Eine kritische Online-Glücksspiel-Markeinschätzung im EU-Parlament

Von Lisa Horn

Die Europäische Binnenmarkt und Verbraucherschutz Kommission („European Parliament’s Internal Market and Consumer Protection Committee“ – IMCO) wird nächste Woche einen vorläufigen Bericht/Markteinschätzung diskutieren, der nach einer parlamentarischen Lösung im Bezug auf die Integrität von Online-Glücksspiel in der EU sucht.

Dabei geht es nicht so sehr darum, sich an die Meinung der Kommission anzuschließen, sondern die Meinung des Parlaments zu vertreten und diese geht nicht ganz mit den Meinungen der Wirtschaftsexperten der EU konform, sondern birgt kritische Worte gegen die Glücksspielindustrie. Allerdings geht auch hier die Lösung der Probleme weniger in Richtung nationaler Gesetze, sondern eher zu einer EU weiten Einheitsregelung.

Hier eine Zusammenfassung des vorläufigen Berichts bzw. der Markt-Einschätzung:

I. Einleitung

Glücksspiel-Aktivitäten beziehen sich auf Wetten und Spiele um Geld mit einem gewissen Wert an Glück – dies inkludiert Lotterien und Wett-Spiele.

Online Glücksspiel gibt es seit 1996, das erste Online-Glücksspiel-Portal war in Finnland verfügbar. Seit damals wächst dieses Marktsegement stetig. Schon 2003 war der generierte Umsatz der damaligen EU-Staaten bei mehr als € 51 Milliarden. Derzeit macht Online-Glücksspiel, via Computer, Mobil-Telefonen oder interaktiven TV-Spielen, bereits 5% des gesamten Glücksspielmarkts aus.
Das durchschnittliche Wachstum des Online-Gambling Markts in Europa pendelt jährlich zwischen 8,4% (Österreich und Ungarn) und 17,6% (Italien). Diese unterschiedlichen Zahlen zwingen die Mitgliedstaaten die jeweiligen Entwicklungen zu regulieren bzw. einzudämmen um die Geschwindigkeit zwischen Kunden-Bedürfnissen und Anbieter Service unter Kontrolle zu halten.

Online Gambling wirft für die Politik der Mitgliedstaaten einige Probleme auf. Erstens weil es das Grenz-überschreitende Element gibt, weil es Anbietern ermöglicht ihren Service auch in anderen Mitgliedstaaten anzubieten, einem Staat in dem das Unternehmen nicht ansässig ist.

Zweitens können Anbieter bis zur Verwendung einer Kreditkarte die Identität ihres Users/Kunden nicht 100%ig identifizieren. Und selbst dann ist es für den Anbieter auch nicht feststellbar, ob sich hinter der verwendeten Kreditkarte auch wirklich jene Person verbirgt.

Drittens, Online-Glücksspiel-Seiten können schnell errichtet werden, das gibt Betrügern einen leichten Nährboden. Daher können betrügerische Unternehmen kommen und gehen wann und wie sie wollen.

Viertens, für die Anbieter ist es schwierig die Spieler (ihre Kunden) zu kontrollieren, also festzustellen ob es sich nicht doch um eine/n Minderjährige/n oder eine beeinträchtigte bzw. Spielsucht gefährdete Person. Denn der Zugang ins Internet zu Glücksspiel-Portalen ist leicht und betreffende Person kann das unauffällig tun. Das soziale Umfeld kann ausgegrenzt werden, sodass niemand eine mögliche, bis zu gröberen wirtschaftlichen Schäden, bemerken würde.

II. Regulierung

Der europäische Glücksspielmarkt ist auf nationaler Ebene geregelt, in Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip (also Selbstverantwortung vor staatlicher Intervention). Daher sind die Rahmenbedingungen am Glücksspielmarkt (sowohl real als auch online) uneinheitlich. In 20 Mitgliedstaaten ist Online-Gambling erlaubt, während sieben Mitgliedstaaten Online-Glücksspiel verbieten. 13 Staaten haben einen liberalisierten Markt, wobei sechs ein staatliches Monopol und ein Staat ein privat-lizensiertes Monopol betreiben.

Jene Mitgliedstaaten, in denen Glücksspiel verboten ist, oder unter besonderen Bedingungen monopolisiert ist, argumentieren, dass ihre jeweiligen Limitierungen und Verbote auf soziale und öffentliche Verantwortung zurückzuführen bzw. zu rechtfertigen sind.

