Beschluss des bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth

Gericht: VG Bayreuth

Aktenzeichen: B 1 S 03.939

Sachgebiets-Nr. 420



Rechtsquellen:

Art. 7 Abs. 2 LStVG;

§ 284 StGB;

Art. 2 StaatslotterieG;

Art. 12 GG;

§ 80 Abs. 5 VwGO;



Hauptpunkte:

Sicherheitsrecht;

Glücksspiel (Oddset-Wette);

Verbot;

Eingriff in Berufsfreiheit;



Leitsätze: —

veröffentlicht in: —

rechtskräftig: nein



Beschluss der 1. Kammer vom 9. August 2004

B 1 S 03.939



Bayerisches Verwaltungsgericht Bayreuth

In der Verwaltungsstreitsache

************

*****************************,

– Antragsteller –



bevollmächtigt:

Rechtsanwälte ***********************************

**********************************,



gegen

Stadt ***,

vertreten durch den Oberbürgermeister,

************************,



– Antragsgegnerin –



bevollmächtigt:

Rechtsanwälte ********************************

******************************,



wegen

Vollzug des LStVG (Durchführung von Oddset-Wetten)

hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO;

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth, 1. Kammer,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Lederer,

den Richter am Verwaltungsgericht Holzinger und

die Richterin am Verwaltungsgericht Hohl

ohne mündliche Verhandlung am 9. August 2004

folgenden

Beschluss:



1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:



Der Antragsteller führt für die ********************** eine Annahmestelle für Oddset-Wettangebote. Die ********************** vermittelt diese Wettangebote im Auftrag des jeweiligen Spielers an die ********************* mit Sitz in ****. Nach dem Vorbringen des Antragstellers hat die ********************* mit Bescheid vom 14.09.1990 durch den Magistrat der Stadt **** – Gewerbeamt – die Erlaubnis zum Abschluss von Sportwetten erhalten.

Mit Bescheid vom 03.07.2003 untersagte die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Wie­derinbetriebnahme des am 01.07.2003 behördlich geschlossenen Geschäftslokals ******­******** in *** als Wettbüro. Die gegenüber dem Antragsteller am 01.07.2003 ausgespro­chene gleichlautende mündliche Anordnung werde damit bestätigt. Für den Fall, dass der Antragsteller der Anordnung zuwiderhandle, werde die Ausübung der unter Nr. 1 des Be­scheides genannten Tätigkeit durch Anwendung unmittelbaren Zwangs verhindert. Die sofortige Vollziehung der Nr. 1 des Bescheides wurde angeordnet. Die Antragsgegnerin führt aus, dass am 11.04.2003 im Lokal eine Ortseinsicht durchgeführt worden sei. Dabei sei festgestellt worden, dass Spiellisten auflagen, aus denen sich die auf Fußballspiele bezogenen Wettmöglichkeiten und Gewinnquoten ergäben. Ebenso hätten Auftragsformulare an die ********************** aufgelegen. Der Mitarbeiter des Antragstellers sei darauf hingewiesen worden, dass die Tätigkeit nicht zulässig und somit einzustellen sei. Die Angelegenheit sei daraufhin mit dem Antragsteller bzw. dessen Beauftragten erörtert worden. Die Staatsanwaltschaft Hof habe ein Strafverfahren gegen den Antragsteller eingeleitet und Unterlagen sichergestellt. Der Antragsteller sei nicht im Besitz einer Genehmigung zur Durchführung der Lotterie. Der Betrieb des Wettbüros sei damit als unerlaubte Veranstaltung eines Glückspiels anzusehen und erfülle den Straftatbestand des § 284 StGB. Die Sicherheitsbehörden könnten zur Erfüllung ihrer Aufgaben für den Einzelfall Anordnungen treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichten, zu verhüten oder zu unterbinden. Die von der Antragstellerin getroffene Maßnahme, komme nach Würdigung aller bekannten Tatsachen auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit als alleiniges Mittel in Betracht, um die konkrete Gefahr zu unterbinden, dass der Antragsteller weiterhin öffentliche Glückspiele veranstaltet. Durch den nach außen hin erweckten Anschein, ein legales Gewerbe zu betreiben, könnten weiterhin gutgläubig interessierte Kunden angelockt werden, die sich dann möglicherweise selbst durch Teilnahme an illegalen Sportwerten strafbar machten. Dem Schutzbedürfnis der Allgemeinheit könne daher nur durch die Untersagung der Wiederinbetriebnahme des illegalen Wettbüros ausreichend Rechnung getragen werden. Die Androhung unmittelbaren Zwangs sei erforderlich, da weniger einschneidende Zwangsmittel angesichts der bei Wetten anzunehmenden hohen Gewinnspannen keine Aussicht auf Erfolg versprächen.

