Entstehungsgeschichte der Casinos

Reinhold Schmitt
ISA-GUIDE Chefredakteur (V.i.S.d.P.)
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(rs) Die Historie der Casinos ist ebenso lang wie faszinierend. Casinos im eigentlichen Sinne entstanden in Europa vor rund 400 Jahren. Anfangs waren sie vom Würfel- und Kartenspiel dominiert.

Erste Zeugnisse von Glücksspielen datieren aus der ägyptischen Kultur um 3000 vor Christi. Der absolute Urahn aller Spiele ist der Würfel: Für die ersten von ihnen mussten noch Elefanten daran glauben. Geschickte Kunstmeister im alten Ägypten fertigten diese Glücks-Instrumente. Archäologen haben sie ausgegraben und schon das Jahr 1573 vor Christi als Spiel-Jahr erkannt.

Jahrhunderte, ja Jahrtausende brauchte der Würfel, um in der griechischen und römischen Antike anzukommen. Seither kennen wir den Würfel, wie er heute auch beschaffen ist: Mit Zahlen von 1 bis sechs. Der Würfel gehörte bei den Römern und Germanen zum – heute würde man sagen – täglichen Equipment dazu. Wie auch immer: Tacitus berichtet, dass sich die Germanen derart für das Würfelspiel begeisterten, dass sie andere Dinge links liegen ließen.
Die Römer waren dagegen damals der Zeit etwas voraus und etwas kultivierter. Für sie gehörte das Spiel zum gesellschaftlichen Leben, zum Dolce Vita einfach dazu. Und auch im alten Rom war es wie im wirklichen Leben.

Es gab auch Warner: Kaiser Justinian verbot 500 nach Christi Geburt das Würfelspiel. Und seither hat das Spiel mit dem Glück stets – wie alles im Leben – zwei Seiten. Mal wurde es von der Obrigkeit gefördert, mal eingeschränkt.

Nur ein Beispiel für die staatliche Macht, die sich gegen das Spiel an sich stemmt. Im 14. Jahrhundert war sogar das Kegeln verboten. Es sollte Geist und Körper verderben. Ab der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts fanden Würfel – und auch das neu dazugekommene Spiel mit den Karten – schnell Freunde. Gespielt wurde in Schänken oder auf öffentlichen Plätzen. Per Lizenz erteilte einst die weltliche Obrigkeit die Erlaubnis, derartige Jahrmärkte zu veranstalten. Aus dieser Zeit sind die ersten Konzessionen für Spielstätten bekannt, quasi die Vorläufer für unsere heutige staatliche Erlaubnis der Spielbank.

Frankfurt Anno 1397

Besonders gut mit dem Geld umgehen konnten damals übrigens schon die Frankfurter. Sie erhoben 1397 einen Pachtzins für das Recht, Glücksspiele auf den Messen vor Ort durchführen zu dürfen.
Der deutsche Urvater der Spielbanken dürfte dagegen im mittelalterlichen Mainz gelebt haben: Hier verpachtete der Rat das örtliche Spielhaus und führte eine Art Spielmonopol ein.
1626 wurde das Glücksspiel in den Spielbanken schließlich offiziell genehmigt.

Die Kirche lehnte das Glücksspiel zwar ab, aber so ganz einig war sie sich nicht: Das offizielle Credo hieß, Glücksspiel ist Sünde. Doch soll das den Erzbischof zu Köln nicht gehindert haben, Einkünfte aus Spielhäusern entgegen zu nehmen. Und als im 16. Jahrhundert Lotteriespiele populär wurden, war auch die Kirche dabei. Sie entdeckte eine neue Geldquelle. Papst Clemens XII führte 1735 sogar selbst ein Lotteriespiel ein. Sein Vorgänger hatte das Spiel noch mit einem Bann belegt. Das Beispiel Venedig machte Schule und Adelshöfe sowie Politiker entdeckten die willkommenen steuerlichen Zusatzeinnahmen aus den Spielbanken. Nicht zufällig haben die Casinos ihren Ursprung in Venedig. Waren doch Städte mit touristischem Angebot und einer Bäderkultur von jeher die Orte, in denen sich betuchte Gäste gleichermaßen erholen und amüsieren wollten.

