternehmen ist rechtmäßig

Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach hat mit Beschluss vom 11.05.2006 (AN 5 S 06.01412) einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO unter Abänderung eines zuvor durch das erkennende Gericht stattgebenden Be-schlusses vom 23.08.2005 (AN 5 S 05.01408) schlussendlich abgelehnt.

Der Antragstellerin, der Betreiberin eines privaten Sportwettbüros, war mit für sofort vollziehbar erklärter Schließungsverfügung vom 18.04.2005 durch die Antragsgegnerin die Vermittlung von Sportwetten an in Bayern nicht er-laubte Wettunternehmen untersagt worden. Mit Beschluss vom 23.08.2005 stellte das VG Ansbach mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfas-sungsgerichts vom 27.04.2005 (1 BvR 223/05) die aufschiebende Wirkung der gegen die Schließungsverfügung gerichteten Anfechtungsklage der An-tragstellerin wieder her.

Die Antragsgegnerin ist vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesver-fassungsgerichts vom 28.03.2006 (1 BvR 1054/01) und der dieser Ent-scheidung nach § 31 BVerfGG zukommenden Bindungswirkung der Auf-fassung, dass sich die Rechtslage i.S.d. § 80 Abs. 7 VwGO geändert habe. Sie hat daher beantragt, den Beschluss vom 23.08.2005 aufzuheben und den ihm zugrunde liegenden Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO der Antrag-stellerin abzulehnen.
Dem Antrag der Antragsgegnerin ist das VG Ansbach unter Aufhebung sei-nes ursprünglich ergangenen Beschlusses nunmehr nachgekommen. Zur Begründung führt das VG Ansbach unter Bezugnahme auf seine Be-gründung aus dem Beschluss vom 23.08.2005 zutreffend aus:

„Das Gericht [VG Ansbach] hat im Beschluss vom 23. August 2005 (Gründe II) zunächst auf seine bisherige und bis dahin ständige Rechtsprechung hingewiesen, dass auch durch die „Vermittlung“ von Sportwetten an Veranstalter in Österreich, denen eine entsprechende Erlaubnis der österreichischen Landesbehörden erteilt worden ist, der Tatbestand des § 284 Absatz 1 StGB erfüllt werde. Das Gericht hat weiter ausgeführt, dass es auch unter Berücksichtigung des Urteils des Euro-päischen Gerichtshofs vom 6. November 2003 (Rs. C-243/01, „Gambelli“) von einer weiteren Anwendbarkeit des § 284 StGB ausgehe und das von der Kommission angekündigte Vertragsverletzungsverfahren (das sich jetzt ausdrücklich nicht gegen staatliche Monopole richten soll) der Kommission kein hinreichender Grund sei, die bisherige Rechtsprechung des Gerichts zu än-dern. Dem Antrag der Ast. vom 27. April 2005 wurde stattgegeben, da das Gericht (möglicherweise zu Un-recht) davon ausging, dass BVerfG werde auch für seinen Beschluss vom 27. April 2005 (1 BvR 223/05) Bindungswirkung gemäß § 31 Absatz 2 BVerfGG be-anspruchen.

Auszugehen ist nunmehr vom Urteil des BVerfG vom 28. März 2006, das (zweifellos) Bindungswirkung ge-mäß § 31 Absatz 1 BVerfGG hat. […] Die Verfas-sungswidrigkeit des § 284 Absatz 1 StGB wurde im Ur-teil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 nicht festgestellt. Es ist vielmehr davon auszuge-hen, dass während der Übergangszeit bis zur geforder-ten gesetzlichen Neuregelung, die erst am 31. Dezem-ber 2007 vorliegen muss, die bisherige Rechtslage mit Maßgaben, an deren Erfüllung kein Zweifel besteht, anwendbar ist. Dass die Strafbarkeit des Verhaltens der Ast. in der Zwischenzeit der Entscheidung der Strafgerichte unterliegen soll, wobei eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof aber nicht mehr unbe-dingt erforderlich ist, hindert die AGgin. (und das Ge-richt) nicht an der Beurteilung einer Vorfrage zu Artikel 7 Absatz 2 Nr. 1 LStVG (vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 09.12.2005 [6 U 91/05] u. OLG München, U. v. 27.10.2005 [6 U 5104/05]). Hiernach besteht, auch wenn eine einheitliche Rechtsprechung der Strafge-richte nicht mehr zu erwarten ist, kein Zweifel daran, dass der Tatbestand des § 284 Absatz 1 StGB durch das Verhalten der Ast. erfüllt wird und damit die Vor-aussetzung des Artikel 7 Absatz 2 Nr. 1 LStVG vorlie-gen. Aufgrund dieser Bestimmung konnte die AGgin. auch unter Anordnung des Sofortvollzugs und Andro-hung eines Zwangsgeldes einschreiten.

Der Beschluss des Gerichts vom 23. August 2005 war daher in Ziffer 1 abzuändern, der Antrag vom 27. April 2005 nunmehr abzulehnen. Eine Aussetzung des Ver-fahrens und Vorlage an den EuGH ist nicht veranlasst, da von ihm schon mehrfach auf die nationalen Richter verwiesen wurde.“
Damit bestätigt das VG Ansbach zutreffend, dass § 284 StGB – nach wie vor – in verwaltungsgerichtlichen Verfahren Anwendung findet. Auch be-steht nach der Begründung des VG Ansbach kein Zweifel mehr daran, dass der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27.04.2005 (1 BvR 223/05) mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 (1 BvR 1054/01) erledigt ist. Dieser Beschluss des BVerfG war wegen seiner Bindungswirkung seinerzeit Grundlage für den jetzt mit der neuen Ent-scheidung des VG Ansbach aufgehobenen Beschluss vom 23.08.2005. Das VG Ansbach geht also davon aus, dass das Bundesverfassungsge-richt an den dort geäußerten Bedenken hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 284 StGB in verwaltungsrechtlichen Eilverfahren nicht mehr festhält.

Diese Entscheidung des VG Ansbach steht im Einklang mit der Rechtspre-chung des Bundesverfassungsgerichts und der überwiegenden Instanz-rechtsprechung dahingehend, dass gegen Sportwettenvermittler, die ihre Wetten an nicht in Deutschland lizenzierte Sportwettenveranstalter vermit-teln, auch für sofort vollziehbar erklärte Schließungsverfügungen ergehen können. Hierzu hatte das Bundesverfassungsgericht in dem vorzitierten Ur-teil (dort Rdn. 158) auch indirekt aufgefordert, wenn es dort heißt:

„Das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Wettunternehmer und die Vermittlung von Wetten, die nicht vom Freistaat Bayern veranstaltet werden, dürfen weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden.“