Bundeskongress Glücksspielwesen in Berlin: Baustelle Illegalität

Der 8. Bundeskongress zum Glücksspielwesen des Behörden Spiegels widmete sich alten und neuen Baustellen. Neben Dauerbrenner-Themen wie dem Kampf gegen das illegale Spiel wurde auch über neue Trends wie Künstliche Intelligenz debattiert.

Der kampf gegen das illegale Glücksspiel ist eine der zentralen Herausforderungen der Branche. Darüber bestand beim 8. Bundeskongress zum Glücksspielwesen des Behörden Spiegels Einigkeit über die verschiedensten Akteure, von Vertretern der Branche über Wissenschaftler bis hin zum Beauftragten der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen Burkhard Blienert, hinweg. Über andere Themen wurde bei der Tagung am 4. und 5. Oktober in Berlin wesentlich kontroverser diskutiert. Für Robert Hess, Senior Consultant beim Behörden Spiegel, ist gerade das wichtig: „Wir wollen möglichst viele Positionen abbilden. Auch Positionen, die nicht jedem sympathisch sind. Aber es ist wichtig, miteinander zu reden und im Dialog zu bleiben." Einige „Baustellen" seien auch bei der inzwischen achten Ausgabe noch offen, gleichzeitig kämen immer wieder neue Themen auf das Programm. Dieser Spagat führte zu einer ebenso interessanten wie modernen Tagung.

„Illegale sind große Plage"

Burkhard Blienert, Sucht- und Drogen-Beauftragter der Bundesregierung. (Foto: Games & Business)
Burkhard Blienert, Sucht- und Drogen-Beauftragter der Bundesregierung. (Foto: Games & Business)
Burkhard Blienert beschrieb die aus seiner Sicht größten Probleme rund um das Glücksspiel. Es gehe nicht um Zahlendiskussionen, aber die Probleme seien größer als angenommen. Haben wir dem Glücksspiel einen klaren Rahmen gesetzt? Ja! Aber bei der Regulierung müssen wir dringend nachsteuern", führte Blienert aus. Zentrales Problem sei das illegale Spiel, denn ein Drittel des Spiels finde an illegalen Orten wie Café-Casinos statt. Dort gebe es keinen Spieler- und Jugendschutz, daher sei es an derZeit, dass Bund, Länder und Kommunen Verantwortung übernehmen. Wir haben ein Kontroll- und Volzugsdefizit beim Kampf gegen die illegale Industrie", unterstrich Blienert die aktuelle Situation.

Eine Einschätzung, der Georg Stecker, Vorstandssprecher der Deutschen Automatenwirtschaft (DAW), beipflichtet. Illegale Anbieter sind nicht nur Konkurrenz, sondern eine große Plage und für den Jugend- und Spielerschutz ein echtes Desaster", beschrieb Stecker die Dringlichkeit des Problems. Dabei falle die Illegalität nicht „vom Himmel", sondern sei die Folge verfehlter Regulierung. Der Vollzug stehe unter einem enormen Druck und brauche dringend Unterstützung. Aber nicht nur eine Stärkung des Vollzugs sei dringend geboten, auch das legale Angebot müsse gestärkt werden.

Illegale Angebote betreffen nicht nur das terrestrische Spiel, sondern sind auch für Online-Glücksspiel ein echtes Problem. Etwa die Hälfte des virtuellen Spiels findet laut Simon Priglinger-Simader, Vizepräsident des Deutschen Online Casino Verbands (DOCV), bei illegalen Anbietern statt. Illegale Anbieter können Spielern attraktivere Angebote machen, mit denen legale Anbieter kaum konkurrieren können. Daher müsse bei der Regulierung dringend an den richtigen Stellschrauben gedreht werden.

Der Kampf gegen das illegale Spiel im Netz ist in Deutschland Aufgabe der Ge- meinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL). Nadja Wierzejewski, Abteilungsleiterin für die Bekämpfung von illegalem Glücksspiel bei der GGL, sieht ihre Behörde bestens gerüstet: „Wir haben alles, was es braucht." Gerade mit Untersagungsverfügungen und Payment Blocking erziele die GGL große Erfolge. Dabei sei es aber nicht nur die Aufgabe, den Schwarzmarkt zu bekämpfen, sondern auch den legalen Markt an die Regeln zu erinnern.

Und die Vertreter des legalen Marktes zeigten sich positiv gegenüber der GGL. Für Mathias Dahms, Präsident des Deutschen Sportwettenverbands (DSWV), geht mit der GGL als „zentrale, kompetente Behörde" ein langersehnter Wunsch in Erfüllung. „Es knackt und knirscht ab und zu, wie in jeder Beziehung", so Dahms. Doch inzwischen sei die Kennenlernphase vorbei und die Zusammenarbeit funktioniere sehr gut.

