Glücksspiel auf Kreuzfahrtschiffen – Vom heimlichen Kartenspiel zum schwimmenden Casino

Ulli Schmitt
ISA-GUIDE Inhaber
E-Mail: ulli@isa-guide.de


Dampfer
Dampfer
Eine lange Überfahrt über den Atlantik, Tage voller Gespräche, Musik und Tanz – und irgendwo im Salon mischen Passagiere Karten. Poker, Whist und Baccara waren schon im 19. Jahrhundert feste Begleiter auf den Ozeandampfern. Offiziell verboten, inoffiziell geduldet, wurde gespielt, gelacht – und verloren. Wer Glück hatte, verdoppelte sein Reisegeld, wer Pech hatte, geriet schnell an Falschspieler, die an Bord ihr Glück suchten.

Schon bald erkannten die Reedereien, dass sich das Spiel nicht verbieten ließ. Manche Schiffe richteten kleine Spielzimmer ein, in denen Karten- und Würfelrunden stattfanden. Offiziell nannte man es „Gesellschaftsspiel“, doch jeder wusste, dass Geld im Spiel war. Damit begann eine Geschichte, die bis heute andauert: Glücksspiel und Seereise gingen Hand in Hand.

In den 1920er-Jahren wurde das Prinzip perfektioniert. In den USA starteten die sogenannten „Cruise-to-Nowhere“. Kleine Dampfer legten von New York oder Miami ab, fuhren hinaus über die Drei-Meilen-Zone – und verwandelten sich plötzlich in schwimmende Casinos. Roulettekessel drehten sich, Pokerrunden liefen, frühe Automaten blinkten. Für viele Amerikaner war dies die einzige Chance, legal zu spielen, solange die Gesetze an Land es noch verboten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg veränderte sich die Kreuzfahrt grundlegend. Sie war nicht länger Transport, sondern Urlaub. Unterhaltung wurde zur Währung – und dazu gehörte auch ein richtiges Casino. Die ersten modernen Schiffe boten Roulette- und Blackjacktische, dazu Automaten. Während in Las Vegas die Wüste glitzerte, entstanden auf den Weltmeeren Mini-Spielbanken.

Spätestens seit den 1980er-Jahren gehören Casinos zum Standard jeder Kreuzfahrt. Reedereien wie Carnival, Royal Caribbean oder Norwegian Cruise Line bauten Spielbereiche, die an Land mit mittelgroßen Casinos mithalten konnten. Hersteller wie IGT, Aristocrat oder Merkur/Gauselmann lieferten die Technik, Pokerturniere und Blackjack-Nächte wurden ins Bordprogramm aufgenommen. Heute sind Schiffscasinos fester Bestandteil der Kreuzfahrtkultur – luxuriös, professionell und ein Umsatzgarant.

Möglich macht das bis heute das Seerecht. Verlässt ein Schiff die Hoheitsgewässer, gilt das Recht des Flaggenstaates. Viele Reedereien wählen deshalb Register wie Panama, Malta oder die Bahamas, wo Glücksspiel großzügig erlaubt ist. So können sie Passagieren weltweit ein Casino-Erlebnis bieten, auch wenn die Häfen an Land strengen Regeln unterliegen.

Von den improvisierten Runden auf Ozeandampfern bis zu den glitzernden Spielsälen heutiger Kreuzfahrtschiffe war es ein weiter Weg. Doch eines hat sich nie geändert: Das Spiel gehört zur Reise, und die Reise ist noch nicht zu Ende. Die Digitalisierung eröffnet neue Kapitel – mit Online-Integration, mobilen Apps und virtuellen Erlebnissen, die das Casino auf See in eine ganz neue Zeit führen werden.

Quellen: Cunard Line Archives, Maritime History Journal

Im nächsten Teil unserer Serie werfen wir einen Blick hinter die Kulissen moderner Schiffscasinos und zeigen, wie sie aufgebaut sind.