Regelmäßige Casinobesucher kennen es – wenn vielleicht auch nicht aus unmittelbarer eigener Erfahrung, jedenfalls aber über Dritte: Spielersperren.
Eine solche Sperre ist dabei nicht nur ärgerlich für den Betroffenen, sondern kann bei regelmäßigen Casinobesuchern durchaus die Freizeitgestaltung erheblich einschränken. Mag eine solche Sperre bei manchen Spielern auch angemessen erscheinen, entbehrt sie häufig jedweder belastbaren Grundlage. Gleichwohl werden von den staatlichen Casinobetreibern munter weiter Sperren ausgesprochen. Anders als ein schlichtes Hausverbot wirkt eine solche Sperre auch nicht nur für ein bestimmtes Casino, sondern gilt gegebenenfalls deutschlandweit. Dabei sind Sperrzeiten von 7 Jahren keine Seltenheit sondern durchaus Usus. Dieser Beitrag soll für die betroffenen Spieler kurz die rechtlichen Hintergründe beleuchten. Ich vielen Fällen lohnt es sich, eine solche Sperre genau zu betrachten und sich unter Umständen hiergegen zu wehren.
I. Entwicklung
Glücksspieler können zwar seit jeher vom Spiel ausgeschlossen werden, gleichwohl hat die Spielersperre in ihrer heutigen Form einige Wandlungen erlebt. Ging es hierbei Mitte der 1990er Jahre und Anfang der 2000er Jahre vordringlich um die rechtliche Einordnung der Selbstsperre (vgl. BGH, Urt. v. 07.07.1994, Az. III ZR 137/93; Urt. v. 15.12.2005, Az. III ZR 65/05), hat die Spielersperre durch Ratifizierung des Glücksspielstaatsvertrages (zunächst seit 01.01.2008, mit Glücksspieländerungsstaatsvertrag nunmehr abgewandelt seit 01.07.2012 in Kraft) eine herausgehobene Stellung als Instrument des Spielerschutzes erhalten.
II. Rechtliche Grundlage
§ 8 Abs. 2 des aktuellen Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) sieht vor, dass „zum Schutz der Spieler und zur Bekämpfung der Spielsucht“ ein übergreifendes Sperrsystem unterhalten werden muss. Spielbanken können hierbei nach Abs. 2 Personen sperren, die dies beantragen (sog. Selbstsperre) oder eine sog. Fremdsperre aussprechen, wenn sie aufgrund der „Wahrnehmung ihres Personals oder aufgrund Meldungen Dritter wissen oder aufgrund sonstiger tatsächlicher Anhaltspunkte annehmen müssen, dass Besucher spielsuchtgefährdet oder überschuldet sind, ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen oder Spieleinsätze riskieren, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen oder Vermögen stehen.“ Gemäß § 20 Abs. 2 GlüStV dürfen gesperrte Spieler am Spielbetrieb in Spielbanken nicht teilnehmen. Dieses Verbot ist durch hinreichende Kontrollen sicherzustellen.
Neben den jeweiligen Ausführungsgesetzen der Länder, gibt es in einigen Bundesländern – wie bspw. Nordrhein-Westfalen – noch ein eigenes Spielbankengesetz. Neben der Wiederholung des Wortlautes des Glücksspielstaatsvertrages enthält bspw. § 6 Abs. 5 ff. SpielbG NRW eine zusätzliche Regelung zur sog. Fremdsperre. Hier heißt es auszugsweise:
„Im Fall der Fremdsperre ist der betroffene Spieler vor Eintragung in das übergreifende Sperrsystem anzuhören. Stimmt er der Fremdsperre nicht zu, sind die der Fremdsperre zugrundeliegenden Tatsachen durch geeignete Maßnahmen zu überprüfen.“
III. Tatbestandsvoraussetzungen
Zunächst ist zwischen einer Fremd- und einer Selbstsperre strikt zu unterscheiden. Wird die Fremdsperre auf Wunsch des Spielers durch die Spielbank bewirkt – ohne, dass es einer Begründung seitens des Spielers bedarf – kann (und muss bei Vorliegen der Voraussetzungen) die Spielbank auch gegen den Willen des Betroffenen eine Fremdsperre verhängen.
Die materiellen Voraussetzungen einer Fremdsperre sind hiernach, dass die Personen: „spielsuchtgefährdet oder überschuldet sind, ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen oder Spieleinsätze riskieren, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen oder Vermögen stehen.“ Auffällig ist hierbei zunächst, dass – obschon dies den Grundpfeiler der gesamten Glücksspielregulierung darstellt oder darstellen soll – die Spielsuchtgefahr nicht einmal vorzuliegen braucht.