Mit Fax vom 08.07.2003 legten die bevollmächtigten Rechtsanwälte des Antragstellers gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und beantragten mit Schriftsatz vom 04.08.2003 beim Verwaltungsgericht Bayreuth:

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches der Antragstellerin vom 28.07.2003 gegen die ordnungsbehördliche Verfügung der An­tragsgegnerin vom 23.07.2003 wird wiederhergestellt.



Hilfsweise beantragte der Antragsteller:

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 23.07.2003 wird aufgehoben.



Der Antragsteller vertritt im Wesentlichen die Auffassung, dass es sich bei der ********************* um einen staatlich konzessionierten Veranstalter handle. Die auf der Grundlage des Gewerbegesetzes der DDR erteilte Konzession für das Veranstalten von Sportwetten besitze deutschlandweite Geltung sowie die inhaltliche Berechtigung zum Veranstalten von Sportwetten. Bei Oddset-Wetten handele es sich auch nicht um Glücksspiele im Sinne von § 284 Abs. 1 StGB. Der Antragsgegner verbiete letztlich auch die Ermöglichung des Ver­tragsabschlusses von Wettverträgen durch „Vermittler“. Es sei nie bestritten worden, dass es Spielern erlaubt sei, mit konzessionierten Anbietern von Oddset-Wetten aus einem anderen Bundesland Kontakt aufzunehmen und per Internet, Telefonat oder Fax Wettangebote zu verschicken oder Wettverträge zu schließen. Die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin führe zu einer Monopolisierung eines bestimmten Vertriebsweges von Dienstleistungen für den Freistaat Bayern. Dies sei weder durch das Bayerische Staatslotteriegesetz gewollt oder angeordnet, noch sei dies durch die Verfassung des Freistaats Bayern oder das Grundgesetz gedeckt. Auch nach summarischer Prüfung sei der Bescheid der Antragsgegnerin rechtswidrig.

Der Antragsteller stützt seine Rechtsauffassung auf umfangreiche, in Kopie vorgelegte Rechtsprechung und wissenschaftliche Arbeiten.

Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 08.09.2003,

den Antrag des Antragstellers vom 04.08.2003 auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches gegen das Verbot der Antragsgegnerin in dem Bescheid vom 23.07.2003, ein Wettbüro in dem Anwesen ******************* (richtig wohl: **************) in ********* zu betreiben, abzulehnen.



Die Antragsgegnerin hält an ihrer bisherigen Rechtsauffassung fest. Die Verbotsverfügung sei insbesondere formell rechtmäßig, da sie ihrem Inhalt nach hinreichend bestimmt und erst nach vorheriger eingehender Anhörung des Antragstellers ergangen sei. Das Betriebs­verbot basiere auf der Annahme, dass die Oddset-Sportwetten, die der Antragsteller an­nehme und weiterleite, ohne eine in Bayern wirksame behördliche Erlaubnis veranstaltet würden. Es komme nicht darauf an, ob der Antragsteller selbst als Veranstalter angesehen werden könne. Auch als Zweitvermittler oder Akquisiteur von Sportwetten fördere er durch seine diesbezügliche Tätigkeit die Veranstaltungen der Firma *********************. Diese besitze keine außerhalb der thüringischen Landesgrenzen geltende Erlaubnis, und zwar weder für herkömmliche Sportwetten nach dem Totalisatorsystem noch für die von ihr veranstalteten Oddset-Sportwetten mit festen Gewinnquoten. Die der ********************* erteilte Erlaubnis umfasse bereits deswegen Oddset-Sportwetten nicht, weil dieser Wetttyp zu der Zeit, als die Gewerbeerlaubnis beantragt und erteilt worden sei, in der ehe­maligen DDR noch unbekannt gewesen sei. In der alten Bundesrepublik seien Oddset-Sportwetten überdies sogar unzulässig gewesen. Auch wenn jedoch die DDR-Erlaubnis für die Veranstaltung der ********************* mit ihrem ursprünglichen Regelungsgehalt weiterhin fortgelte, erstrecke sich diese Wirksamkeit ab dem Beitritt am 03.10.1990 nicht über Thüringen hinaus.

