Casinos gegen Arbeitslosigkeit

Die rosigen Zeiten sind wohl vorbei. Dem einstigen Wachstumswunderkind macht eine strukturelle Arbeitslosigkeit zu schaffen, da ein Teil der großen Arbeitgeber ihre Produktion nach China oder in andere Niedriglohnländer verlagern. Im ersten Quartal kletterte die Arbeitslosigkeit überraschend auf 3,9%. Das hat die Aufmerksamkeit wieder auf dieses Thema gelenkt und die Regierung hat gewarnt, die Rate könnte noch höher steigen, wenn das Wachstum weiter nachläßt. Daher wurden schon zwei Maßnahmen eingeleitet, die nahezu alle Wirtschaftsbereiche berühren. Das erste ist ein Wechsel in der Währungspolitik. Ein schwächerer Singapur-Dollar soll die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärken. Der zweite ist die Lohnpolitik. Stärker als in irgendeinem anderen asiatischen Land wird versucht das Lohnwachstum zu beschränken oder sogar zu beschneiden. Die Unternehmen und die Beschäftigten werden gebeten einen flexibleren Ansatz für Lohnverhandlungen zu wählen, um den Verlust an Arbeitsplätzen zu minimieren.

Singapur würde es vorziehen, daß Beschäftigungsproblem mit Wirtschaftswachstum zu lösen. Daher hat sich die Regierung im April für den Bau zweier Casinos entschieden. Das war mit Sicherheit die umstrittenste Entscheidung in den vergangenen zehn Jahren. Ende Juni wird die Regierung die Konsortien aus den Bewerbern wählen, die ab 2006 auf der Marina Bayfront und auf Sentosa das insgesamt 3-4 Mrd. USD schwere Projekt verwirklichen sollen. 2009 sollen die Casinos ihren Betrieb aufnehmen.

Letztes Jahr wuchs Singapurs Wirtschaft um 8,4%. Das war das stärkste Wachstum seit vier Jahren. Dieses Jahr dürfte sich das Wachstumstempo halbieren. Gründe sind die nachlassende Nachfrage auf dem Weltmarkt sowie die Talsohle im IT-Zyklus, der sich frühestens in der zweiten Jahreshälfte wieder erholen dürfte. Der Privatverbrauch ist auf einem moderaten, aber soliden Fundament und sollte das Wachstum stützen. Exporte und die Inlandsnachfrage sollten sich nächstes Jahr wieder erholen und könnten 2007 und 2008 für ein stärkeres Wachstum sorgen.

Die Produktion im verarbeitenden Bereich wird wohl auch im weiteren Jahresverlauf verhalten bleiben. Angesichts steigender Kosten und zurückgehender Produktion schrumpfen die Gewinne. Im März lag der Ausstoß um 1,7% unter dem Vorjahreswert. Das ist der dritte Monat in Folge mit einem Rückgang. Die Ausfuhr von Elektronikgütern stieg zwar im März um 4,8% gegenüber dem Vorjahr. Dennoch sehen Analysten darin kein Anzeichen für eine Erholung, sondern eher für eine sanfte Landung. Der Einkaufsmanager-Index lag im März noch bei 53,5. Das ist über der 50-Punkte-Marke, die die Grenze zwischen Expansion und Schrumpfen zieht. Gleichzeitig waren es aber 0,4 Punkte weniger als im Vormonat.

Die größten Hindernisse für die Inlandsnachfrage sind die schwache Erholung der Immobilienpreise und der Baubereich. Die Immobilienpreise lagen im ersten Quartal nur um 0,7% über dem Vorjahreswert. Gleichzeitig hat sich der Bestand an unverkauften Wohnungen im vierten Quartal 2004 erhöht. Die Casino-Pläne hatten bislang nur wenige Auswirkungen auf den Immobilienmarkt, dafür sollten sie aber 2006 dem Baubereich auf die Sprünge helfen. Analysten erwarten, daß die Immobilienpreise in den kommenden zwei Jahren nur um 1,5-2,5% anziehen werden. Entsprechend gering werden auch die Auswirkungen für steigende Konsumausgaben sein, zumindest dieses Jahr noch.

Nach einem Wechsel bei der Inflationsberechnung hat die Zentralbank (MAS) ihre Vorhersage für die Geldentwertung von 1-2% auf 0-1% zurückgenommen. Der Preisdruck ist in Singapur jedenfalls vernachlässigbar und der Stadtstaat wird wohl auch nicht den Zinsschritten in den USA folgen. Angesichts der geringen Inflation wird die Löwenstadt wahrscheinlich einen schwachen Singapur-Dollar anstreben, um so die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, zumal andere asiatische Währungen an Wert gewinnen.