In Venedig sollen Mönche die Idee des Drehkessels ersonnen haben. Seine heute gültige Form bekam das Roulette im 17. Jahrhundert. Die Elfenbeinkugel ersetzte die Spindel, die bisher die Glückszahl angezeigt hatte. Einst war Roulette eher ein klassisches Volksspiel: Wer in der Spielbank die Worte „faites vos jeux“ hört, wird die Ursprünge des Roulettes erahnen. „Roulette“ ist die Verkleinerungsform des französischen Wortes für „Rad“: „la roue“. Das Rad verweist denn auch auf die Geschichte. Schon im antiken Rom vertrieben sich die Legionäre die Zeit damit, ihr Schutzschild auf einer Speerspitze kreisen zu lassen. Im Mittelalter platzierten die Bauern ein Wagenrad auf einer aufrecht stehenden Achse und drehten es.

Trotz ihres Verbots entwickelten sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts die unzähligen illegalen „Casini“ in Venedig zum angesagten Treffpunkt aller Spielernaturen.
1750 begann der Aufstieg des belgischen Kurorts Spa – mit seinen zwei Casinos – zum Zentrum des Glücksspiels. Neben den Glücksspielen Pharao und Craps wurde Biribi angeboten, ein lotterieähnliches Spiel. Es diente vornehmlich dazu, Spielende mit kleineren Einsätzen anzulocken. Kurz darauf wurde das Kartenspiel Trente-et-quarente mit großem Erfolg eingeführt.
Nachdem 1789 die Spielbanken in Frankreich und Belgien infolge der Wirren der Französischen Revolution geschlossen wurden, konnte das deutsche Aachen Spa den Rang ablaufen und sich zur neuen Hochburg des Glücksspiels entwickeln. Napoleon, der die Spielbanken zwar nicht liebte, aber für die Auffrischung seiner Kriegskasse unbedingt benötigte, ging mit einer Verordnung in die Casino-Geschichte ein: Er hob das nach der Französischen Revolution erlassene Spielverbot auf und ließ 1806 alle Pariser Casinos in den Stadtteil des Palais Royal verlegen, um sie besser kontrollieren zu können. Was Napoleon aufgrund leerer Staatskassen nicht verantworten konnte, setzte sein Nachfolger Louis Philippe um: Er erließ 1838 ein Generalverbot. Da auch in England Spielbanken verboten waren, hielt plötzlich Deutschland das Glücksspiel-Monopol. Anfang des 19. Jahrhunderts gab es 24 Casinos im „Heiligen Römischen Reich deutscher Nation“. Davon sind im heutigen Deutschland noch neun Standorte übrig geblieben.

Ein Meilenstein in der deutschen Casinogeschichte war 1840 die Gründung der Spielbank Bad Homburg. „Ein kleines Drecknest“ lautete das vernichtend klingende Urteil von François und Louis Blanc über Homburg vor der Höhe. Aber die kleine Residenzstadt der Landgrafen von Hessen-Homburg bot zwei Vorzüge: die malerische Lage am Taunusrand und zwei Heilquellen. Weitblickend und geschäftstüchtig, wie die Brüder Blanc waren, wussten sie, dass sie mit der konsequenten Verknüpfung von Kur und Spiel in Homburg Erfolg haben würden. Der hochverschuldete Landgraf Philipp hegte die gleiche Hoffnung, und so wurden sich beide Parteien handelseinig.

Als François Blanc dann die zweite Zero im Roulettekessel abschaffte und so die Gewinnmöglichkeiten der Gäste auf das Doppelte erhöhte, erlangte das 3000 Einwohner zählende Dorf einen enormen Aufschwung. Zudem wurde das Angebot der Spiele modernisiert und zur Zielgruppe gehörten fortan nicht mehr nur Adelige. Dadurch entwickelte sich Bad Homburg innerhalb kurzer Zeit zur erfolgreichsten Spielbank Europas.