Die Antragsgegnerin verweist ebenfalls auf umfangreiche Rechtsprechung zu diesem Themenkomplex.

Wegen der Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie das umfangreiche schriftliche Vorbringen der Beteiligten verwiesen.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen. Bei dieser Entscheidung hat es ent­sprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berück­sichtigen.

Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg. Nach der im Verfahren des einstweili­gen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung ist von der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides auszugehen. Der Antragsgegner wird aller Voraussicht nach mit Widerspruch und Anfechtungsklage unterliegen. Der Antrag ist deshalb abzulehnen.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist Art. 7 Abs. 2 LStVG. Nach dieser Vor­schrift können die Sicherheitsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben für den Einzelfall An­ordnungen treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, zu verhüten oder zu unterbinden. Diese Vorausset­zungen für ein behördliches Einschreiten liegen nach summarischer Prüfung vor.

Nach obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. z.B. BVerwG vom 28.03.2001 in BVerwGE 114, 92; BayVGH vom 05.08.2003, Az. 24 CS 03.1605) sind die Veranstaltung und Vermitt­lung von Oddset-Wetten ohne behördliche Erlaubnis verboten. Es handelt sich dabei um Wetten auf den Ausgang von Sportereignissen, bei denen die Bedingungen weitgehend frei vereinbart werden können und der Veranstalter für den Fall der richtigen Voraussage der Ergebnisse feste Gewinnquoten verspricht. Gesetzliche Vorschriften über die Zulassung von Wettunternehmen für die Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten der vorgenannten Art bestehen nicht. Aus § 284 Abs. 1, § 9 Abs. 1 und Abs. 2, § 27, § 284 Abs. 4 StGB folgt, dass die Veranstaltung und Vermittlung eines nicht genehmigten Glücksspiels, die Teil­nahme daran und die Werbung dafür verboten sind. Nach der mittlerweile wohl überwiegend in Literatur und Rechtsprechung vertretenen Ansicht (vgl. BVerwG, a.a.O. und vom 23.08.1994 in BVerwGE 96, 293; VGH München, a.a.O.; Horn, Zum Recht der gewerblichen Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten in NJW 2004, 2047 m.w.N.) handelt es sich bei Oddset-Wetten um ein Glücksspiel im Sinne dieser Strafnorm. Zwar werden teilweise Einwendungen gegen diese Einordnung erhoben (vgl. Horn, a.a.O., m.w.N.). Das Gericht hält diese Einwendungen jedoch nicht für stichhaltig. Nach allgemeiner Auffassung liegt das Wesen des Glückspiels im Sinne des § 284 StGB darin, dass die Entscheidung über Gewinn und Verlust nach den Vertragsbedingungen nicht wesentlich von den Fähigkeiten, den Kenntnissen und der Aufmerksamkeit der Spieler abhängt, sondern allein oder hauptsäch­lich vom Zufall (vgl. BGH vom 18.04.1952 in BGHSt 2, 274 und vom 28.11.2002 in DVBl.

