Online-Glücksspiel: Kommission geht gegen Glücksspielgesetzgebung in mehreren Mitgliedsstaaten vor

20. November 2013. Die Europäische Kommission hat heute gegen die Online-Glücksspielgesetzgebung in 6 Mitgliedsstaaten ein offizielles Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Gegen Schweden wurden zwei ‚mit Gründen versehene Stellungnahmen‘ abgegeben, weil das Land die entsprechenden EU-Vorschriften nicht einhält. Dieser Schritt erfolgt einerseits nach wiederholten Aufforderungen des Europäischen Parlaments an die EU-Kommission, die Einhaltung des EU-Vertrages sicherzustellen. Anderseits hat der Europäische Gerichtshof zunehmend Klarheit geschaffen in der Frage, wie Gemeinschaftsrecht in Bezug auf nationale Glücksspielgesetzgebung anzuwenden ist. Es ist in näherer Zukunft von ähnlich gelagerten Entscheidungen gegen weitere Mitgliedsstaaten auszugehen.

Die Kommission hat Mahnschreiben (1) an Belgien, Zypern, Tschechien, Litauen, Polen und Rumänien bezüglich ihrer Online-Glücksspielgesetzgebung übersandt (siehe hier). An Schweden, gegen das bereits zwei Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wurden, hat die Kommission heute in der Folge zwei ‚mit Gründen versehene Stellungnahmen‘ übermittelt. Das ist eine förmliche Aufforderung, die Gesetzgebung mit Gemeinschaftsrecht in Einklang zu bringen, und stellt die letzte Stufe vor der potenziellen Einleitung eines Gerichtsverfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof dar. Schweden wurde von der Kommission eine zweimonatige Frist zur Stellungnahme gesetzt.

Die heutige Entscheidung dürfte nur einen ersten Schritt darstellen, zumal eine Reihe von ähnlichen Beschwerden vorliegen bzw. Vertragsverletzungsverfahren gegen mehr als 20 Mitgliedsstaaten (siehe hier) nach wie vor anhängig sind. Während die Kommission das Verfahren gegen Finnland eingestellt hat, laufen weiterhin Untersuchungen gegen Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn und die Niederlande in Erwartung einer formellen Entscheidung. Welche Bedeutung der Kommissionsentscheidung zukommt, lässt sich daran erkennen, dass zuletzt im Februar 2008 vergleichbare Maßnahmen gesetzt worden waren.

Die von der Kommission eingeleiteten Schritte folgen wiederholten Aufforderungen seitens des Europäischen Parlaments – zuletzt im Bericht „Online-Glücksspiele im Binnenmarkt“ vom Juni 2013 – „die Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften und einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Verfahren weiterhin … wirksam zu kontrollieren und durchzusetzen und Vertragsverletzungsverfahren gegen jene Mitgliedstaaten einzuleiten, die offenbar gegen das EU-Recht verstoßen“ (siehe hier).

Sie beruhen auf den jüngsten Klarstellungen durch den EuGH darüber, wie die Bestimmungen des EU-Vertrags auf den (Online-)Glücksspielsektor anzuwenden sind (siehe hier). Es wurde festgestellt, dass durch nationale Vorschriften, die die Erbringung von Glücksspieldienstleistungen, die in anderen Mitgliedstaaten zugelassen sind, untersagen, die Freiheit von Gebietsansässigen, über das Internet die in anderen Mitgliedstaaten angebotenen Dienstleistungen zu erhalten, eingeschränkt wird. Außerdem müssen Glücksspiel-Konzessionssysteme transparent gestaltet werden und dürfen nicht diskriminierend und willkürlich sein. Vor allem stellte der EuGH klar, dass einzelstaatliche Regelungen insgesamt mit ihren Zielsetzungen und Maßnahmen in Einklang stehen müssen. Ferner obliegt es dem Mitgliedsstaat zu beweisen, dass verhängte restriktive Maßnahmen angemessen und notwendig sind.

Maarten Haijer, Generalsekretär der EGBA, kommentiert: „Die heutige Entscheidung der Kommission ist deshalb so wichtig, weil sie für den Online-Glücksspiel-Markt in der EU weitere Rechtsklarheit bringt. Besonders hervorzuheben ist die Ausdauer und das Engagement von Kommissar Barnier und seinen Dienststellen im Sinne einer zeitgemäßen und EU-konformen Glücksspielregelung. Die EGBA appelliert an die Mitgliedsstaaten, diese Gelegenheit zu nutzen, um eine Glücksspielgesetzgebung einzuführen, die Marktrealitäten entspricht sowie den Anforderungen des EuGH genügt und so den Gang vor den Gerichtshof zu vermeiden hilft.“

Haijer fügt hinzu: “Es ist durchaus möglich, Ziele des öffentlichen Interesses kohärent, systematisch und in Einklang mit EU-Recht zu erreichen. Die EGBA bekennt sich uneingeschränkt zur Verfolgung politischer Ziele, wie etwa zur Erreichung eines hohen Verbraucherschutzniveaus. Alle Mitglieder der EGBA unterziehen sich deshalb einer verpflichtenden Prüfung ihrer Übereinstimmung mit den CEN „Maßnahmen zum verantwortungsvollen Umgang mit im Fernabsatz angebotenen Glücksspielen und Wetten.“