Deutsche Spielbanken sollen mit ihren Glückspielgeräten umsatzsteuerpflichtig werden

Reinhold Schmitt
ISA-GUIDE Chefredakteur (V.i.S.d.P.)
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Vorbemerkung: Mit Urteil v. 17.02.2005 hat der Europäische Gerichts (EuGH) im sog. „Linneweber“-Urteil entschieden, dass es europarechtswidrig ist, wenn Geldspielautomaten, die in öffentlichen Spielhallen aufgestellt sind, nicht der Umsatz-Steuerpflicht unterliegen, während solche, die von Privaten betrieben werden, steuerpflichtig sind.
Vielmehr müssten beide Sachverhalte gleichbehandelt werden. Das Urteil ist auf maßgebliches Treiben der deutschen Automatenindustrie zustande gekommen.

Der deutsche Gesetzgeber beabsichtigt nun eine relativ kurzfristige Reaktion: Nach einem ISA-CASINOS vorliegenden Referenten-Entwurf sollen schon ab dem 4. Mai 2005 sämtliche deutschen Spielbanken umsatzsteuerpflichtig werden.

Inwieweit die Umsatzbesteuerung in die Welt der Spielbanken passt oder greifen sollte bleibt bei dem Referenten Entwurf allerdings offen. Besonders der Passus im letzten Absatz des

II. Besonderer Teil Zu Artikel I (§ 4 Nr. 9 Buchst. b Satz 1 Umsatzsteuergesetz 2005)
„Einer wirtschaftlichen Belastung der Spielbanken könnte durch Weitergabe der Umsatzsteuer an den Endverbraucher oder durch Senkung von auf den Spielbanken lastenden Länderabgaben entgegengewirkt werden.“

Klaus Walkenbach, Geschäftsführer der<br>Brandenburgischen Spielbanken ISA-CASINOS sprach mit Klaus Walkenbach, Geschäftsführer der Brandenburgischen Spielbanken.

Klaus Walkenbach teilte der ISA-CASINOS mit: Zitat: Wir waren mehr als überrascht über die kurzfristige Lösung. Sicherlich muss es nun Gespräche mit unseren Gesellschaftern und den Finanzministereien geben und das werden wir tun. Ich kann mir sehr schwer vorstellen, dass die Spieleinsätze in den Spielbanken in das System der Umsatzsteuer gepresst werden können. Dieses funktioniert bei Lotto, weil hier die definitive Umsätze auf der Hand liegen.

Mathias Hein, Sprecher der DeSIA gegenüber ISA-CASINOS: „Die Handlungszwänge der Bundesregierung auf Grund des Urteiles des EuGH, sehen wir klar und deutlich. Dafür haben wir auch volles Verständnis. Allerdings muss die Sachlage neu besprochen werden. Die DeSIA bietet dazu ihre Mithilfe bei der Gestaltung und bei Lösung an.“

ISA-CASINOS sprach darüber mit Hartmut Nevries, der seit über 25 Jahren in führender Position im Spielbankgeschäft tätig ist.

ISA-CASINOS: Herr Nevries, kennen Sie die Entscheidung des EuGH vom 17.02.2005, bei der es um die Umsatzbesteuerung für Glücksspielgeräte geht?

Hartmut Nevries: Selbstverständlich kenne ich den so genannten „Linneweber-Fall“, bei dem der EuGH entschieden hat, dass eine Umsatzsteuerbefreiung von Glücksspielen mit Geldeinsatz unzulässig ist, wenn gleichartige Umsätze außerhalb von Spielbanken umsatzsteuerpflichtig sind. Hierbei geht der EuGH davon aus, dass die Glücksspielgeräte, um die es hier geht, in Spielhallen und staatlich konzessionierten Spielbanken typengleich sind.
Wenn also zukünftig die Geräte in Spielhallen, die nach der Gewerbeordnung und nicht nach der Glücksspielgesetzgebung betrieben werden, von der Umsatzsteuer befreit werden sollen, weil die Glücksspielgeräte in konzessionierten Spielbanken ebenfalls von der Umsatzsteuer befreit sind, dann würde das Gesetz keinen Unterschied machen zwischen den Glücksspielen in Spielhallen und den Glücksspielen in Spielbanken. Dies kann jedoch nicht sein, da die Spielbankengesetze in allen deutschen Bundesländern sehr hohe Abgaben vorsehen, für den Betrieb der Glücksspiele – in der Regel 80 % des Bruttoeinspielergebnisses – und der Betrieb der Glücksspiele an sehr hohe Sicherheits- und Kompetenzvoraussetzungen des Betreibers geknüpft ist.
Im Gegensatz dazu kennt das gewerbliche Spiel für Spielhallen und Glücksspiele in gastronomischen Betrieben diese Konzessionsauflage nicht.

ISA-CASINOS: Gibt es schon Reaktionen auf dieses Urteil?

Nevries: Ich weiß, dass sich der Verband der deutschen Automatenindustrie mit diesem Urteil beschäftigt, da der Kläger aus dem Bereich der Automatenaufsteller kommt und hier ein Urteil erstritten hat, dass sich möglicherweise für die Automatenindustrie als „Damokles-Schwert“ herausstellen könnte, denn die deutschen Finanzbehörden werden sicherlich sofort auf dieses Urteil des EuGH reagieren und Ersatz für die entgangene Umsatzsteuer – entweder bei den Betreibern von Spielhallen oder bei den Betreiben von Spielbanken suchen.