2003, 669; BVerwG vom 23.08.1994 in BVerwGE 96, 293). Dabei liegt ein Glücksspiel auch dann vor, wenn der Spielerfolg nicht allein vom Zufall abhängt, dem Zufallselement aber ein Übergewicht zukommt (BGH vom 28.11.2002, a.a.O.). Danach spricht nach Ansicht der Kammer vieles für die Annahme, dass es sich bei einer Oddset-Sportwette um ein Glücks­spiel handelt, weil der Ausgang von Sportereignissen regelmäßig von Faktoren abhängt, die auch von „Experten“ nicht kalkuliert werden können, seien es Schiedsrichterentscheidungen, Verletzungen, Witterungsbedingungen etc. Dementsprechend hat auch das Bundesverwal­tungsgericht darauf hingewiesen, dass die Gewinnerwartung des Veranstalters einer Sport­wette gerade auf der Unkalkulierbarkeit der Ergebnisse beruht (BVerwG vom 28.03.2001, a.a.O.).

Der Antragsteller vermittelt Sportwetten auch ohne die erforderliche behördliche Erlaubnis im Sinne des § 284 SGB. Er kann sich insbesondere nicht auf die Erlaubnis berufen, die das Gewerbeamt der Stadt **** nach seinem Vorbringen der Fa. ********************* er­teilt hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Erlaubnis sich bereits deswegen nicht auf Oddset-Wetten erstrecken kann, weil dieser Wetttypus im Zeitpunkt der Erteilung dieser Genehmigung in der DDR nicht bekannt gewesen ist, wie die Antragsgegnerin vorträgt.

Eine Gestattung nach den Bestimmungen des bundesrechtlichen Gewerberechts ist gemäß § 33 h Gewerbeordnung für Glücksspiele im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB nicht möglich (vgl. BVerwG vom 28.03.2001, a.a.O.; BayVGH vom 05.08.2003, a.a.O.). Ebenso wenig kommt eine Genehmigung nach § 17 des Rennwett- und Lotteriegesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 17.05.2000 (BGBl. I, S. 715) in Betracht, da dieser Bestimmung allein fiskalische und steuersystematische Erwägungen zugrunde liegen (BVerwG vom 28.03.2001, a.a.O.). Das Bayerische Landesrecht enthält keine Regelung über die Zulassung der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten mit fester Gewinnquote durch Private. Die Verordnung über die Genehmigung öffentlicher Lotterien und Ausspielungen vom 06.03.1937 (BayRS 2187-3-I) regelt nicht die hier umstrittenen Sportwetten, weil es sich dabei nicht um eine Lotterie oder Ausspielung handelt. Das Gesetz über die vom Freistaat Bayern veranstalteten Lotterien und Wetten (Staatslotteriegesetz) vom 29.04.1999 (GVBl. S. 226) enthält keine Regelung über privat veranstaltete Sportwetten, sondern behält die Veranstaltung solcher Wetten ausschließlich der Staatlichen Lotterieverwaltung vor. Die private Veranstaltung und Vermittlung von Oddset-Wetten ist damit in Bayern nicht gestattet.