Jedenfalls gab es in letzter Zeit größere Kontroversen und Debatten im Bezug auf die „Nationalen Gücksspiel Monopole“. Zahlreiche Beschwerden wurden von Glücksspiel-Unternehmen, Privatpersonen und Medien-Unternehmen an die Europäische Kommission herangetragen. Alle beschwerten sich darüber, dass im betreffenden Staat unrechtmäßig ein Monopol geschützt würde und die daraus entstehenden Einkünfte. Das Ergebnis dieser Beschwerden ist ein EU-Rechtsverletzungsverfahren gegen 10 Mitgliedstaaten. Dieses soll Klären ob nationale Interessen mit den Gesetzen der EU konform gehen.

Das Thema EU- Glücksspielmarkt Regulierung, ob nun real oder online, ist ein sensibles Thema. Aber es gibt eindeutigen Bedarf an klaren Regelungen im Bezug auf Online-Glücksspiel.

Derzeit sind fast 50% aller Fälle vor dem Europäischen Gerichtshof in Verbindung mit Glücksspiel – eine unbefriedigende Position sowohl für Mitgliedstaaten, Konsument und Online-Glücksspiel-Anbieter.
In den Fällen Schindler 1994 (C-275/92), Läärä 1999 (C-124/97), Zenatti 1999 (C-67/98), Anomar 2003 (C-6/01), Gambelli 2003 (C-243/01), Lindman 2003 (C-42/02), Placanica 2007 (C-338/04), Unibet 2007 (C – 432/05) and UNIRE 2007 (C – 260/04) hat der EuGH bereits festgesetzt, dass die Bewegungsfreiheit (gemäß Artikel 49 des EU-Abkommens) auch für Online-Glücksspiel gilt. Es wurde aber auch festgehalten, dass Glücksspiel moralischen, religiösen oder sozialen Aspekten unterliegen könne, da es ein hohes Risiko an Kriminalität, Betrug oder sozialem Schaden an einem Individuum birgt. Einschränkungen seien daher zum Schutz des Kunden/Konsumenten/Users, des öffentlichen Interesses und der Wahrung kultureller Werte gerechtfertigt. Einschränkungen müssten aber auch systematisch und einheitlich erfolgen um Diskriminierung von Unternehmen zu vermeiden.

Am 14. November 2006 äußerte sich Binnenmarkt Kommissar Charlie Mc Creevy in einer parlamentarischen Sitzung, zur derzeitigen Situation und meinte, dass eine EU weite Harmonisierung der Glücksspiel-Gesetzgebung derzeit nicht wahrscheinlich sei.

III. Integrität

Die Absicht dieses Reports ist auf die Integrität von Online-Gambling zu fokussieren. Mit „Integrität“ ist hier in erster Linie das Ziel gemeint, Betrug zu vermeiden: bei anderen Online-Anbietern, Kunden/Usern, oder auch Usern untereinander. In diesem Sinne inkludiert Integrität alle Aktivitäten die Vermeidung von kriminellen Handlungen einschließen – auch Geldwäsche oder Glücksspiel von Minderjährigen.

Die Meisten Kunden/User spielen ohne ein erhebliches Suchtrisiko, eine kleine aber bedeutende Gruppe an Menschen bekommen aber ein Problem mit dem Spiel oder Wetten. Die „World Health Organisation“ (WHO) definiert auffälliges Spielverhalten als exzessives Spielen, dass zu finanziellen, sozialen oder psychologischen Problemen führt. Das Risiko einer Abhängigkeit steigt durch ständige Verfügbarkeit, die zeitliche Gewinnfrequenz, die Möglichkeit zu mehr Kreditrahmen zu gelangen und kaum Information über die Risiken des Spielens/Wettens.
Online-Glücksspiel vereint einige dieser Risikofaktoren. Da Online-Anbieter eine große Palette an Spielen (Roulette, Poker, Slot Machines, etc…) anbieten kann und durch neue Technologien in relativ kurzer Zeit neue Spiele auf den Markt bringen kann – der Kunde/User wird regelrecht an den Bildschirm „geklebt“.

Ein weiterer Beunruhigender Aspekt ist der Anstieg an Multi-Media –Diensten, wie Fernsehen, Telefon oder SMS-Service. Es wird dadurch eine soziale Akzeptanz geschaffen an solchen Glücksspielen teilzunehmen – ein Risiko besonders für junge Menschen.

Der gesamte Bericht ist auf http://gamingintelligencegroup.com/gig/download/IMCO-IOG.pdf nachzulesen.