Hup Holland Hup!

Von Dirk Oetzmann

In der beliebten Kategorie „Wie blöd kann man sich eigentlich anstellen“ präsentieren wir den neuen Tabellenführer: Constant Schuldenberg, äh, Rijkenberg, seines Zeichens Gewinner der EPT San Remo und von 1,5 Mio. Euro. Eigentlich.

Es gibt im Internet Seiten, da kann man die Turniere, die man spielen möchte, vorstellen und dann Stakes anbieten. Soll heißen, ein risikobereiter Interessent bezahlt einem einen Teil des Startgelds, und falls man gewinnt, bekommt dieser eben anteilig wieder Geld überwiesen. Gewinnt man nicht, hat der Spieler nicht sein ganzes Buy-in verloren und der „Teilhaber“ eben seinen Einsatz. Thomas Bihl möchte z. B. den Königs-HORSE-Event bei der WSOP spielen, und bei der Kleinigkeit von USD 50.000 (ohne Kost und Logis), die schon vor dem Start zu entrichten sind, kann man schon mal ins Grübeln kommen, ob das Startgeld nicht gerechter unter der Bevölkerung verteilt werden sollte als nur auf eine Person.

Ein ähnlicher Gedankengang muss wohl auch im Kopf von Constant Rijkenberg vonstatten gegangen sein. Nachdem ihm in seiner noch kurzen Karriere bereits mindestens einmal komplett die Bankroll ausgegangen war, kam in ihm der verständliche Wunsch auf, Risiken vorerst zu minimieren. Also suchte er nach Leuten, die sich an seinem Startgeld für das bisher größte EPT Event Europas in San Remo beteiligten. So etwas ist natürlich legitim. Auch Jamie Gold hat 2006 beim WSOP Main Event nur die Hälfte seines Startgeld bezahlt, er hatte das nach dem Gewinn des Turniers und von USD 12.000.000 nur kurzfristig vergessen. Kann ja mal vorkommen. Deshalb ist Gold in der Pokerszene ja auch so beliebt.

Zurück aber zu Rijkenberg: Da dieser trotz negativer Erfahrungen ein guter Spieler ist, fand er die notwendigen Geldgeber. Er fand sogar mehr, als er brauchte. Insgesamt 137 % des Buy-ins zählte er am Vorabend des Turniers in seinem Klingelbeutel. Vermutlich dachte er sich, umso besser, da kann man auch noch mal schön von essen gehen. Immerhin ist man ja in Italien, da wäre es ja geradezu eine Sünde, nicht ein wenig dolce vita zu genießen.

So hätte es für den jungen Holländer eine schöne Zeit in San Remo werden können. Er hätte ein paar schöne Tage genossen, wäre am zweiten Tag ausgeschieden, und dann um eine Erfahrung reicher in den flachen Nordwesten zurückgefahren. Leider kam es anders. Rijkenberg erreichte die Geldränge, und damit begannen seine Schwierigkeiten. Da er über 100% seines Buy-ins verkauft hatte, rutschte er nun plötzlich in die roten Zahlen. Und je weiter er in dem Turnier nach vorne kam, desto größer wurde der Schuldenberg. Rijkenberg geriet in Panik. Er versuchte alles, um aus dem Turnier auszuscheiden: Re-Raises out-of-position, fünf pre-Flop-Raises hintereinander, All-ins mit J-Q… Die Verzweiflung stand ihm ins Gesicht geschrieben, aber niemand wollte seine Hilferufe erhören. Gegner foldeten mutwillig die bessere Hand oder konnten auch 2:1-Vorteile nicht nutzen. „Aufstehen und wegrennen!“, fuhr es ihm durch den Kopf, aber da war sein Chipstack schon so groß, dass er wohl trotzdem Zweiter geworden wäre.

So kam es zum Super-GAU: Rijkenberg gewann das Turnier. Ironischerweise hielt er in der letzten Hand Asse, und wie bei so vielen besiegelten sie auch sein Schicksal. Er war gezwungen, die Trophäe in Empfang zu nehmen, zu lächeln und Interviews zu geben. „Meine Investoren lieben mich jetzt“, sagte Rijkenberg, und irgendwie hört sich dieser Satz heute ganz anders an.