50-Cent-Gewinnspiele nach der Entscheidung des BGH vom 28. September 2011

Von Rechtsanwalt Dr. Stefan Bolay, Hambach & Hambach Rechtsanwälte.

In seiner Entscheidung von 28. September 2011 (Az.: I ZR 93/10) hat der BGH auf über zwei Seiten auch Ausführungen zur Zulässigkeit von 50 Cent Gewinnspielen gemacht. Diese klarstellenden und zutreffenden Äußerungen werden im Folgenden kurz dargestellt:

1. Grundsätzliche Zulässigkeit von 50-Cent-Gewinnspielen, auch wenn sie zufassabhängig sind und im Internet angeboten werden

Auf S. 26 des Urteils heißt es:

„Gewinnspiele im Sinne des § 8a RStV können grundsätzlich auch zufallsabhängige Spiele sein. (…) Zweck des § 8a RStV ist (…) klarzustellen, dass die erst in neuerer Zeit aufgekommenen „interaktiven“ Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele, an denen sich das Publikum mittels individueller Kommunikationsmittel (insbesondere Telefon) kostenpflichtig beteiligen kann, ein in Fernsehen und Hörfunk zulässiger Programminhalt sind und damit für private Rundfunkveranstalter eine erlaubte Einnahmequelle bilden. Zu den nach § 8a RStV zulässigen Gewinnspielen zählen danach grundsätzlich auch privat veranstaltete, zufallsabhängige Call-in-Gewinnspiele gegen Entgelt (vgl. VGH München, AfP 2010, 204, 205; Begründung zum 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, Bayerischer Landtag, LT-Drucks. 15/9667, S. 15; Bolay, MMR 2009,669,671).

Hiernach geht der BGH zutreffender Weise von einer grundsätzlichen Zulässigkeit von 50-Cent-Gewinnspielen aus, auch wenn es sich um überwiegend zufallsabhängige Spiele handelt.

Weiter führt der BGH ebenfalls auf S. 26 aus:

„Die Vorschrift des § 8a RStV lässt Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele im Rundfunk unter bestimmten Voraussetzungen zu. Nach § 58 Abs. 4 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV gilt § 8a RStV entsprechend für Gewinnspiele in mit Rundfunk vergleichbaren Telemedien, die sich an die Allgemeinheit richten. Dazu zählen auch Internetportale“.

Hiernach ist der BGH richtigerweise der Auffassung, dass 50-Cent-Gewinnspiele grundsätzlich auch im Internet zulässig sind.

Weiter heißt es auf S. 27 des Urteils:

„Ein Glücksspiel liegt vor, wenn für den Erwerb einer – zumindest überwiegend zufallsabhängigen – Gewinnchance ein Entgelt gezahlt wird (vgl. § 3 Abs. 1 GlüStV). Daran fehlt es bei den Gewinnspielen im Sinne des § 8a RStV.

(…)

Teilnahmeentgelte von höchstens 0,50 € sind glücksspielrechtlich unerheblich (OLG München, MMR 2006, 225; Heine in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 284 Rn. 6; MünchKommStGB/Groeschke/Hohmann, § 284 Rn. 8; Bolay, MMR 2009, 669, 670). Sie entsprechen den üblichen Portokosten, wie sie auch für die Teilnahme an herkömmlichen Gewinnspielen im Einzelhandel aufgewendet werden müssen, bei denen die Gewinner aus den Einsendern der richtigen Antwort durch Los und damit zufallsabhängig bestimmt werden. Derartige wettbewerbsrechtlich zulässige Gewinnspiele unterliegen eindeutig nicht den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags.“

Hiernach geht der BGH zutreffender Weise von einem einheitlichen Glücksspielbegriff in Strafrecht und Verwaltungsrecht aus, nach dem ein Glücksspiel erst vorliegt, wenn bei einem zufallsabhängigen Spiel nicht nur unerhebliche Vermögenswerte eingesetzt werden müssen.