Der Antragsteller kann sich nicht auf die der ********************* im Jahr 1990 erteilte Erlaubnis auf der Grundlage des Gewerbegesetzes der Deutschen Demokratischen Republik vom 06.03.1990 berufen. Diese Erlaubnis – die dem Gericht nicht vorliegt – besitzt keine bundesweite Geltung. Nach der in der obergerichtlichen Rechtsprechung überwiegend ver­tretenen Auffassung (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen vom 13.12.2002 in GewArch 2003, 162; BayVGH vom 05.08.2003, a.a.O.; BVerfG vom 18.03.1970 in BVerfGE 28, 119) fällt das Recht der Sportwetten in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder. Die Frage, ob es in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder (Recht der Öffentlichen Sicherheit und Ordnung) oder die konkurrierende Gesetzgebung (Recht der Wirtschaft) fällt, kann offen bleiben, da der Bund jedenfalls von seiner Gesetzgebungszuständigkeit insoweit keinen Gebrauch gemacht hat. Damit sind die einzelnen Länder befugt, diese Materie in eigener Zuständigkeit zu regeln; die Ausübung der sich daraus ergebenden staatlichen Befugnisse steht deshalb dem Freistaat Bayern zu.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG vom 15.03.1960 in BVerfGE 11, 6) beschränkt sich die Verwaltungshoheit eines Bundeslandes grundsätzlich auf sein eigenes Gebiet, außer es handelt sich um den Vollzug eines Bundesgesetzes. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrages, wonach vor der Wirksamkeit des Beitritts der DDR dort ergangene Verwaltungsakte wirksam bleiben. Der Wortlaut des Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrages enthält diese Regelung nicht. Auch Sinn und Zweck dieser Regelung bieten keinen Anlass für die Auslegung, dass Verwal­tungsakte der DDR nunmehr im gesamten Bundesgebiet gelten sollten. Für eine derartige Ausweitung des Geltungsbereiches besteht auch kein Grund; sie widerspräche auch dem Grundsatz, dass die Verwaltungshoheit eines Bundeslandes sich auf sein eigenes Gebiet beschränkt. Die vom Antragsteller zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts steht dem nicht entgegen. Das Bundesverwaltungsgericht hat vielmehr in seiner Entscheidung vom 15.10.1997 (BVerwGE 105, 255) lediglich festgestellt, dass ein statusbildender Verwaltungsakt im gesamten Bundesgebiet ebenso Geltung besitzt. Mit der hier im Streit stehenden Fallkonstellation ist dies nicht vergleichbar.

Das Verbot für Privatpersonen, Oddset-Wetten zu vermitteln und zu veranstalten, verstößt nach obergerichtlicher Rechtsprechung nicht gegen das Grundgesetz, insbesondere nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG (BVerwG vom 28.03.2001, a.a.O.; BayVGH vom 05.08.2003, a.a.O.). Das Verbot, Oddset-Wetten zu vermitteln und zu veranstalten, greift in das Grund­recht auf freie Berufsausübung ein. Wie das Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Ent­scheidung ausführt, ist dieser Eingriff jedoch gerechtfertigt, weil der Ausschluss Privater von den beabsichtigten Betätigungen den Anforderungen an grundrechtsbeschränkende Normen genügt. Dies ist der Fall, wenn die einschränkende Rechtsvorschrift formell ordnungsgemäß erlassen worden ist, durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Beschränkungen des Grundrechts der Berufswahlfreiheit durch objektive Bedingungen für die Berufszulassung sind im allgemeinen nur zulässig, wenn sie zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zwingend geboten sind (BVerfG vom 11.06.1958 in BVerfGE 7, 377). Reine Ausübungsregelungen sind dagegen zulässig, soweit vernünftige Gründe des Gemeinwohls sie als zweckmäßig erscheinen lassen (BVerfG, a.a.O., S. 405). Kommt eine Berufsausübungsregelung – wie im vorliegenden Fall – einer objektiven Berufszulassungsregelung nahe, muss sie mit Allgemeininteressen gerechtfertigt werden, die so schwer wiegen, dass sie den „Vorrang vor der Berufsbehinderung“ verdienen (BVerwG vom 05.12.2000 in GewArch 2001, 164; BVerfG vom 06.10.1987 in BVerfGE 77, 84). Danach erlaubt der Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr Berufszugangsbeschränkungen selbst dann, wenn es zu ihrer Rechtfertigung des Schutzes überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter bedarf.