Nach dem Verbot der Spielbanken in Frankreich (1838) setzten sich 1848 auch in Deutschland die Moralisten durch und verboten die Spielbanken. Nur eine konnte dieses Verbot umschiffen: François Blanc, dem Gründer der Spielbank Bad Homburg gelang es, sich mit dem Landesherrn zu einigen und die Spielbank in Bad Homburg weiter zu betreiben. Wie ihm dies gelang, ist nicht bekannt. Es ist jedoch anzunehmen, dass es ihn einen nicht zu kleinen Teil der Einnahmen gekostet haben darf. Das Bestehen seiner Spielbank geriet ein Jahr später noch einmal in akute Gefahr: Im Mai 1849 wich auch Bad Homburg dem Druck der Obrigkeit und schloss – wenn auch nur für kurze Zeit – seine Pforten. Der Aufmarsch eines ganzen Infanterie-Regimentes mit 700 Mann war dazu notwendig. François Blanc verhinderte die drohende Waffengewalt und reagierte auf seine clevere Art und Weise, indem er den Soldaten Privatunterkünfte zuwies und die Offiziere in die Spielbank zu einem „kleinen Spielabend“ einlud. Mit einem formaljuristischen Geniestreich gelang es ihm bereits nach wenigen Tagen, den Spielbetrieb wieder aufzunehmen. Seine Spielbank war gerettet (zumindest bis 1872, als Fürst von Bismarck mit einem Generalverbot den endgültigen Spielbanken-Tod besiegelte). 1852 zogen dann ganz andere Gewitterwolken über Blancs Spielbank. In diesem Jahr sprengte der Neffe von Napoleon Bonaparte die Bad Homburger Spielbank mit einem Gewinn von über einer Million Gulden. Nur durch Scheckmanipulation gelang es der Direktion, den Eklat zu verhindern. Wieder war es François Blanc, der die Situation ausnutzte: Er hängte den spektakulären Gewinn einfach an die große Glocke und lockte damit die Spielenden in Heerscharen nach Bad Homburg.

Die Brüder Blanc

Die eineiigen Zwillinge François und Louis Blanc, am 12. Dezember 1806 in der Nähe von Avignon in der Provence als Söhne eines Steuereinnehmers geboren, waren schlau, weit blickend, geschäftstüchtig und von dem Wunsch beseelt, reich zu werden. Von Mutter Marie-Thérèse mit einer guten Erziehung und Ausbildung sowie einem Startkapital von je 500 Francs ausgestattet, suchten sie ihr Glück – nach wechselnden Betätigungen – zunächst in der Finanzwelt. In Bordeaux eröffneten die Brüder Blanc 1830 ein kleines Bankgeschäft und wussten bald, sich gegenüber der Konkurrenz in Vorteil zu bringen. Ihrer „phantasievollen“ Methode, über die Börse in Paris früher informiert zu sein als ihre Provinzkollegen, setzte allerdings ein Gericht ein Ende. Über Paris zogen die Brüder Blanc nach Luxemburg, wo sie den Hessen-Homburgischen Landgrafen Ludwig kennen lernten. Dessen Bruder Philipp holte nach seiner Regentschaftsübernahme François und Louis Blanc nach Homburg und erteilte ihnen die Konzession „zur Ausübung des Hasardspiels“.

Louis Blanc starb bereits 1850. François aber gründete eine Familie, deren Nachkommen in die europäischen Adelshäuser einheirateten: Marie Hensel, Tochter eines Friedrichsdorfer Schuhmachers, kam 1847 in das Blancsche Haus. Eigentlich wollte François das junge Mädchen nur aus wohltätigen Gründen unterstützen, aber er fand Wohlgefallen an dem aufgeweckten Mädchen. Nach einem, wie es hieß, kleinen Skandal verpflichtete er sich, sie in einer exklusiven Klosterschule bei Paris ausbilden zu lassen und dann zu heiraten.

Die Hochzeit fand am 20. Juni 1854 statt – er war 47 Jahre alt, sie zählte nicht einmal 21 Lenze. Dennoch führten die Blancs eine gute Ehe, aus der drei Kinder hervorgingen. Madame Blanc genoss den Reichtum und trug gerne kostbaren Schmuck, betätigte sich zugleich aber auch als Wohltäterin. Und sie konnte kalkulieren und organisieren. Als François Blanc am 27. Juli 1877 im Schweizer Kurort Leukerbad starb, leitete Madame Blanc, bis zu ihrem Tod vier Jahre später, die Spielbank in Monte Carlo. Das Ehepaar Blanc hinterließ den Kindern ein Vermögen von 80 Millionen Franc sowie eine ganze Reihe von Häusern und Schlössern.