Es genügen alternativ zunächst die Überschuldung oder Zahlungsrückstände. Ferner können auch dann, wenn (noch) keine Überschuldung vorliegt, die Spieleinsätze derart außer Verhältnis zum Einkommen und Vermögen stehen, dass auch dann eine Sperre verhängt werden kann, wenn diese Einsätze nicht auf einer Suchterkrankung beruhen.
Als Erkenntnisquellen für die Spielbanken zählt § 8 Abs. 2 GlüStV die Wahrnehmung durch Personal, Meldungen Dritter (bspw. Ehegatten oder Lebenspartner) sowie sonstige tatsächliche Anhaltspunkte auf.
Gem. § 6 Abs. 5 S. 1 SpielbG NRW ist darüber hinaus der betroffene Spieler vor Verhängung einer Fremdsperre anzuhören. Obschon eine entsprechende Regelung in einigen Bundesländern fehlt, gebieten rechtsstaatliche Grundsätze, dass eine Anhörung gleichwohl zu erfolgen haben dürfte.
Interessanter – und für den gesperrten Spieler ungleich wichtiger – ist aber § 6 Abs. 5 S. 2 SpielbG NRW. Im Falle der fehlenden Zustimmung des Betroffenen, sind die der Fremdsperre zugrunde liegenden Tatsachen durch geeignete Maßnahmen zu überprüfen. Diese Formulierung erfasst sowohl den Fall, dass Dritte Tatsachen, die zur Spielersperre führen können vortragen, gilt aber auch dann, wenn die Spielbank selbst eine solche Sperre verhängen möchte und in eigener „Person“ entsprechenden Angaben vorbringt.
Gerade der letzte Punkt stellt dabei eine Darlegungslastverteilung zulasten der Spielbank auf, so dass diese die Tatsachen und Anhaltspunkte, die eine Spielersperre begründen können, darlegen und notfalls auch beweisen müssen. Gleichwohl genügen die vorgebrachten Angaben eher selten diesen Anforderungen. Vielmehr wird seitens der Spielbanken von den gesperrten oder zu sperrenden Spielern erwartet, dass diese sich selbst entlasten. Diese Verschiebung der Darlegungs- und Beweislast sieht das Gesetz hingegen nicht vor.
Bereits vor diesem Hintergrund dürfte eine Vielzahl der Sperren bereits nicht die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale erfüllen.
Wie weit jedoch die Darlegungslast der Spielbanken geht, kann nicht pauschal beantwortet werden. Sicherlich kann keine psychologische Begutachtung erwartet werden, da eine solche nur von Seiten des Betroffenen erreicht werden könnte. Hier muss also sehr genau im Einzelfall geprüft werden, ob und in wieweit die Spielbank hier vorzutragen hat und ob das Vorbringen den gesetzlichen Anforderungen genügt. Erst in einem zweiten ist es dann an dem Betroffenen dem Vortrag der Spielbank entgegenzutreten. Dabei determiniert das Vorbringen der Spielbank den Maßstab des Gegenvortrags des Betroffenen.
IV. Prozessuale Geltendmachung
Verhängt die Spielbank trotz erfolgtem und begründetem „Widerspruch“ nach Anhörung doch eine Spielersperre, stellt sich die Frage, wie gegen diese vorgegangen werden kann.
Bereits bei der Zuständigkeit des Gerichts (Zivil- oder Verwaltungsgericht) entstehen dabei erhebliche Probleme. Mag dies für den juristischen Laien als bloße Förmelei anmuten, sind die Auswirkungen auf der Ebene der Begründetheit eines etwaigen Löschungsanspruchs immens.
Um diese Problematik zu verstehen – und selbst für den Juristen ist dies keinesfalls so einfach, wie mehrere BGH Entscheidungen zu diesem Thema zeigen – soll zunächst kurz ein grundlegendes Verständnis für die Beziehung zwischen Spielbank und Spieler, sowie zwischen Spielbank und Aufsichtsbehörde hergestellt werden.
Die Spielbanken werden (und müssen) entweder durch juristische Personen des öffentlichen Rechts oder durch juristische Personen des Privatrechts (GmbH, AG etc.), deren Anteile mehrheitlich durch das Land gehalten werden, betrieben (vgl. bspw. § 3 SpielbG NRW). Dabei ist die privatrechtliche Organisationsform die Regel.