Werbung für das „Superziel"

„Der Schwarzmarkt ist immer nur einen Klick entfernt", fasst Mathias Dahms zusammen. Ale anderen Ziele, etwa für Jugend- und Spielerschutz, würden mit illegalen Anbietern nicht funktionieren, daher sei die Kanalisierung in legale Bahnen das „Superziel". Um dieses übergeordnete Ziel zu erreichen, braucht es laut Dahms dringend Werbung: „Ohne Werbung haben legale Anbieter keine Präsenz und können nicht auf sich aufmerksam machen." Für Tobias Krull, Landtagsmitglied für die CDU in Sachsen-Anhalt, gibt es keinen Konflikt zwischen Werbung und Prävention: „Das sind zwei Seiten einer Medaille." Mit dem Verweis auf eigene Erfahrungen in der DDR stellt sich Krull gegen Monopole und Verbote, welche ohnehin nur den Illegalen in die Karten spielen würden.

Mathias Dahms (v.l.), Präsident des DSWV, Simon Priglinger-Simader, Vizepräsident des DOCV, und DAW-Vorstandssprecher Georg Stecker diskutierten unter der Moderation von Robert Hess die Folgen des illegalen Spiels auf die Branche. (Foto: Games & Business)
Mathias Dahms (v.l.), Präsident des DSWV, Simon Priglinger-Simader, Vizepräsident des DOCV, und DAW-Vorstandssprecher Georg Stecker diskutierten unter der Moderation von Robert Hess die Folgen des illegalen Spiels auf die Branche. (Foto: Games & Business)

Im Gegensatz zum Kampf gegen die Illegalität waren sich die Akteure beim Thema Werbeverbote allerdings deutlich weniger einig. Blienert zufolge führt Werbung nicht zu Kanalisierung. Vielmehr seien vulnerable Gruppen wie Kinder und Jugendliche ständig Glücksspielwerbung ausgesetzt, sei es am Handy, im Stadion oder vor dem TV. „Werbung schafft die Abhängigkeit von morgen!", so Blienerts These. Auch Tobias Hayer, Glücksspielforscher an der Universität Bremen, stellt den Schutz vulnerabler Gruppen heraus. „Werbung wirkt, deshalb wird geworben. Und Werbung geht mit Kollateralschäden einher", meint Hayer. Die Rückfallgefährdung durch Werbung sei eine „Malaise".

Uneinigkeit herrschte auch angesichts der Bewertung des Forschungsstands über die Wirkung von Glücksspielwerbung. Laut Simon Planzer, Rechtsanwalt und Dozent für Glücksspielrecht an der Universität St. Gallen, wird der Effekt von Werbung auf die Glücksspielpräferenz massiv überschätzt. Häufig werde bei Bewertung vergessen, dass Korrelation nicht gleich Kausalität sei. Die Thematik sei sehr komplex und die Forschung keinesfalls eindeutig. Auch aus diesem Grund fordert DSWV-Präsident Dahms, dass Glücksspielwerbung weiter auf ihre Wirksamkeit untersucht wird. Es sei sehr gut, dass die GGL zu diesem Thema eine Studie in Auftrag gegeben hat. Für Dr. Jörg Pietsch, Leiter des Arbeitsstabes beim Beauftragten der Bundesregierung, dagegen ist die Sachlage klarer. Zwar sei zusätzliche Forschung immer willkommen, jedoch „seien wir keinesfalls in einem Raum, in dem die Politik blind steuert". Daher sei es an der Zeit, wirkungsvollere Wege zur Kanalisierung zu finden.

KI für den Spielerschutz

Künstliche Intelligenz ist ein vieldiskutiertes Thema, in vielen Bereichen unseres Lebens. Professor Dr. Tilman Becker von der Universität Hohenheim wagte einen Ausblick, welchen Einfluss KI auf das Glücksspiel der Zukunft haben könnte. Vor allem für den Spielerschutz sieht Becker enormes Potential. Künstliche Intelligenz könne Risikofaktoren für Spielsucht identifizieren und so frühzeitig problematisches Spielverhalten identifizieren. Auch bei Selbsttests könne Künstliche Intelligenz wertvolle Unterstützung leisten. Allerdings bestehe bei solchen Systemen die Gefahr von sogenannten Dark Patterns, manipulative Designs, die Nutzer zu schädlichen Verhalten verleiten. Daher muss laut Becker in einem sensiblen Bereich wie der Suchtprävention stets eine Kombination aus KI und Mensch zum Einsatz kommen.