Als souveräner Staat durchbrach Monaco 1856 das in Europa vorherrschende Casinoverbot. Doch wegen der schlechten Zufahrt zu dem Fürstentum, es war zu jener Zeit nur über das Meer oder einen mühsamen Landweg erreichbar, hatte die Spielbank schlechten Start.
François Blanc hatte schon 1863 die Konzession für eine Spielbank in Monaco erworben. Mit seiner Frau Marie wiederholte er den Homburger Erfolg auf dem monegassischen Felsen und baute das Casino Monte Carlo zu einer der berühmtesten Spielbanken der Welt auf. In nur zehn Jahren machte Blanc das unbedeutende Dorf an der französischen Riviera zur Welthauptstadt des Luxus, der Kunst, des Entertainments und des Glücksspiels. 1873 zählte die Spielbank in der Hochsaison täglich bis zu 1500 Gäste! Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlaubte Frankreich das Roulettespiel wieder und brach damit das Monopol Monacos. Nicht zuletzt deswegen drohte dem Fürstenhaus während des Ersten Weltkriegs, das Geld auszugehen. Der Leiter der Spielbank, Camille Blanc, schlug die Bitte des Fürsten auf eine Vorauszahlung der jährlich zu zahlenden Apanage aus und leitete damit die Kommerzialisierung der Casinos ein.

Fürst Albert wandte sich in seiner Not an einen der reichsten Männer der Welt, Sir Basil Zhaharoff, einem in London lebenden Waffenhändler. Dieser versprach dem Fürsten den Kredit in der Höhe von einer Million Pfund unter der Bedingung, dass er jederzeit die Leitung der Spielbank übernehmen könne. Dies tat Zhaharoff aber erst, nachdem er den französischen Premier Clemenceau dazu bewogen hatte, die geplante Annektierung Monacos durch Frankreich nach Kriegsende zu verwerfen und eine geheime Unabhängigkeitserklärung für Monaco abzuschließen. Fürst Albert erhielt den Kredit, rettete damit sein Fürstentum vor der Pleite und Sir Zhaharoff übernahm nach dem Krieg die Spielbank. Zusätzlich durfte er seinen Sitz nach Monaco verlegen und die Liaison mit der verheirateten Herzogin von Vilafranca ausleben. Was Clemenceau erhielt, ist geschichtlich nicht überliefert. Mit drastischen Maßnahmen, wie der Einführung von Eintrittsgeldern, der Erhöhung des Tischminimums und der Streichung von Renten für ruinierte Spieler, sanierte Zhaharoff innerhalb kurzer Zeit die Finanzen des Casinos. Zhaharoff heiratete schließlich seine Geliebte und wollte sie auf Monacos Thron heben. Doch der Fürstenhof lehnte sein finanzielles Angebot ab. Am Ende verkaufte Zhaharoff seine Casino-Anteile.

Fazit: Jenseits der grauen Theorie zog also das Roulette in die Praxis ein. Neben adligen Spielclubs gab es in Frankreich eine Reihe erster öffentlicher Casinos. Der Legende nach war hier auch der Mathematiker Francois Blanc beteiligt, der 1840 die Spielbank in Bad Homburg eröffnete und den Wandel vom verrauchten Spielclub zur professionell geführten Spielbank einleitete.

Zuvor fand das Spiel meist in Herbergen und Schänken statt. Die Gastwirte erhielten dafür eine Lizenz vom Markgraf. Eine derartige Konzession wurde zuerst 1748 in Baden-Baden vergeben, wenig später in Pyrmont. In der Folgezeit stieg die Zahl der Spielbanken schnell rasch an. Besonders deutsche Kurorte wollten auf das mondäne Spiel als Unterhaltungsangebot nicht verzichten. Die Blüte der Spielbanken beendete jedoch der Norddeutsche Bund per Gesetz vom 1. Juli 1868, um der „Demoralisierung der einzelnen Individuen“ zu begegnen. Die Spieler wichen in das Ausland oder auf illegale Spiele aus: Monte Carlo begründete in dieser Zeit seinen Ruhm und Reichtum. Das Verbot wurde in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts aufgehoben. Nach dem Krieg entstanden neue Spielbanken, zunächst nur in Kurorten: 1948 eröffnete Max Schmeling das Haus in Bad Dürkheim, Baden-Baden folgte 1950.