Das Spielbanken betreibende Unternehmen steht hierbei sowohl in rechtlicher Beziehung zum Casinokunden als auch zur Glücksspielaufsicht.
Das vorliegend interessantere Verhältnis ist das Verhältnis zwischen Spielbank und Casinobesucher. Der Bundesgerichtshof ging hierbei in mehreren Entscheidungen davon aus, dass dieses Verhältnis rein privatrechtlicher Natur sei. Der Spielbankbesucher schließe einen Vertrag mit einem privatrechtlichen Unternehmen ab. Hätte dieses Unternehmen – aufgrund welcher Umstände auch immer – kein Interesse mehr daran, mit dem Besucher entsprechende Verträge zu schließen, sei dies Ausdruck der Privatautonomie und rechtlich nicht zu beanstanden. Die Spielbank sei frei darin, mit wem sie Spielverträge abschließe (BGH, Urt. v. 15.12.2005, Az. III ZR 65/05, Rn. 8, 9). Hieraus folge auch, dass die Streitigkeit vor den Zivilgerichten anhängig zu machen ist.
Dabei ist aber zu beachten, dass diese Entscheidungen zeitlich vor der Regulierung des Glücksspielmarktes durch den Glücksspielstaatsvertrag ergangen waren. Zu diesem Zeitpunkt gab es die Pflicht der jedenfalls mehrheitlichen öffentlichen Beteiligung nicht. Ob hieraus nun folgt, dass eine entsprechende Streitigkeit dem öffentlichen Recht und damit der Verwaltungsgerichtsbarkeit zuzuschlagen ist, ist noch nicht abschließend geklärt. So sah bspw. das Amtsgericht Tiergarten – Berlin eine entsprechende Klage als vor den Zivilgerichten unzulässig an und verwies den Rechtstreit an das VG Berlin (Az. 35 K 199.10), welches wiederrum die Auffassung vertrat seinerseits nicht zuständig zu sein.
Schwierigkeiten ergeben sich dabei aber nicht nur in der Zuständigkeit. Die Einordnung als zivilrechtliche oder öffentlich-rechtliche Streitigkeit hat darüber hinaus immensen Einfluss auf die materielle Prüfung eines etwaigen Löschungsanspruchs.
Wäre die Spielbank als Behörde oder aber jedenfalls als Trägerin hoheitlicher Gewalt einzuordnen, wäre diese sowohl an die Formvorschriften des öffentlichen Rechts (insb. der VwGO) als auch an die Grundrechte gebunden. Zwar mag die Konzessionierung alleine die Spielbanken nicht zwingend in den Kreis der Träger unmittelbarer oder mittelbarer Staatsgewalt einbeziehen (so VG Berlin a.a.O. Rn. 37), auch betreibt diese vollkommen unstreitig ein privatrechtliches Unternehmen, es darf aber nicht übersehen werden, dass die Anteile mehrheitlich hoheitlich gehalten werden (müssen). So hat das BVerwG bereits 1998 entschieden (BVerwG, Urt. v. 18.03.1998, Az. 1 D 88/97, Rn. 11 f.), dass auch ein privatrechtliches Unternehmen, das im Alleinbesitz des Staates steht oder von diesem beherrscht wird an die Grundrechte gebunden ist. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Kapitalmehrheit in öffentlichem Besitz steht. Dem hat sich der BGH in einem Urteil aus dem Jahr 2003 (Az. XI ZR 397/02) angeschlossen.
Vor diesem Hintergrund mag zwar das Verhältnis Spielbank zu Spieler privatrechtlicher Natur sein, es dürfte aber gleichsam öffentlich rechtlich überlagert sein. Welche Konsequenzen diese Überlagerung für die Entscheidung einer Spielersperre konkret hat, ist zwar noch nicht entschieden, in Ansehung der o.g. Entscheidungen dürfte die Spielbank jedenfalls das aus Art. 3 I GG fließende Willkürverbot zu beachten haben.
V. Zusammenfassung
Wie gezeigt sind die prozessualen und materiell-rechtlichen Hintergründe einer Spielersperre keinesfalls unumstritten und durchaus komplex. Kerngehalt ist aber, dass Spielbanken keinesfalls so frei in ihrer Entscheidung sind, wie insbesondere diese es gerne sehen würden. Es kann sich also durchaus lohnen gegen eine solche Sperre vorzugehen.