2. Der BGH zu den konkreten Voraussetzungen für die Zulässigkeit von 50-Cent-Gewinnspielen

Auf S. 27 des Urteils des BGH heißt es:

Das „Teilnahmeentgelt ist auf höchstens 0,50 € begrenzt. Nach § 8 Gewinnspielsatzung ist es unzulässig, zu wiederholter Teilnahme aufzufordern oder dafür Anreize zu setzen.“

So stellt sich die Frage, ob der BGH die grundsätzliche Zulässigkeit verneinen will, wenn an den 50-Cent-Gewinnspielen mehrfach teilgenommen werden kann oder die Spiele auf eine Mehrfachteilnahme ausgerichtet sind.

Der BGH ist wohl so zu verstehen, dass die bloße Möglichkeit der Mehrfachteilnahme noch unschädlich ist, da er auf die aus seiner Sicht zulässigen Gewinnspielsendungen im Rundfunk verweist, bei denen vielfach hinter einander angerufen werden kann und wird.

Allerdings darf nach dem BGH wohl nicht ausdrücklich zur Mehrfachteilnahme aufgefordert werden und dürfen auch keine Anreize gesetzt werden, dass mehrfach teilgenommen wird. Solche Anreize wären wohl eine Erhöhung der Gewinnchance bei mehrfacher Teilnahme oder ein Bonussystem, bei dem die Teilnehmer geldwerte Vorteile erlangen.

Weiter führt der BGH auf S. 26 aus, dass zu den Gewinnspielen, die in mit dem Rundfunk vergleichbaren Telemedien im Sinne von § 58 Abs. 4 RStV stattfinden, „auch Internetportale (zählen), die redaktionelle Informations- und Unterhaltungsangebote für die Allgemeinheit bereitstellen.“

Und auf S. 27 des Urteils heißt es:

„Zudem werden Gewinnspiele und Gewinnspielsendungen im Rundfunk maßgeblich durch ihren Show- und Unterhaltungscharakter geprägt, so dass sie in dem durch § 8a RStV festgelegten Entgeltrahmen als Unterhaltungsspiele anzusehen sind.“

Und abschließend auf S. 28:

„Durch die Zulassung von Gewinnspielen im Sinne des § 8a RStV auch in Internetportalen mit redaktionellem Inhalt werden die Zielsetzungen des Glücksspielstaatsvertrags nicht beeinträchtigt.“

Daraus, dass der BGH auf den „Showcharakter“ der Spiele, die damit verbundenen „Informationsangebote“ und auf „Internetportale mit redaktionellem Inhalt“ verweist, ist möglicherweise zu lesen, dass 50-Cent-Gewinnspiele im Internet nicht generell zulässig sind, sondern nur, wenn sie auf Internetportalen angeboten werden, die „rundfunkähnlich“ sind. Danach wäre eventuell nicht jedes 50-Cent-Online-Casino zulässig, sondern nur solche Internetangebote, die „redaktionelle“ und andere „unterhaltende“ Elemente enthalten.

3. Fazit

Nach den Ausführungen des BGH sind – entgegen der rechtskräftigen Entscheidung des BayVGH vom 25. August 2011 – zufallsabhängige 50-Cent-Gewinnspiele keine verbotenen Glücksspiele, sondern harmlose Unterhaltungsspiele, die unter folgenden Voraussetzungen zulässig sind:

  • Es darf nicht zur Mehrfachteilnahme aufgefordert werden.
  • Es dürfen keine Anreize für die Mehrfachteilnahme gesetzt werden.
  • Im Internet müssen die 50-Cent-Gewinnspiele Teil eines Unterhaltungsangebots sein, das möglicherweise auch redaktionelle Inhalte zur Verfügung stellen muss.

Quelle: TIME LAW NEWS 4/2011 (www.timelaw.de) Hambach & Hambach Rechtsanwälte