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass durch das öffentliche Glücksspiel der Bevölkerung Gefahren drohen, insbesondere für das Vermögen des einzelnen Spielers und seiner Ange­hörigen, in Fällen des Vermögensverlustes mittelbar der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte sowie bei Spielsucht der Gesundheit des Spielers. Von dieser, der Strafgesetz­gebung zugrundeliegenden, Überzeugung ist der Bayerische Landesgesetzgeber beim Erlass des Staatslotteriegesetzes ausgegangen, das die Veranstaltung von Sportwetten auf staatliche Einrichtungen beschränkt. Mit diesem Gesetz sollte einerseits dem Wunsch der Bevölkerung nach Spielmöglichkeiten nachgegeben, gleichzeitig aber sollten die damit verbundenen Gefahren „Spielsucht und ihre negativen Auswirkungen wie Zerstörung der Lebensgrundlage und Beschaffungskriminalität, Manipulation, Betrug, Geldwäsche und nicht ordnungsgemäße Gewinnauszahlung durch unlautere private Glücksspielveranstalter etc.“ möglichst gering gehalten werden (LT-Drs. 14/219, S. 5). Der Hinweis des Antragstellers unter Verweisung auf die teilweise in der Literatur vertretene Auffassung (vgl. Horn, a.a.O.), dass infolge des staatlichen Sportwetten-Monopols den negativen Auswirkungen des Glücksspiels nicht begegnet werden, sondern lediglich private Glücksspielveranstalter vom Markt ferngehalten werden sollen, verkennt den grundlegenden Unterschied zwischen den beiden Veranstaltern. Während die Staatliche Lotterieverwaltung eine manipulationssichere und zuverlässige Durchführung der Glücksspiele ohne eigenes Gewinnstreben gewährleistet, ist dies bei privaten Veranstaltern infolge der Gewinnerzielungsabsicht und der hohen im Spiel stehenden Geldbeträge nicht garantiert. Die Eigentümlichkeit der Oddset-Wette erfordert einen besonderen Schutz des einzelnen Spielers nicht nur vor den allgemeinen Gefahren des Glücksspiels, sondern auch in Bezug auf die einzelvertragliche Abwicklung, weil ein für alle Spieler verbindlicher Spielplan nicht besteht (BayVGH vom 30.08.2000 in GewArch 2001, 65). Eine Beschränkung auf lediglich staatliche Kontrollen (vgl. Horn, a.a.O., S. 2055) kann diesen Schutz nicht in gleichem Umfang gewährleisten, wie ein Ausschluss von privaten Wettanbietern. In Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung (BVerwG vom 28.03.2001, a.a.O., BayVGH vom 05.08.2003, a.a.O.) ist das Gericht deshalb der Auf­fassung, dass das Verbot von Oddset-Wetten den privaten Veranstaltern oder Vermittlern aus überwiegenden Gründen des allgemeinen Wohls auch zugemutet werden kann.

Auch wenn im Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 06.11.2003 Az. C-243/01 (Gambelli) Zweifel an der Vereinbarkeit der in Bayern geltenden Rechtslage mit Europäischem Recht bestehen könnten, sieht das Gericht keinen Anlass, den Rechtsstreit auszusetzen und das Verfahren dem EUGH zur Entscheidung vorzulegen. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist von der geltenden Rechtslage auszugehen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rdnr. 161 m.w.N.). Eine Aussetzung käme allenfalls im Hauptsacheverfahren in Betracht. Die Aussetzung des Verfahrens ist auch nicht im Inter­esse des Antragstellers geboten. Selbst wenn man der Ansicht des Antragstellers folgt, wäre er nicht zur Vermittlung von Oddset-Wetten berechtigt, da er nach wie vor keine behördliche Genehmigung besäße. Selbst wenn die derzeitige Gesetzeslage mit Europäischem Recht nicht vereinbar wäre, würde dies nicht automatisch dazu führen, dass der Antragsteller eine Genehmigung besäße oder erhalten müsste. Die Folge könnte allenfalls sein, dass der Gesetzgeber dazu verpflichtet wäre, die Voraussetzung für die Zulassung privater Glücksspielveranstalter zu schaffen, wobei dem Gesetzgeber ein weites Ermessen in Bezug auf Form und Voraussetzungen dieser Zulassung zusteht.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches des Antragstellers gegen den Bescheid vom 23.07.2003 sowie der hilfsweise gestellte Antrag, die angeordnete sofortige Vollziehung des Bescheides aufzuheben, ist daher abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Streitwert ergibt sich aus §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3, 25 Abs. 3 GKG a.F., wobei der Regelstreitwert im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung zu erhöhen ist.