ISA-CASINOS: Darauf genau wollte ich Sie ansprechen, denn seit einigen Tagen gibt es den Entwurf zu einem neuen Umsatzsteuergesetz für Glücksspiele mit Geldeinsatz, dass sich direkt an die Betreiber öffentlicher Spielbanken wendet, um die Umsätze aus Glücksspielgeräten in Spielbanken der Umsatzsteuer zuzuführen.

Nevries: Auch diesen Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen habe ich vorliegen und kann mich nur wundern, mit welcher fachlichen Kompetenz der Verfasser dieses Gesetzentwurfes ausgestattet sein muss.
Zunächst einmal gibt es sehr klare gesetzliche Vorschriften für die Betreiber von Spielbanken in deutschen Bundesländern. Die Spielbankabgaben, sowohl auf die Tischspiele als auch auf die Glücksspielautomaten, gehen zurück auf das alte Reichsgesetz vom 27. Juli 1938. Dieses Gesetz wirkt als Ländergesetz nach und ist noch in allen Spielbankgesetzen der deutschen Bundesländer wirksam. Dort steht im § 6 sehr klar zu lesen, dass

„der Spielbankunternehmer für den Betrieb der Spielbank von den laufenden Steuern, die vom Einkommen, vom Vermögen und vom Umsatz erhoben werden…… befreit ist.“

D.h. in unserem konkreten Fall, dass der Finanzminister des Bundes hier in geltendes Recht der Länder eingreift. Hinzu kommt, dass die Spielbankabgabe, die bisher in vollem Umfange den jeweiligen Bundesländern zusteht, zukünftig mit dem Bund geteilt werden muss, da das Umsatzsteueraufkommen zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden aufgeteilt wird.
Alle Spielbankgesellschaften können doch wohl auf die Wirksamkeit ihrer Gesetze für die Dauer der Konzessionszeit vertrauen. Hier gilt der Vertrauensschutz, das nicht von jetzt auf gleich eine neue Steuerrichtlinie eingeführt werden kann, die zudem alle Spielbankunternehmen in den Ruin treiben würde, da die Spielbanken – wie jeder weiß – einer sehr hohen Spielbankabgabe unterworfen sind, die im Übrigen täglich erhoben wird.

Hartmut NevriesISA-CASINOS: Könnten Sie sich irgendeine Kompensation vorstellen, die die Umsatzsteuer einführt und die Spielbankabgabe reduziert?

Nevries: Wenn das Bundesministerium der Finanzen die Umsatzsteuerregelung auch auf Glücksspielgeräte in Spielbanken ausdehnen will, weil der EuGH hier eine Entscheidung getroffen hat, die für die Bundesrepublik umgesetzt werden soll, dann kann dies nur so erfolgen, dass das gesamte Spielbankabgabensystem geändert werden muss und dass die Kompetenzen der Länder im Bezug auf das Glücksspielrecht – das im Übrigen dem Polizeirecht untersteht – renoviert werden müssen.
Man kann sich zwar sehr vieles vorstellen, aber das wird sicherlich einige Zeit dauern.
Bisher waren Spielbanken nicht mehrwertsteuerpflichtig, d. h. dass alle Dienstleistungen nicht vorsteuerabzugsfähig waren. Als Folge einer Umsatzsteuerverpflichtung für Spielbanken, müssten die Steuererklärungen der letzten zehn Jahre dahingehend überprüft werden, inwieweit die gezahlten Umsatzsteuern von den jeweiligen Finanzämtern zurückgefordert werden können.

ISA-CASINOS: In einigen EU-Mitgliedsländern wie den Niederlanden und Österreich gibt es doch die Umsatzsteuer auf Glücksspielerträge. Warum dann nicht in Deutschland?

Nevries: Das ist richtig, aber schauen Sie sich dort bitte genau die Spielbankgesetze und die Steuerregelung an. Dort gibt es eine sehr geringe Spielbankabgabe und eine normale Umsatzsteuer auf Spielgewinne, unterschiedlich für die jeweiligen Spiele.

Die deutschen Spielbankunternehmer wären sehr froh, wenn eine solche Regelung wie in den Niederlanden, auch aus Wettbewerbsgesichtspunkten, in Deutschland eingeführt werden würde. Sämtliche Betriebskosten, Werbungskosten, Personalkosten etc. könnten dann zunächst einmal von den Spielgewinnen abgezogen werden. Der verbleibende Gewinn würde dann der Steuer unterliegen. Dieses System würde nicht nur dem Spielbankunternehmen, sondern auch dem Spielbankgast zu Gute kommen, da für ihn wesentlich mehr gemacht werden könnte, als zurzeit.

ISA-CASINOS: Glauben Sie, dass der Entwurf des Finanzministeriums in der vorliegenden Form verabschiedet wird?

Nevries: Nein. Der Verfasser des Entwurfes wird sehr bald einsehen, durch den Protest der Finanzminister der Länder, dass hier etwas besser hätte recherchiert werden müssen. Leider erneut eine Feststellung, die auch auf andere Gesetzentwürfe zutrifft.

ISA-CASINOS: Vielen Dank für das Gespräch. Selbstverständlich möchte ich Ihnen zu ihrem 65. Geburtstag den sie am Sonntag gefeiert haben gratulieren und wünsche ich ihnen Gesundheit und viel Erfolg.