Glücksspielgeschäft in Russland sucht nach seinem Platz in der Gesellschaft

Das Glücksspielgeschäft in Russland floriert und schafft zugleich erhebliche soziale Probleme. Am stärksten sind die am wenigsten geschützten Bevölkerungsschichten betroffen.

Das Glücksspielgeschäft hat in Russland seit langem Fuß gefasst. Die damit verbundenen Probleme sind ein ständiges Thema in Massenmedien. Besonders stark haben die am wenigsten geschützten Bevölkerungsschichten zu leiden, die bereits auf Glücksspiele angewiesen sind.

Der Gesamtumsatz im Spielgeschäft wird auf knapp fünf Milliarden US-Dollar im Jahr geschätzt und ist somit mit der Summe vergleichbar, die der Staat für die Umsetzung von vier vorrangigen Nationalprojekten bewilligte. Die Zahl der Casinos wuchs allein in der russischen Hauptstadt von 30 vor vier Jahren auf derzeit 58. Der Zahl von Spielautomaten, Casinos und Spielclubs nach hat Moskau bereits weit mehr als Las Vegas und Monte Carlo zusammen. Moskau allein weist mehr Casinos als ganz Großbritannien auf.

Im Unterschied zum Westen darf man in Moskau an einem beliebigen Ort spielen, seien es Lebensmittelgeschäfte, die U-Bahn oder Bushaltestellen, aber auch in der Nähe von Schulen und Krankenhäusern.

Jeder Automat bringt monatlich zwischen 700 und 1000 Dollar. Die Besitzer der Spielautomaten nahmen im vergangenen Jahr in Moskau mehr als 3,3 Milliarden Dollar ein, während die Stadt nur 400 Millionen Dollar in Form von Steuern erhielt. Die Stadtbehörden möchten dieses Geschäft strenger kontrollieren.

Ähnlich ist die Situation auch auf nationaler Ebene. Die Staatsduma – Unterhaus des russischen Parlaments – soll bis Ende März dieses Jahres einen Gesetzentwurf über die staatliche Regulierung der Organisation von Glücksspielen und der Durchführung von Wetten in erster Lesung erörtern. Valeri Draganow, einer der Urheber des Gesetzes und Chef des Duma-Ausschusses für Wirtschaftspolitik, Unternehmertum und Tourismus, ist der Ansicht, dass das Glücksspielgeschäft in Russland vergrößert werden soll. Zu diesem Zweck sollen diverse halblegale Clubs aufgelöst werden, von denen es auf Straßen, in Geschäften und Wohnhäusern nur so wimmelt.

Das neue Gesetz sieht die Erhöhung der Lizenzpreise für das Spielgeschäft von derzeit 100 auf eine Million Dollar (eine Spielgeschäft-Lizenz in Las Vegas kostet gerade eine Million Dollar) vor. Wer ein neues Casino oder einen Spielclub eröffnen will, wird mit einer weiteren Überraschung konfrontiert: Neben dem Erwerb der Lizenz soll der künftige Casino-Besitzer eine obligatorische unwiderrufliche Bankgarantie für zehn Millionen Dollar haben wie auch Eigenmittel in Höhe von nicht weniger als fünf Millionen Dollar belegen können.

Hart formuliert sind auch Forderungen an Spielflächen und Standorte für das Spielgeschäft. Ein Casino darf nicht kleiner als 800 Quadratmeter und ein Spielclub nicht kleiner als 80 Quadratmeter sein. Das neue Gesetz wird auch die Kapazität einer jeden Spieleinrichtung regulieren. Ein Casino soll nicht weniger als zehn Spieltische und ein Spielclub nicht weniger als 20 „einarmige Banditen“ haben. Zugleich bedingt das Gesetz aus, dass jeder Inhaber mindestens 25 solche Säle mit etwa 1000 Automaten besitzen soll. Wenn ein Kasino-Inhaber Spielautomaten aufstellen will, muss er extra eine Lizenz erwerben und die Zahl der Automaten soll nicht weniger als 40 betragen.

Für weitere Überraschungen für Geschäftsleute, die an menschlichen Lastern profitieren, sorgt ein bereits fertiger Gesetzentwurf über die Besteuerung des Spielgeschäfts. Alte Steuersätze waren 2001 festgelegt und haben sich seitdem nicht geändert. Nach der Annahme des Gesetzes sollen sich die Steuersätze auf 500 Dollar je Spielautomat und auf 5000 Dollar je Kasino-Tisch verdoppeln.

Durchaus logisch ist auch das bevorstehende Verbot jeglicher Spielgeschäfte in Wohnhäusern und Verwaltungsgebäuden, in der Nähe zu Kinder-, Bildungs- und Medizineinrichtungen. Untersagt wird die Montage von Spielautomaten auch an Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel. Die Behörden planen ferner, Einstellungen in Spielautomaten zu kontrollieren, damit der Anteil garantierter Auszahlungen an Kunden bei etwa 80 Prozent liegt.

Es sei betont, dass die Herstellung von Spielausrüstungen in Russland seit 2005 lizenziert wird. Allerdings gilt vom 10. März (an diesem Tag wurden Änderungen zum föderalen Gesetz über die Lizenzierung beschlossen) bis zum 1. August 2006 ein Moratorium für Lizenzierung und Absatz von Spielgerät, weil die Regierung bislang nicht alle erforderlichen Durchführungsbestimmungen erlassen hat. Demzufolge fallen alle Unternehmer, die seit langem das Spielgeschäft betreiben, nach allen formellen Merkmalen unter die strafrechtliche Verantwortung. Bis August dieses Jahres sind sie geächtet. Für Spielgeschäft-Lizenzen wird das Industrie- und Energieministerium zuständig sein.

Ein herber Schlag wurde dem russischen Spielgeschäft auch mit den vor kurzem angenommenen Änderungen zum Reklame-Gesetz versetzt. Jede Werbung für Spielclubs, nichtstaatliche Lotterien und Hasardspiele ist jetzt verboten. Somit ist das Popularisieren von Spieleinrichtungen deutlich eingeengt. Inhaber dürfen entsprechende Reklame nur auf den Fassaden von solchen Gebäuden anbringen, wo sich Casinos bzw. Spielclubs befinden.

Ein von den Abgeordneten Samoschin und Lebedew vorgeschlagener Gesetzentwurf, nach dem die Spieleinrichtungen wie in den meisten Ländern aus Wohnorten verbannt werden sollen, wurde abgelehnt. Aber die Abgeordneten des Moskauer Stadtparlaments denken mit allem Ernst daran, das Spielgeschäft außerhalb Moskaus zu verlegen. Der Oberbürgermeister Moskaus, Juri Luschkow, ist nach eigenen Worten für eine beliebige radikale Lösung dieses Problems. In einigen Föderationsmitgliedern, darunter in Tschetschenien, ist das Glücksspielgeschäft total verboten.

Die lang ersehnte Offensive auf das Spielgeschäft wird jetzt an allen Fronten geführt. Ihr Endziel besteht darin, das Spielgeschäft zivilisierter zu machen und unter strenge Kontrolle des Staates zu stellen. Das wird ohne Zweifel die moralische Grundlage der russischen Gesellschaft festigen und der Wirtschaft Aufwind geben.
Quelle: ISA-CASINOS Partner Rufo Moskau ( Wassili Subkow, RIA Nowosti).